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Politik

Finanzloch: Gemeinderat in Seefeld aufgelöst

In Seefeld hat sich am Dienstagabend der Gemeinderat aufgelöst. Offensichtlich wollte kein Mandatar die Amtsgeschäfte als Bürgermeister übernehmen, nachdem Markus Wackerle als Ortschef zurückgetreten war. Diese Situation ist das Ergebnis der massiven Überschuldung der Tourismusgemeinde.

Der Rechnungshof hatte einen Bericht veröffentlicht, wonach vor allem die nordische Ski-WM 2019 und die Tochterunternehmen der Gemeinde Seefeld ein tiefes Finanzloch ins Budget gerissen hatten. Zudem erhöht sich ein laufender Kredit, obwohl die Gemeinde Tilgungen leistet. Der RH-Bericht war auch zu dem Schluss mangelnder Kontrolle und fehlender Kostenplanung gekommen – mehr dazu in RH-Bericht: Handlungsbedarf in Seefeld groß. Das Finanzloch von Seefeld entstand teils zur Amtszeit des früheren Bürgermeisters Werner Frießer, der im Sommer 2021 überraschend zurückgetreten und in die Privatwirtschaft gewechselt war. Ihm folgte Markus Wackerle, der im Oktober zurücktrat.

Neuwahlen vermutlich zu Beginn 2024

In einer Gemeinderatssitzung fand sich Dienstag niemand, der sich als Bürgermeisterkandidat zur Verfügung stellt. Nach der Auflösung des Gemeinderates werden jetzt Neuwahlen ausgeschrieben, die voraussichtlich Anfang 2024 durchgeführt werden. Bis dahin wird ein vom Land ernannter Amtsverwalter und ein Beirat die Geschäfte führen.

RH-Bericht: Seefeld hoch verschuldet

Die Schuldenlast der Tiroler Tourismusgemeinde Seefeld und ihrer Tochterunternehmen ist hoch, geht aus einem aktuellen Bericht des Rechnungshofs (RH) hervor. Die Gemeinde hat derzeit neun Millionen Finanzschulden, dazu kommen 36 Millionen Haftungsübernahmen. Zurückzuführen ist das auf das Jahr 2019, als die nordische Ski-WM in Seefeld Halt machte.

Politische Reaktionen von allen Seiten

Landeshauptmann und Finanz- und Gemeindereferent Anton Mattle hielt gegenüber der APA am Dienstag fest, dass hinter den Sportereignissen besonders durch die gastgebenden Gemeinden viel Einsatz stecke. Allerdings habe sich Seefeld in der Begeisterung und Euphorie übernommen. Es brauche künftig bei Großevents jedenfalls „ein begleitendes Controlling durch Bund, Land und Gemeinden“.

Auch die Oppositionsparteien sparten nicht mit Kritik an der regierenden ÖVP. Liste Fritz-Klubobmann Markus Sint ortete „eine ÖVP-Viererbande des Schreckens“ am Werk, die letztlich für das „Seefelder Millionen-Desaster“ verantwortlich sei. „ÖVP-Bürgermeister Werner Frießer konnte nur so hasardieren und finanzielle Grenzen überschreiten, weil Ex-ÖVP-Landeshauptmann und Tourismuslandesrat Günther Platter, ÖVP-Sportlandesrat Josef Geisler und Ex-ÖVP-Gemeindelandesrat Hannes Tratter ihre schützende politische Hand drüber gehalten, aktiv mitgemacht und sogar Weisungen erteilt haben“, meinte Sint in einer Aussendung.

Grüne und NEOS sehen Tratter in der Verantwortung

Nicht minder scharf die Kritik des grünen Klubobmannes und Landessprechers Gebi Mair, bis 2022 noch in einer Landeskoalition mit der ÖVP. Nach Matrei in Osttirol werde nun auch Seefeld von Ex-ÖVP-Landesrat Tratter „in die finanzielle Überforderung geschickt“, so der Klubobmann. Die Haftungsfreigaben für Seefeld seien schließlich offenbar nur auf persönliche Weisung Tratters erfolgt.

Auch NEOS-Landessprecher und Klubobmann Dominik Oberhofer wollte das Land nicht aus der Verantwortung lassen. Für das nunmehr Bekanntgewordene sei nicht nur ein euphorisch naiver Umgang auf Gemeindeebene verantwortlich, sondern fehlende Kontrolle durch Landesrat Tratter. „Egal ob MCI-Neubau, GemNova-Pleite, Matrei in Osttirol oder jetzt Seefeld – die finanziellen Debakel, für die er verantwortlich war, ziehen sich wie ein roter Faden durch seine politische Karriere.“

Finanzloch: Gemeinderat in Seefeld aufgelöst

In Seefeld hat sich am Dienstagabend der Gemeinderat aufgelöst. Offensichtlich wollte kein Mandatar die Amtsgeschäfte als Bürgermeister übernehmen, nachdem Markus Wackerle als Ortschef zurückgetreten war. Diese Situation ist das Ergebnis der massiven Überschuldung der Tourismusgemeinde.

FPÖ fordert: Kein Top Job für Tratter

Die Handlungen des damals zuständigen Landesrats Hannes Tratter bedürfen einer massiven Nachkontrolle und würden nur einen Schluss zulassen, so FPÖ-Chef Markus Abwerzger. „Die Landesregierung hat Tratter von seinem designierten Top Job bei der Neuen Heimat abzuberufen“, so Abwerzger. Die Zeit des Wegsehens und Abtauchens sei auch beim Kapitel Seefeld für die Tiroler ÖVP vorbei.

Kritisierter Ex-Landesrat weist Vorwürfe zurück

Tratter selbst wies am Mittwoch im ORF-Interview die Kritik zurück. Er bestätigte zwar, dass er den Haftungsrahmen für Seefeld damals per Weisung erhöhen ließ. Dies sei im Zuge der WM-Finanzierung aber nach entsprechenden Prüfungen erfolgt. Die Gemeinde Seefeld habe damals Finanzzusagen von Bund und Tourismusverband vorlegen können. Ohne Haftungsfreigabe drohten laut Tratter Insolvenzen bei Tochterfirmen der Gemeinde, das hätte einen massiven Vermögensschaden für Seefeld bedeutet.