Lucia Grießer füttert Yaks mit Heu
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Chronik

Pitztalerin laut Behörde keine Landwirtin

Weil sie laut Bezirkshauptmannschaft Imst keine Landwirtin sei, darf eine Pitztalerin nach ihrer Scheidung einen Bauernhof in St. Leonhard (Bezirk Imst) nicht übernehmen. Es gebe kein Wirtschaftsgebäude, argumentiert die BH. Lucia Grießer lebt und arbeitet seit Jahrzehnten auf dem Hof.

Nach der Scheidung überschrieb ihr Ex-Mann Lucia Grießer den Hof in Piösmes, einem Ortsteil von St. Leonhard im Pitztal – mitsamt Schulden. Da sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr die Ehefrau war, muss die Übergabe von der Grundverkehrsbehörde, in diesem Fall die Bezirkshauptmannschaft Imst, abgesegnet werden. Diese bestätigte den vor rund einem Jahr unterzeichneten Vertrag bisher aber nicht.

Nur Wohnhaus mit landwirtschaftlichen Flächen

Um Rechte an landwirtschaftlichen Grundstücken erwerben zu können, müsse man Landwirtin sein, erklärte die BH Imst und teilte mit: „LandwirtIn kann nur jemand sein, der einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet. Zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehört ein Wirtschaftsgebäude." Die BH beruft sich dabei auf in der Vergangenheit ergangene gerichtliche Entscheidungen. In diesem Fall handle es sich lediglich um ein Wohnhaus inklusive landwirtschaftlicher Flächen.

Der Permadieshof in St. Leonhard im Winter
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Der Paradieshof sei ein Wohnhaus mit landwirtschaftlichen Flächen, kein landwirtschaftlicher Betrieb, erklärte die BH Imst

Grundverkehrsgesetz

Das Tiroler Grundverkehrsgesetz regelt u.a. den Rechtserwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken. Damit sollen etwa ein lebensfähiger Bauernstand in Tirol erhalten und gestärkt sowie Baulandhortung verhindert werden. Siehe: Grundverkehrsgesetz

Familie möchte Hof bewirtschaften

Die Mitteilung, dass sie keine Landwirtin sei, habe sie anfangs sehr mitgenommen, „weil ich mit Leib und Seele Bäuerin bin.“ Sie sei auf einem Bauernhof in Sölden groß geworden und habe schließlich im Pitztal den Hof mit ihrem Mann jahrzehntelang bewirtschaftet. Nach finanziellen Schwierigkeiten und der Scheidung möchte sie nun den Hof gemeinsam mit ihrer Tochter betreiben.

Da sie seit rund einem Jahr darauf warte, dass der Hof ihr gehört, würden inzwischen auch Sanierungen und Investitionen stillstehen, erklärte Grießer. Ein vor einigen Jahren verkauftes Wirtschaftsgebäude würde sie bei Gelegenheit zurückkaufen, gibt sie an. „Wir haben im Hausanbau ein Gebäude, das als landwirtschaftliches Gebäude umgewidmet werden könnte. Mir gehört es aber nicht, deshalb kann ich es nicht umwidmen“, so die Pitztalerin.

Das Heu für Yaks und Schafe sei aktuell in einem nahegelegenen gepachteten Stall untergebracht, es bestehe ein mündlicher Vertrag, so Grießer. Die BH sagt dazu, dass bisher kein Hinweis auf ein Pachtverhältnis eines Wirtschaftsgebäudes vorliege. „Sollte dies der Fall sein, wird die Zulässigkeit des Pachtverhältnisses und die Auswirkungen auf den gegenständlichen Fall entsprechend geprüft.“

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Porträtbild Lucia Grießer in der Stube
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Lucia Grießer
Zackelschafe
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Zackelschafe auf dem Hof in St. Leonhard im Pitztal
Zwei Schweine liegen im Stroh
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Die Familie hält auch Schweine
Yaks im Schnee
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Auch Yaks gehören zum Permadieshof

Unterschiedliche Handhabung je nach Bezirk

Regions- und Bezirksstellenleiter der Landwirtschaftskammer Imst, Otmar Juen, hat sich bereits bei der BH für Grießer eingesetzt. Sie sei unangezweifelt eine Landwirtin, erklärte er. Bei der Auslegung des Grundverkehrsgesetztes ortet er Unterschiede je nach Bezirk. Es könne etwa sein, dass das Gesetz in Reutte oder Landeck anders gehandhabt werde, als in diesem Fall in Imst.

Von diesem Fall erfahren hat inzwischen auch Landwirtschafts- und Grundverkehrslandesrat Josef Geisler (ÖVP). Es sei erfreulich, dass die Familie Grießer den landwirtschaftlichen Betrieb wieder reaktivieren wolle, nachdem sie vor einigen Jahren den Hof aufgelöst und die Wirtschaftsgebäude verkauft habe. „Ich bin aber sicher, dass sich hier – wenn alle wollen – eine rechtskonforme Lösung finden lässt. Um Lösungswege zu besprechen, werde ich alle Beteiligten zeitnah zu einem Termin einladen“, teilte Geisler auf Nachfrage mit.