Das kündigte Salvini am Mittwoch bei der Konferenz „Europa und die Alpen“ im Europäischen Parlament in Straßburg an. „Wir haben es mit bilateralen und multilateralen Gesprächen versucht, aber wenn man merkt, dass auf der anderen Seite kein großer Wunsch besteht, das Problem zu lösen, dann kann man wenig tun“, erklärte Salvini.
In den nächsten Tagen würden sich „im Namen des fairen Wettbewerbs“ zunächst die Europäische Kommission und dann der Europäische Gerichtshof mit der Frage befassen, die die italienische Regierung „nach so vielen Jahren des Schweigens“ zur Rechtmäßigkeit der von Österreich auferlegten Beschränkungen am Brennerpass gestellt hat, sparte der Verkehrsminister einmal mehr nicht mit verbalen Spitzen.
Zuvor muss EU-Kommission befasst werden
Laut Artikel 259 kann jeder EU-Mitgliedstaat den EuGH anrufen, wenn er der Auffassung ist, dass ein anderes Mitglied gegen eine Verpflichtung aus den Verträgen verstoßen hat. Bevor ein Mitgliedstaat wegen einer angeblichen Verletzung der Verpflichtungen aus den Verträgen gegen einen anderen Staat Klage erhebt, muss allerdings die EU-Kommission damit befasst werden.
Diese erlässt eine mit Gründen versehene Stellungnahme und gibt den beteiligten Staaten zuvor Gelegenheit zu schriftlicher und mündlicher Äußerung in einem kontradiktorischen Verfahren. Gibt die Kommission innerhalb von drei Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem ein entsprechender Antrag gestellt wurde, keine Stellungnahme ab, so kann ungeachtet des Fehlens der Stellungnahme vor dem Gerichtshof geklagt werden.
Klage Italiens im Oktober beschlossen
Die Klage Italiens vor dem EuGH war im Oktober im Ministerrat beschlossen worden. Zuvor hatte Salvini monatelang gegen die Tiroler Maßnahmen wie Sektorales Lkw-Fahrverbot oder Nachtfahrverbot mobilisiert und Drohungen ausgestoßen, unter anderem auch im Zuge eines Besuchs am Brenner – mehr dazu in Salvini teilt am Brenner gegen Tirol aus.
Es handle sich um eine „schwierige, aber zwingende Entscheidung angesichts der Haltung der EU-Kommission und der Unmöglichkeit, eine Verhandlungslösung zu erreichen“, hatte es seitens Italiens geheißen. „Erstmals in der Geschichte der italienischen Republik hat der Ministerrat den Rekurs beim EuGH in Luxemburg gegen die Transitverbote beschlossen, die die österreichische Regierung einseitig am Brenner aufgezwungen hat“, erklärte Salvini.
Salvini auch mit Vorwürfen gegen EU-Kommission
Der Lega-Politiker geißelte stets das Vorgehen Tirols bzw. Österreichs und betrachtete es als EU-rechtswidrig. Der EU-Kommission warf er bisher Untätigkeit vor, da sie nicht von sich aus ein EU-Vertragsverletzungsverfahren einleitete.
Scharfe Reaktion von Gewessler
Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) hatte auf die Klage gegenüber der APA scharf reagiert. „Die Situation der Menschen in der gesamten Region Tirol ist ihm offenbar egal“, meinte die Ministerin in Richtung Salvini. Die Tiroler Landesregierung aus ÖVP und SPÖ machte indes wiederholt klar, nicht von den Maßnahmen abzusehen, solange es keine große europäische Lösung gebe.
Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) hatte in den vergangenen Monaten noch gehofft, dass die Klage noch abgewendet werden könne. Eine Lösung mit Italien sei „noch möglich“, meinte der Landeschef etwa noch Ende Oktober nach einem Treffen mit Regierungsstaatssekretär Alfredo Mantovano, einem engen Mitarbeiter von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (Fratelli D’Italia), in Rom – mehr dazu in Mattle: Lösung mit Italien „noch möglich“.
Italienische Frächter zeigen sich erfreut
Der Frächterverband Fai-Conftrasporto begrüßte am Mittwoch wenig überraschend die Stellungnahme Salvinis. „Die Überquerung des Alpenbogens ist für die italienische und europäische Wirtschaft von entscheidender Bedeutung“, erklärte Verbandspräsident Paolo Uggé.