Klasse mit Biologielehrerin
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Soziales

Schülervertretung für Update in Sexualkunde

Das SchülerInnenparlament Tirol fordert, dass im Sexualkundeunterricht verpflichtend externe Fachleute hinzugezogen werden. Zudem sollen sich Biologielehrerinnen und -lehrer im Bereich Sexualpädagogik fortbilden und Menstruationsartikel an Schulen gratis sein, fordert das Gremium.

Bereits jetzt können außerschulische Expertinnen und Experten zum Sexualkundeunterricht hinzugezogen werden, wenn die Eltern vorher darüber informiert werden. Das SchülerInnenparlament Tirol fordert hingegen, dass Aufklärungsunterricht durch externe, geprüfte Personen an allen Schulen verpflichtend sein soll – ohne Geschlechtertrennung.

SchülerInnenparlament

Zwei- bis dreimal im Jahr kommen Schulsprecherinnen und -sprecher der AHS, BMHS und Berufsschulen gemeinsam mit Landesschulsprecherinnen und -sprechern zusammen, um Anträge zu diskutieren und abzustimmen.

Unterschiede je nach Lehrerin und Lehrer

Die Anträge eingebracht hat Tifernin Pletzer, Mitglied der LandeschülerInnenvertretung: „Wir brauchen an der Schule Expertinnen, die uns Fragen beantworten, die manche Personen ohne sexualpädagogische Ausbildung nicht beantworten können“, argumentiert sie. Das Biologiestudium sei breit gefächert und nicht spezialisiert auf das Gebiet der Sexualpädagogik. Sie fordert zudem, dass sich Biologielehrerinnen und -lehrer regelmäßig, verpflichtend fortbilden. „Was man im Studium gelernt hat, ist vielleicht nach zehn Jahren nicht mehr up to date“, sagt Pletzer.

Landessschulsprecher Maximilian Steinlechner ortet in der Sexualpädagogik große Unterschiede je nach Lehrperson. Manche seien sehr engagiert, „aber ich habe von anderen Schulen gehört, auch von Mitgliedern der Landesschülervetretung, dass dort der Aufklärungsunterricht zu kurz kommt und praktisch Seiten überblättert werden, wo der Aufklärungsunterricht stattfinden sollte.“ Außerschulische Fachleute seien zudem Ansprechpersonen für Jugendliche, die sich Lehrpersonen nicht öffnen möchten.

Urteilsfreie Räume für Jugendliche wichtig

Kathrin Said, Lehrerin für Biologie und Umweltkunde am bischöflichen Gymnasium Paulinum in Schwaz, gestaltet den Sexualkundeunterricht selbst. Gemeinsam mit ihrem Kollegen bietet sie neben dem Unterricht in der Klasse auch einen Nachmittag an, an dem die Jugendlichen getrennt nach Geschlecht in Gruppen über Sex und verwandte Themen sprechen. „Wo sie, ohne dass sie Angst haben müssen, dass sich über Fragen lustig gemacht wird, offen über Themen sprechen können “, erklärt Said.

Lehrerin Kathrin Said vor einer Klasse
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Biologielehrerin Kathrin Said unterrichtet am Paulinum in Schwaz

Externen Vereinen steht die Biologielehrerin dennoch positiv gegenüber. Hier spiele etwa das Alter eine Rolle. „Das finde ich gut, wenn von jungen Erwachsenen zu Jugendlichen gesprochen wird“, denn sie seien nahe an der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler, erklärt die Pädagogin.

Geringeres Machtgefälle bei externen Organisationen

Eine solche Organisation, die Workshops von Studierenden für Schulen anbietet, ist „Achtung Liebe“. Innsbruck-Koordinator Simon Böhncke begrüßt die Forderung des SchülerInnenparlaments. „Sexualität ist leider immer noch für viele Schüler und Schülerinnen ein schambehaftetes Thema“, sagt er. Deshalb sei es ein Vorteil, mit Menschen zu reden, die man nicht täglich an der Schule sehe, „die keinen Einfluss auf die Noten haben, mit denen man nicht ein Machtgefälle in der Beziehung hat“, erklärt der Psychologiestudent.

Das Angebot von „Achtung Liebe“ werde in Tirol gut angenommen, es bestehe mehr Nachfrage als Angebot, denn insbesondere in der Coronapandemie seien aufgrund von Fernlehre weniger Studierende mit der Organisation in Verbindung gekommen. Man suche Ehrenamtliche, die Workshops anbieten, erklärt Böhncke.

Bildungsministerium beruft sich auf aktuelle Regeln

Das Bildungsministerium erklärt zu den Forderungen des SchülerInnenparlaments, dass altersgerechter Sexualkundeunterricht bereits im Lehrplan verankert sei. Die Inhalte würden sich an internationalen Standards orientieren und auch die Themen sexuell übertragbare Krankheiten, LGBTIQ+ und die Auswahl und den Gebrauch von Verhütungsmitteln beinhalten – wie u.a. vom SchülerInnenparlament gefordert. Außerschulische Fachleute könnten schon jetzt ergänzend hinzugezogen werden, der Unterricht könne allerdings nicht gänzlich an sie delegiert werden, hieß es auf Nachfrage.

Spender mit Menstruationsartikeln in Schultoilette
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In den Gymnasien Paulinum (Schwaz) und Sillgasse (Innsbruck) werden Menstruationsartikel kostenlos zur Verfügung gestellt

Gratis Menstruationsartikel gefordert

Der Forderung nach kostenfreien Menstruationsartikeln an Tiroler Schulen erteilte das Bildungsministerium eine Absage. Das sei „nicht geplant“, hieß es auf Nachfrage des ORF Tirol. In den Schulen BG/BRG Sillgasse in Innsbruck und im Paulinum in Schwaz führten SchülerInnenvertretungen selbstständig kostenlose Menstruationsartikel ein. „Wir haben uns gedacht, wenn wir gratis Klopapier anbieten, dann werden wir es auch schaffen, gratis Menstruationsartikel anbieten zu können“, sagt Tifernin Pletzer (Sillgasse). Die Schule komme hier für die Kosten auf.

Im Paulinum sei es der Elternverein, der die Binden und Tampons bezahle. Das System funktioniere bereits seit zweieinhalb Jahren gut, erklärt Maximilian Steinlechner. In anderen Schulen habe es allerdings Probleme gegeben, weil „Schülerinnen sich damit eingedeckt haben, was natürlich nicht der Fall sein sollte“, erklärt Steinlechner.