Landtag Sitzung Abgeordnete
ORF
ORF
Politik

Schlagabtausch und Einigkeit bei Teuerung

120.000 Menschen in Tirol gelten als armutsgefährdet. Während die Oppositionsparteien am Donnerstag im Landtag aber Versäumnisse sowie weiteren Handlungsbedarf orteten, verwiesen die Regierungsparteien ÖVP und SPÖ großteils auf bereits umgesetzte Maßnahmen.

Andrea Haselwanter-Schneider
ORF
Andrea Haselwanter-Schneider

In der von der Liste Fritz ausgerufenen „Aktuellen Stunde“ kritisierte zum Auftakt Liste Fritz-Chefin Andrea Haselwanter-Schneider, dass die Tirolerinnen und Tiroler übrig blieben, die sich die Energiepreise nicht mehr leisten können. Bei Förderungen sei etwa in vielen Bereichen die Bürokratie zu kompliziert. Die landeseigenen Energieversorger TIGAS und TIWAG würden eigentlich den Tirolerinnen und Tirolern gehören, die Landesregierung setze dennoch auf einen Förderdschungel.

Gleiches gelte bei pflegenden Angehörigen oder im Bereich Wohnen. Als eine Gegenmaßnahme forderte Haselwanter-Schneider einen Sozialtarif auf Strom und Gas. „Es braucht mutige Regierende“, stattdessen beobachte man „Abgehobenheit“, kritisierte die Landtagsabgeordnete. „Wenn man den politischen Willen hat, dann kann Entlastung gelingen“, betonte die Listenchefin: „Einfach, fair und gerecht.“

Anton Mattle
ORF
Anton Mattle

Mattle verweist auf hohe Lohnabschlüsse

„Wir alle tragen Verantwortung“, betonte LH Anton Mattle (ÖVP). Niemand solle in Tirol Angst vor Armut oder sozialem Abstieg haben. 13,5 Prozent der Tiroler Bevölkerung würden als armutsgefährdet gelten, erinnerte Mattle. Der „Tirol-Zuschuss“, der aus einem Wohnkosten- und einem Heizkostenzuschuss besteht, helfe dabei zielgerichtet gegen soziale Ausgrenzung.

Man unterstütze Menschen bis hin zum Medianeinkommen bzw. zum Mittelstand, freute sich Mattle über angehobene Einkommensgrenzen. Das sei ein wichtiges „Signal einer solidarischen Gesellschaft“. Gleichzeitig forderte Mattle zu Zuversicht auf und verwies auf die kommenden Auswirkungen hoher Lohnabschlüsse oder der Abschaffung der kalten Progression.

 Patrick Haslwanter
ORF
Patrick Haslwanter

Lebenserhaltungskosten deutlich gestiegen

Bereits zu Monatsanfang würden viele Menschen vor Problemen stehen, mahnte Patrick Haslwanter (FPÖ). Das beträfe auch Menschen, die mehr als 40 Jahre gearbeitet und Steuern gezahlt hätten. „Wir reden auch über die Mitte der Gesellschaft“, so der Freiheitliche. Die Lebenserhaltungskosten seien zuletzt wesentlich stärker gestiegen als die Einkommen.

Bei Wohnen, Energie und Lebensmittelkosten müsse sich die Regierung schützend vor die Menschen stellen. Beim Thema Energie habe der landeseigene Energieversorger stattdessen etwa bis zuletzt nur auf eigene Gewinnmaximierung geschaut, kritisierte Haslwanter. „Wem sollen die Menschen noch vertrauen, wenn sie sogar hier bei jeder Gelegenheit über den Tisch gezogen werden?“, fragte Haslwanter.

Birgit Obermüller
ORF
Birgit Obermüller

Mit Taschenrechner zum Einkauf

„Einige Familien müssen mit dem Taschenrechner durch den Supermarkt gehen“, kritisierte auch Birgit Obermüller (NEOS). Kosten seien in allen Bereichen des Lebens gestiegen, betroffen seien dabei besonders Familien. Schulausgaben seien für einen großen Teil eine große finanzielle Belastung.

„Jedes Kind soll ein warmes und gesundes Essen bekommen“, forderte NEOS in diesem Zusammenhang ein aus dem Landesbudget finanziertes, kostenfreies Schulessen. Dabei würden sich etwa Familien mit zwei Kindern jährlich einen vierstelligen Beitrag im Jahr für andere wichtige Ausgaben sparen, rechnete Obermüller vor.

Petra Wohlfahrtstätter
ORF
Petra Wohlfahrtstätter

Sachliche Lösungen gegen Teuerung

Einem kostenfreien Schulessen redete auch Grünen-Landtagsabgeordnete Petra Wohlfahrtstätter das Wort. Das sei immerhin auch eine pädagogische Maßnahme. „Jeder Euro, der in Kindergesundheit investiert wird, kommt zurück“, betonte die Abgeordnete. Gegen die Teuerung brauche es sachliche Lösungen: „Wir müssen so manche Dinge neu denken“.

„Eigentum kann sich nicht jeder leisten“, erinnerte sie an die finanziellen Belastungen von Mietern. Auch seien Lebensmittel in Tirol am teuersten. „Die Menschen erwarten sich Lösungen für alle, nicht nur für jene, die am lautesten schreien und schreien können“, schloss Wohlfahrtstätter.

Elisabeth Fleischanderl
ORF
Elisabeth Fleischanderl

Soziale Teilhabe muss für alle gesichert sein

Rasche und unkomplizierte Unterstützung der Menschen sei „Gebot der Stunde“, stimmte SPÖ-Klubobfrau Elisabeth Fleischanderl den Oppositionsparteien zu und verwies etwa auch auf die gestiegene Zahl an Privatinsolvenzen. Die Politik müsse Sorge tragen, dass soziale Teilhabe für alle gesichert sei.

Die schwarz-rote Landesregierung habe bereits mit mehreren Hilfen Verantwortung übernommen, erinnerte Fleischanderl an Förderungen wie den „Tirol-Zuschuss“ bzw. Heiz- und Energiekostenzuschüsse. „Ich glaube nicht, dass alles gut ist, aber die Tiroler Landesregierung hat im vergangenen Jahr viel gemacht“, lobte die Klubobfrau, ebenso wie Soziallandesrätin Eva Pawlata (SPÖ), bereits umgesetzte Maßnahmen. Man müsse sich jedoch sehr wohl fragen, wie man die Strukturen für ein leistbares Leben für alle zukünftig sichern könne, räumte Fleischanderl ein.

Jakob Wolf
ORF
Jakob Wolf

„Tirol hilft, wo es zuständig ist“

„Die Teuerung ist über ganz Europa hinweg gefahren, nicht nur über Tirol“, meinte ÖVP-Klubobmann Jakob Wolf. Ausgelöst worden sei sie durch den Krieg in der Ukraine, sagte der Abgeordnete. Entwarnung sei angesichts anhaltender internationaler Krisen noch nicht absehbar. Bundesregierung und Landesregierung hätten bereits viele Gegenmaßnahmen getroffen, so Wolf.

Tirol helfe gezielt dort, wo es zuständig sei und nicht mit der Gießkanne, verwies der Klubchef auf bereits verabschiedete Hilfen wie den „Tirol-Zuschuss“. Dabei sei Solidarität mit jenen gefragt, die Unterstützung nötig hätten. „Das Ziel muss sein, zurück zur Normalität zu kommen“, forderte Wolf gleichzeitig. Man müsse mit dem Einkommen wieder auskommen können. Weitere Maßnahmen seien jedoch nicht ausgeschlossen.