Als Josef Peer am 31. Jänner 1918 auf die Welt kam, regierte in Österreich noch Kaiser Karl I. Es war das letzte Jahr der Monarchie und das Ende des Ersten Weltkriegs. „Gedirn Seppl“, wie er oft genannt wird, blickt heute glücklich und dankbar auf sein ereignisreiches Leben zurück. Er kann sich noch an viele Details erinnern, an genaue Jahreszahlen und prägende Momente. Wenn er von seiner Jugend erzählt, macht er das mit ansteckender Leidenschaft und Optimismus.
„Arbeiten und sparen“
Der gebürtige Gschnitztaler wuchs mit 10 Geschwistern auf einem Bauernhof in Trins (Bezirk Innsbruck-Land) auf, wo er schon als junger Bub zu arbeiten begann. Sein Vater war streng, erinnert sich Josef Peer heute: Es galt das Motto „arbeiten und sparen“. Schon mit elf Jahren verbrachte Seppl alleine mit seinem Bruder ganze Sommer auf einer Alm, um Schafe zu hüten. Es seien die schönsten Sommer seiner Kindheit gewesen, blickt der 106-Jährige mit Freude zurück.
Sieben Jahre Krieg
Doch mit 20 Jahren kam eine schwierige Zeit auf ihn zu: Josef Peer musste in den Krieg ziehen. Er wurde durch ganz Europa geschickt, musste oft tagelang marschieren und sah seine Kameraden neben ihm sterben. Vier Mal wurde er verwundet und angeschossen, die Verletzungen von damals sind noch heute sichtbar. Es sei aber „alles zu [s]einem Glück“ gewesen, meint der 106-Jährige heute, denn er konnte dadurch wieder früher heim zu seiner Familie. Sein Bruder fiel im Krieg.
Trotz der grausamen und wilden Geschichten, die er in sieben Jahren Kriegszeit erlebte, hat Josef Peer seinen Schmäh und seine Fröhlichkeit nicht verloren. Wenn man sagt, dass man in den Urlaub fährt – nach Italien oder Frankreich zum Beispiel – antwortet er „Da bin ich überall schon gewesen, und das gratis“, schildern die Angehörigen.
Die schönste Stubaierin
Heute schwärmt Josef Peer vor allem von seiner Frau, Ida Gleirscher. Es sei „die schönste und netteste Frau im Stubaital“ und die beste Sängerin weit und breit gewesen, meint er. Die Fulpmer hätten ihm oft spaßhalber vorgeworfen, dass er sie ihnen weggeschnappt hätte: „‚Die schönste Stubaierin lässt du uns durch‘, das haben sie mir sehr oft gesagt“, schmunzelt Peer. 47 Jahre lang waren Ida Gleirscher und er verheiratet, sieben Kinder bekamen sie. „Wir haben in 47 Jahren überhaupt nie gestritten, nicht im Mindesten“, so der 106-Jährige.
Gemeinsam bewirtschafteten sie auch jahrelang die Bremerhütte im Gschnitztal, auf der gerne musiziert werden durfte. Josef Peer war schließlich jahrzehntelang beim Kirchenchor, dann lange Zeit als Bassbläser, Obmann und Ehrenobmann bei der Musikkapelle. Kurz vor Josef Peers 76. Geburtstag, im Jahr 1994, verstarb seine Frau.
Leidenschaftlicher Passivsportler
Der gebürtige Trinser musste in seinem Leben viel arbeiten, sodass kaum Zeit blieb, um Sport zu betreiben. Er schaut dafür heute umso lieber Sport im Fernsehen. Über Skispringen oder Snooker kann er stundenlang erzählen, er kennt die Sportarten in und auswendig.
Einen Herzinfarkt, eine Lungenentzündung, Corona und diverse weitere Krankheiten überstand Josef Peer bereits. Er schaffte es aber immer wieder, sich zu erholen. Jahrelang wurde er zuhause gepflegt. Seit Herbst lebt er nun in einem Altersheim in Matrei am Brenner.
Kein Alkohol, keine Zigarette
„Wir sind schon sehr stolz auf unseren Opa“, sagt Enkel Matthias Peer. „Vor allem weil er so eine Frohnatur ist. Er ist immer gut gelaunt. Es ist toll, so einen alten Menschen lange zu begleiten." Matthias Peer freue sich natürlich auch über die Gene, die ihm durch seine Vorfahren mitgegeben wurden. Josef Peers Eltern sind für die damalige Zeit auch recht alt geworden, rund 90 und 80 Jahre.
Fragt man Josef Peer selbst, ist die Formel für ein langes Leben relativ einfach: keinen Tropfen Alkohol trinken, keine Zigarette rauchen und mit den Frauen „brav sein“. Es ist vielleicht auch seine positive Einstellung und seine Fröhlichkeit, die Seppl jung hält, und dass er jeden Tag Besuch von einem seiner Kinder, seiner neun Enkelkinder oder 13 Urenkel bekommt.