Rene Benko
APA/HANS KLAUS TECHT
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Wirtschaft

Steuerforderung: Kritik an Benko-Umzug

Die Villa von Rene Benko in Innsbruck/Igls sorgt weiter für Aufregung. Nachdem Steuerforderungen in Millionenhöhe öffentlich wurden, verlegte die Eigentümergesellschaft ihren Firmensitz von Wien nach Innsbruck. NEOS vermutet eine Sonderbehandlung für Benko, Wirtschaftswissenschaftler Leonhard Dobusch sieht ein Ost-West-Gefälle bei Strafen.

Im Dezember rückte eine Villa im Innsbrucker Stadtteil Igls in das Visier der Finanzverwaltung. Offiziell ist das 60 Millionen Euro teure Anwesen zur gewerblichen Nutzung vorgesehen und gehört über Umwege zum privaten Stiftungsgeflecht von Signa-Gründer Benko – mehr dazu in Willi: Villa war rechtskonform gewidmet.

Doch nur Benko und seine Familie sollen dort wohnen, so die Vermutung. Die Finanzverwaltung fordert zwölf Millionen Euro an Umsatzsteuer zurück. Die Eigentümerfirma der Villa ist die Schloss Hotel Igls Betriebs GmbH mit Sitz in Wien.

Außenansicht der Benko Villa
APA/EXPA/JOHANN GRODER
Die Villa von Rene Benko in Innsbruck/Igls

Mitte Jänner, also nur wenige Wochen nachdem die Republik ein Pfandrecht auf die Immobilie vorgemerkt hatte, ging ein Schreiben beim Handelsgericht Wien ein. Darin lassen die Eigentümer der Villa wissen: „Die Gesellschafter geben bekannt, dass der Sitz der Gesellschaft von Wien nach Innsbruck verlegt wurde.“

NR-Abgeordneter Yannick Shetty, GRin Birgit Obermüller, KO Dominik Oberhofer
NEOS
Yannik Shetty

Shetty: „Das halte ich nicht für Zufall“

Aus Sicht von Yannick Shetty, NEOS-Fraktionsführer im Untersuchungsausschuss, ist das ein brisanter Zeitpunkt. „Für einen Zufall halte ich es nicht, dass just jetzt im Jänner in diesem ganzen Signa-Chaos die Gesellschaft der Benko-Privatvilla ihren Sitz von Wien nach Innsbruck verlegt.“

Der Vorgang erinnere an die mittlerweile insolvente Signa Holding. Die hatte 2018 ebenfalls ihren Firmensitz von Wien nach Innsbruck verlegt. Das habe dazu geführt, dass Benkos Unternehmen sich Millionen an Steuerschulden gespart hat, sagte Shetty.

36 statt 50 Millionen Euro an Steuerschuld

2018 forderte das Finanzamt Wien von Benkos Signa, 50 Millionen Euro an Steuern zu zahlen. Es ging um den Verkauf des Tuchlaubenkomplexes. Der „Falter“ hatte darüber als Erstes berichtet. Daraufhin zog die Signa ihren Firmensitz nach Innsbruck ab, und dort kam das Finanzamt auf eine wesentlich geringere Summe. Demzufolge sind 36 Millionen Euro an Steuern fällig – um 14 Millionen weniger, als das Finanzamt Wien von der Signa eingefordert hatte.

Shetty vermutet eine Sonderbehandlung für Benko durch das Finanzamt Innsbruck. „Es steht ja ganz grundlegend der Verdacht im Raum, dass in der Finanzamtsdienststelle in Innsbruck das grundsätzlich nicht zählt, was du kannst, sondern wen du kennst.“

NEOS will Finanzbeamte befragen

Es gebe Hinweise, dass dieselben Finanzbeamten in Innsbruck nun auch für die Eigentümerfirma der Benko-Villa zuständig sind. „Fakt ist, dass es für Außenstehende, auch für uns in der Politik, fast undurchschaubar ist, bei wem diese Akten jetzt konkret liegen“, betonte Shetty.

Im Finanzministerium will man sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Zu konkreten Fällen dürfe aufgrund der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht keine Auskunft erteilt werden. Die Signa sowie die Eigentümergesellschaften der Immobilien Igls haben nicht geantwortet. NEOS will die zuständigen Beamten des Finanzamts Innsbruck nun im Untersuchungsausschuss zur Causa befragen.

Ort des Firmensitzes steuerrechtlich ohne Unterschied

„Rein steuerrechtlich macht es keinen Unterschied, ob eine Firma ihren Sitz in Wien oder in Innsbruck hat, das Finanzgesetz ist im ganzen Bundesgebiet das Gleiche“, so Wirtschaftswissenschaftler Dobusch von der Universität Innsbruck. Allerdings hätten Beamte immer einen Ermessensspielraum.

Über den Grund der Verlegung des Firmensitzes von Wien nach Innsbruck könne man nur mutmaßen, so Dobusch. Es könnte sein, dass sich Benko von anderen Finanzbeamten eine andere Behandlung, eine andere rechtliche Auslegung oder vielleicht auch ein weniger aggressives Vorgehen erhofft habe.

Dobusch: „Ost-West-Gefälle bei Strafen“

Auf die Frage, ob sich auch andere Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich das Finanzamt „aussuchen“, sagte Dobusch, dass es im Bereich der Strafgerichtsbarkeit bekannt sei, dass es in Österreich ein Ost-West-Gefälle gibt, was die Höhe der Strafen betrifft.

„Vielleicht sollte man auch im Bereich der Finanzverwaltung einmal systematisch intern untersuchen, ob es hier zu auffälligen Wechseln von Unternehmenssitzen kommt oder ob es geografisch signifikante Unterschiede gibt, was Betriebsprüfungen oder Ähnliches betrifft.“

Finanzministerium verweist auf Geheimhaltungspflicht

Das Finanzministerium gab auf Anfrage des ORF Tirol keinerlei Stellungnahme dazu ab und verwies auf seine Geheimhaltungspflicht.