Das neue Genom-Gerät der Meduni Innsbruck ermöglicht einen schnellen und umfassenden Scan des Ergbuts
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Gesundheit

Neues Gerät revolutioniert Erbgut-Analyse

An der Medizinischen Universität Innsbruck sollen genetisch bedingte Erkrankungen künftig leichter und öfter erkannt werden. Dafür sorgt ein neues, österreichweit einzigartiges Gerät, das seit einigen Monaten im Einsatz ist. Die Maschine ermöglicht es, das gesamte Erbgut eines Menschen in relativ kurzer Zeit auszulesen.

Bei dem Genomsequenzierer handelt es sich laut Meduni Innsbruck um den ersten und einzigen „Long-Read-Sequenzierer“ Österreichs. Die „revolutionäre“ Maschine kostet knapp eine Million Euro und ergänze die von Innsbruck ausgehende Teilnahme Österreichs am Projekt „Genome of Europe“. Erstmals könnten dadurch umfangreiche und komplexe Informationen des Ergbuts zuverlässig erfasst werden.

Das Gerät mit dem Namen „Revio“ sieht aus wie ein großer schwarzer Kühlschrank, auf Knopfdruck fährt eine Scheibe herunter und gibt den Blick frei auf den Bereich, in dem kleine Kassetten mit dutzenden winzigen Probebehältern eingeschoben werden. Dann beginnt das etwa 30-stündige Analyseverfahren, bei dem das gesamte Erbgut eines Menschen ausgelesen wird.

Das neue Genom-Gerät der Meduni Innsbruck ermöglicht einen schnellen und umfassenden Scan des Ergbuts
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Das neue Genom-Gerät der Meduni Innsbruck ermöglicht einen schnellen und umfassenden Scan des Ergbuts

Neues Verfahren liefert mehr Erkenntnisse

„Wir können uns unser Erbgut als Bücherschrank mit 46 Bänden vorstellen, unseren Chromosomen, in dem alles steht, was wir irgendwann einmal wissen müssen. Bislang konnten wir immer nur einzelne Zeilen lesen“, sagt Johannes Zschocke, Leiter des Instituts für Humangenetik. Mit dem neuen Verfahren könne man ganze Seiten des Buches erfassen und korrekt zusammenfügen.

Im Fall eines siebenjährigen Buben aus Südtirol, der an einer schweren, nicht erklärbaren Entwicklungsstörung leidet, konnte mit der neuen Methode bereits eine Diagnose gestellt werden. Dabei habe man festgestellt, dass es sich um eine „Inversion“ handle: „Quasi als ob mehrere Seiten aus dem Buch herausgefallen sind und man sie falsch herum wieder hineingeleimt hätte“, so Zschocke. Mit den herkömmlichen Verfahren sei das nicht erkennbar gewesen. „Und damit ist das Gen, um das es ging, kaputt und das Kind hat damit seine geistige Behinderung leider erklärt.“

Hälfte der genetischen Ursachen wird erkannt

Obwohl die Krankheit des Buben nicht behandelbar ist, ist die gewonnene Erkenntnis für die Familie des betroffenen Buben wichtig. „Wir möchten wissen, ob das wieder auftreten kann. Die Eltern haben ein schwer krankes Kind und fragen sich, ob ein nächstes Kind wieder erkrankt wäre“, meint er. Mit der neuen Genomsequenzierung sei jetzt klar: Diese Mutation ist bei dem Buben neu aufgetreten.

Johannes Zschocke, Meduni Innsbruck
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Johannes Zschocke ist Leiter des Instituts für Humangenetik an der Medizinischen Universität Innsbruck

10.000 Analysen werden jedes Jahr am Institut für Humangenetik durchgeführt. Zwischen 1.000 und 2.000 Familien werden im Zentrum für Seltene Krankheiten in Innsbruck beraten. Bei etwa der Hälfte der genetisch bedingten Krankheiten finde man die Ursache, meint Johannes Zschocke. Künftig sollen es deutlich mehr sein.