Ärzteteam bei Operation
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Wissenschaft

Bessere Risikoeinschätzung nach Herz-OP

Tiroler Wissenschaftern ist es gelungen, das Risiko nach einer Herzoperation besser einzuschätzen. In einer Studie fanden sie heraus, dass ein gewisser Messwert nach Herzoperation zu falschen Einschätzungen geführt hatte.

Gemessen wird nach Herzoperationen der sogenannte Troponin-Wert im Blutserum. Dieser soll einen Hinweis darauf geben, wie stark die Zellen im Herz geschädigt wurden. Nach einem Herzinfarkt, aber auch nach Herzoperationen kann der Wert erhöht sein. Eine Studie der Medizinischen Universität Innsbruck hat nun aufgezeigt, dass der Grenzwert für Troponin bisher zu niedrig lag.

Herzoperation
MedUniIbk/Bullock
Der Troponin-Wert darf höher ausfallen als bisher angenommen

Die vier Herzchirurgen Can Gollmann-Tepeköylü, Nikolaos Bonaros, Johannes Holfeld und Leo Pölzl analysierten im Nahhinein die Troponin-Werte von 8.292 Patientinnen und Patienten, die in Innsbruck zwischen 2010 und 2020 einer Bypass-, Aortenklappen- oder einer anderen Herz-OP unterzogen wurden. Alle Daten wurden vom Zentrallabor der Klinik Innsbruck zur Verfügung gestellt.

Behandlung hängt von der Prognose ab

Dabei stellte sich heraus, dass mit den bisher geltenden Grenzwerten etwas nicht stimmen konnte, wie Can Gollmann-Tepeköylü bestätigt: „Auf der Basis bisher geltender Grenzwerte müsste bei jedem zweiten Patienten nach einer Bypass-Operation ein Herzinfarkt diagnostiziert werden – eine Schlussfolgerung, die entscheidenden Einfluss auf die postoperative Prognose und Behandlung hat“.

Neuen Grenzwert berechnet

Das Team kam zum Schluss, dass die nach Operationen gemessenen Grenzwerte deutlich über dem aktuell vorgeschlagenem Grenzwert liegen. „Der von uns neu berechnete Troponin-Wert für das Fünf-Jahres-Überleben liegt um ein Vielfaches höher als der bislang definierte Ausgangswert. Das bedeutet, dass derzeitige Definitionen des postoperativen Herzinfarkts schlichtweg falsch sind“, sagt Erstautor Leo Pölzl. Die derzeitigen Definitionen zeigten keinen Zusammenhang mit dem 30-Tage-Überleben, die neu berechneten jedoch schon.

Individuelle Grenzwerte

Ein weiterer Schritt sollen individuell geltende Grenzwerte sein. Orientieren sollen sie sich an Kriterien wie der Herzmuskelmasse oder an dem Geschlecht. Besonders bei Frauen gibt es offensichtlich Nachholbedarf: „Bis zu 80 Prozent des Bypass-Kollektivs sind Männer, Frauen haben oft andere, diffusere Gewebsveränderungen und auch genuine Nachteile, die es bei Bypass-Operationen zu berücksichtigen gilt.“ Es sei bereits eine Folgestudie nach Genderkriterien in Planung, heißt es von der Med-Uni.