Blick in archäologische Grabung mit Archäologen
Markus Staudt/UIBK
Markus Staudt/UIBK
Wissenschaft

Reste von NS-Lager Reichenau freigelegt

Archäologen der Universität Innsbruck haben heuer Barackenreste auf dem Areal des einstigen NS-Lagers Reichenau in Innsbruck freigelegt. Sie stießen in etwa 1,7 Meter Tiefe auf die Unterkonstruktion einer Baracke des Reichsarbeitsdienstes (RAD).

Bei der Unterkonstruktion im Innenbereich der Baracke habe es sich um einen Pfahlrost gehandelt, erklärt Barbara Hausmair vom Institut für Archäologien der Uni Innsbruck. Dieser bestand aus angespitzten Holzpflöcken und war in einem „regelhaften Raster“ angeordnet. „Die Außenseite der Baracke war auf einer Kombination von betonierten Punktfundamenten und massiven Holzpfählen errichtet worden“, so Hausmair.

Blick in archäologische Grabung
Markus Staudt/UIBK

Bewusstes Sparen beim Baumaterial

Bei der Barackenunterkonstruktion handelt es sich laut der Archäologin um die materialsparendste Variante für RAD-Baracken. Dieses offensichtliche Einsparen von Baumaterial bei der Errichtung sei eine von vielen Facetten des NS-Lagersystems, wodurch die bewusst herbeigeführte Mangelökonomie und die schlechten Lebensbedingungen in den Zwangslagern generiert wurden.

Profilschnitt in archäologischer Grabung
Markus Staudt/UIBK

Nach Untersuchungen mit einem Bodenradar vor einem Jahr wurden im Mai zweiwöchige Grabungsarbeiten im letzten noch unbebauten Wiesenbereich am südlichen Ende des Recyclinghofes in der Trientlgasse durchgeführt. Auf dem Bodenradar sichtbare lineare Strukturen entpuppten sich allerdings nicht als Überreste des Lagers, sondern als Wasserleitung, die in keinem Plan verzeichnet war.

Gründliche Entfernung der Lagerbebauung

Erst nach einem massiven Paket von Planierschichten stießen die Archäologinnen und Archäologen auf die Überreste der Baracke. Das zeige auch, dass bei der Entfernung der südlichen Lagerbebauung in den 1960er Jahren sehr gründlich vorgegangen wurde und das heutige Geländeniveau etwa eineinhalb Meter höher liegt als die Oberfläche der NS- bzw. Nachkriegszeit, erklärt Hausmair.

Luftbild des Lagers Reichenau
Tiris/Land Tirol

114 Menschen nachweislich ermordet

Im „Arbeitserziehungs- und Zwangsarbeiterlager Reichenau“ wurden zwischen 1941 und 1945 etwa 8.500 Menschen, darunter zahlreiche politische Gefangene, inhaftiert, gefoltert und zur Zwangsarbeit verpflichtet, 114 Menschen wurden dort nachweislich ermordet.