Patienten wird Blut abgenommen
APA/GEORG HOCHMUTH
APA/GEORG HOCHMUTH
Gesundheit

Schlaganfall: Medikamente zeigen Wirkung

Eine Studie der MedUni Innsbruck und anderer Universitäten belegt den Vorteil neuer Blutgerinnungshemmer bei der Verhütung von Schlaganfällen. Das Wissenschaftsteam analysierte die Therapie bei 4.384 Patienten, die mit einem Schlaganfall in eine Tiroler Stroke Unit eingeliefert wurden.

Viele ältere Menschen werden wegen Herzerkrankungen mit Blutgerinnungshemmern behandelt. Eine Studie mit Beteiligung zahlreicher österreichischer Fachleute und unter Verwendung auch von Daten der 38 Stroke Units Österreichs belegt den Vorteil neuerer Blutgerinnungshemmer in Sachen Schlaganfallverhütung und Sicherheit.

Lukas Mayer-Suess von der neurologischen Universitätsklinik der MedUni Innsbruck und die Co-Autoren von Kliniken in Wien, Graz, Linz und Salzburg veröffentlichten ihre Studie im „European Stroke Journal“.

Arten von Schlaganfällen

  • Ischämischer Schlaganfall: Ausgelöst durch Verschluss eines Blutgefäßes im Gehirn
  • Hämorrhagischer Schlaganfall: Ausgelöst durch Blutung im Hirn

Gratwanderung zwischen Gerinnsel und Blutung

Bei der häufigsten Herzrhythmusstörung, dem Vorhofflimmern, werden seit Jahren Blutgerinnungshemmer, sogenannte Antikoagulantien, vor allem zur Verhinderung von Blutgerinnseln, die ins Gehirn gelangen können, empfohlen und verwendet. Doch das ist eine Gratwanderung, denn es kann durch die Arzneimittel auch vermehrt zu Gehirnblutungen kommen.

Einerseits sollen durch die Medikamente ischämische Schlaganfälle durch Blutgerinnsel verhindert werden, andererseits soll es auch zu keinen Blutungen kommen, was einem hämorrhagischen Schlaganfall entspricht.

Zwei Arten von Gerinnungshemmern im Einsatz

Bei den oral einnehmbaren gerinnungshemmenden Antikoagulantien gibt es seit Jahrzehnten Vitamin-K-Antagonisten vor allem mit dem Wirkstoff Marcoumar, bei denen aber regelmäßige Laborkontrollen der Blutgerinnung notwendig sind. Es ist schwierig, die Patienten in einem Zustand zwischen zu viel und zu wenig Gerinnungshemmung zu halten. Die Dosis muss oft angepasst werden.

Eine Alternative sind seit rund 15 Jahren direkt durch Hemmung von Blutgerinnungsfaktoren wirkende neue, ebenfalls in Tablettenform einnehmbare Antikoagulantien. Hier sind keine Gerinnungskontrollen notwendig, die Dosierung bleibt gleich. Laut klinischen Studien bringen sie eine bessere Thrombusverhütung bei weniger Blutungen.

Studie spricht für neueres Arzneimittel

Die Wissenschafter analysierten nun die Antikoagulans-Therapie bei 4.384 Patienten, die mit einem Schlaganfall in eine Tiroler Stroke Unit eingeliefert wurden. Zuvor hatten 15,2 Prozent der 3.861 Erkrankten mit einem Schlaganfall durch einen Thrombus im Gehirn eine Antikoagulans-Behandlung bekommen, ebenso 25 Prozent der 523 Erkrankten mit einer Gehirnblutung.

Rechnete man die Verschreibungsraten für die beiden verschiedenen Prinzipien von medikamentöser Blutgerinnungshemmung ein, zeigte sich ein deutlicher Unterschied zugunsten der neueren direkt wirkenden Antikoagulantien: Personen, die vor dem Schlaganfall solche Arzneimittel eingenommen hatten, erlitten mit einer Häufigkeit von 0,62 Prozent einen ischämischen Schlaganfall, Patienten mit Marcoumar mit einer Häufigkeit von 1,05 Prozent. Das entsprach einer Risikoreduktion um 41 Prozent.

Bei den Gehirnblutungen stellte sich eine Verringerung der Gefährdung bei Anwendung der neueren Medikamente um 32 Prozent ein. Hier war der Unterschied zu den Benutzern von Vitamin-K-Antagonisten aber statistisch knapp nicht signifikant.

Erstmals Nicht-Spitalspatienten getestet

Die Ergebnisse sind vor allem wichtig, weil sie erstmals Auskunft über die Situation außerhalb von klinischen Studien mit Spitalspatienten geben und weil bei 20 bis 35 Prozent der Probanden eine Blutgerinnungshemmung nicht wegen Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern), sondern wegen anderer Gesundheitsprobleme erfolgte. „Einer von sieben Patienten mit einem ischämischen Schlaganfall und einer von vier Patienten mit einer Gehirnblutung hatte zuvor eine Antikoagulans-Behandlung“, schrieben die Wissenschafter.

In beiden Gruppen hätten sich die neueren Antikoagulantien als besser im Vergleich zu den alten Vitamin-K-Antagonisten erwiesen. Immer mehr Patientinnen und Patienten erhalten in Österreich Antikoagulantien: Die Zahl der Betroffenen stieg laut den Verschreibungsdaten der Krankenkassen gemäß der neuen Studie von etwas weniger als 300.000 im Jahr 2015 auf knapp 390.000 im Jahr 2021.