Blick vom Weerberg durch das Inntal über Kolsass, Wattens in Richtung Innsbruck
Hermann Hammer
Hermann Hammer
Umwelt

Knappes Angebot bremst Bodenverbrauch

Tirol liegt bei Flächenverbrauch und Bodenversiegelung unter dem österreichischen Durchschnitt. Das zeigen neue Zahlen der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK). Dass in einem Gebirgsland wie Tirol Flächen nur begrenzt zur Verfügung stehen und teuer sind, fördert offensichtlich einen sparsameren Umgang.

Österreichweit liegt die gesamte versiegelte Fläche pro Einwohner oder Einwohnerin (EW) bei 330 Quadratmetern. In Tirol sind es 288 Quadratmeter, noch darunter liegt Vorarlberg mit 241 Quadratmetern und Wien mit 79 Quadratmetern. Die städtische Dichte und kompakte Siedlungsstruktur ergebe eine äußerst flächensparende Nutzung des Bodens, heißt es im Bericht der ÖROK zu Wien.

Autos stehen an Talstation des Hochsteinlifts in Lienz
ORF
Versiegelte Flächen sind Gebäudeflächen oder etwa durch Asphalt komplett wasser- und luftundurchlässig gemachte Flächen

Als versiegelte Flächen gelten im Rahmen dieses Monitorings Flächen, die durchgehend mit einer gänzlich wasser- und luftundurchlässigen Schicht abgedeckt sind. Das betrifft alle Gebäude und einen wesentlichen Teil der Verkehrsflächen. Spitzenreiter bei der Bodenversiegelung ist das Burgenland mit 582 Quadratmetern je Einwohner, gefolgt von Niederösterreich mit 503 Quadratmetern und Kärnten mit 435 Quadratmetern.

Deutliche Unterschiede zwischen den Bezirken

In Tirol liegen der Bezirk Reutte und der Bezirk Lienz mit 465 bzw. 405 Quadratmetern pro Kopf deutlich über dem österreichischen Durchschnitt bei der Bodenversiegelung, während der Bezirk Innsbruck-Land mit 237 Quadratmetern und die Stadt Innsbruck mit 107 Quadratmetern die geringste Versiegelung pro Einwohner aufweisen.

Lechtal
ORF
Im Bezirk Reutte liegt die Bodenversiegelung pro Einwohner deutlich über dem Österreichschnitt

„In Anspruch genommene Flächen“

Neben den versiegelten Flächen weist die Erhebung der ÖROK als weitere Kategorie die „in Anspruch genommenen“ Flächen aus. Das sind durch den Menschen veränderte oder bebaute Flächen, die damit für die land- und/oder forstwirtschaftliche Produktion und als natürlicher Lebensraum nicht mehr zur Verfügung stehen. Das umfasst sowohl versiegelte, teilweise versiegelte als auch nicht versiegelte Flächen. Baulandreserven (nicht bebaute Grundstücke im Bauland) werden als in Anspruch genommen erfasst, sofern diese nicht mehr aktiv landwirtschaftlich genutzt werden oder bewaldet sind.

Hier zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei der Bodenversiegelung: Tirol weist mit 477 Quadratmetern pro Kopf bei der Flächeninanspruchnahme hinter Wien und Vorarlberg den drittgeringsten Wert auf. Spitzenreiter sind auch hier wieder das Burgenland mit 1.271 Quadratmetern, Niederösterreich mit 960 und Kärnten mit 894 Quadratmetern. Der Bundesdurchschnitt liegt hier bei 629 Quadratmetern. Auch bei der Inanspruchnahme durch Verkehrsflächen weist Tirol hinter Wien und Vorarlberg den drittgeringsten Wert auf.

Starke Inanspruchnahme bezogen auf Dauersiedlungsraum

Ein anderes Bild zeigt sich allerdings, wenn die Flächeninanspruchnahme auf den Dauersiedlungsraum bezogen wird: Hier liegt Tirol mit 23,2 Prozent deutlich über dem österreichischen Durchschnitt von 17,3 Prozent. Einen noch höheren Wert weist Vorarlberg mit 29,2 Prozent auf und den mit Abstand höchsten Wien, wo fast drei Viertel des Dauersiedlungsraums in Anspruch genommen ist.

Inntalautobahn bei Zirl Ost mit Gewerbegebiet Kematen
Hermann Hammer
Tirol hat eine relativ hohe Inanspruchnahme durch Verkehrsflächen

Bei der Inanspruchnahme für Verkehrsflächen bezogen auf den Dauersiedlungsraum weist Tirol mit 7,2 Prozent hinter Wien mit 16,6 Prozent den höchsten Wert auf. Der Bundesschnitt liegt hier bei 5,3 Prozent.

Geisler sieht die Tiroler Daten positiv

Beim Land Tirol sieht man die ÖROK-Unersuchungsergebnisse positiv und weist darauf hin, dass weniger als zwei Prozent der Tiroler Landesfläche versiegelt seien. Die Raumordnungskonferenz attestiere Tirol einen sparsamen Umgang mit Grund und Boden, heißt es in einer Landesaussendung.

„Wir liegen bei allen Parametern deutlich unter dem Österreichschnitt. Das heißt jedoch nicht, dass wir nicht auch in Zukunft sorgsam mit Grund und Boden umgehen müssen“, heißt es von LHStv Josef Geisler (ÖVP). So versuche man etwa mit der Landesinitiative „Sicheres Vermieten“, Wohnungsleerstand zu aktivieren und bereits gebauten Wohnraum im Sinne des Bodensparens und des Klimaschutzes zu leistbaren Bedingungen verfügbar zu machen.

WWF: Situation dramatischer als vermutet

Weniger positiv sieht der WWF die Ergebnisse der Erhebung, allerdings auf ganz Österreich bezogen. Die versiegelte Fläche sei um gut 20 Prozent größer als bisher immer berechnet. „Die neuen Zahlen zeigen, dass die Situation noch dramatischer ist, als bisher vermutet. Daher muss die Politik rasch und umfassend gegensteuern“, sagt WWF-Bodenschutzsprecher Simon Pories. Laut den ÖROK-Zahlen umfasst die versiegelte Fläche in Österreich nicht rund 2.417, sondern 2.964 Quadratkilometer. Das sei ein Unterschied von 547 Quadratkilometern.