Wigbert Zimmermann
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Politik

Forderung nach Gewaltambulanz im Westen

Der Präsident des Innsbrucker Oberlandesgerichts, Wigbert Zimmermann, fordert auch im Westen Österreichs ein Gewaltambulanz-Pilotprojekt für Opfer von körperlicher und/oder sexueller Gewalt.

Die oft geforderten flächendeckenden Gewaltambulanzen für Opfer von körperlicher und/oder sexueller Gewalt nehmen konkretere Formen an. Im Herbst sollen von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) zwei Modellregionen für Ost- und Südösterreich vorgestellt werden. Dass der Westen offenbar nicht berücksichtigt wird, stößt in Tirol auf Unverständnis.

Gerichtspräsident verweist auf Expertise in Tirol

Es sei „nicht einzusehen“, dass nur Ost- und Südösterreich zur Modellregion werden, so Zimmermann gegenüber der APA. „Es wäre schön, wenn auch Tirol und Vorarlberg mit der Gerichtsmedizin Innsbruck dabei wäre“, immerhin gehe es ja um „Erfahrungswerte“, argumentierte der OLG-Präsident, der für die Gerichtssprengel Tirol und Vorarlberg verantwortlich ist. Er verwies auf die „hohe Expertise“ der Innsbrucker Gerichtsmedizin und wähnte diese mit an Bord, er habe „großes Interesse wahrgenommen.“

Der Rektor der Medizinischen Universität Innsbruck, Wolfgang Fleischhacker, begrüßte gegenüber der APA den Ausbau der Gewaltambulanzen. Die Evaluierung der Pilotprojekte sei „wichtig, um notwendige Informationen für den weiteren, schrittweisen Ausbau in ganz Österreich zu erhalten. Auch wir verfolgen diese Pilotprojekte mit großem Interesse.“

Fleischhacker: Ausbau wünschenswert

Fleischhacker verwies auf eine bereits seit 2012 an der Innsbrucker Klinik eingerichtete Gewaltambulanz, wobei auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gerichtsmedizin bei der „gerichtsfesten Beweissicherung“ unterstützen. „Hier zeigt sich, dass es großen Bedarf an solchen Einrichtungen gibt und ein Ausbau an weiteren Standorten in Österreich sehr wünschenswert ist“, sagte der Unirektor. Zudem nannte er den Notruf nach „Dr. Viola“ in den Kliniken Innsbruck und Hall für Gewaltbetroffene, die Hilfe suchen, aber nicht frei sprechen können.

Seitens des Justizministeriums wurde auf Pilotprojekte in zwei Modellregionen verwiesen, die noch im Jahr 2023 an den Start gehen sollen. In vorerst fünf Bundesländern – Wien, Niederösterreich, Burgenland, Steiermark und Kärnten – sollen die Ambulanzen kommen. Details wurden für den Herbst erwartet. „Die Gespräche mit gerichtsmedizinischen Instituten werden derzeit intensiv weitergeführt, um die zeitnahe Umsetzung des Beginns der Pilotprojekte gewährleisten zu können“, hieß es auf APA-Anfrage aus dem Zadic-Ressort.

Bessere Beweissicherung durch Gewaltambulanzen

Zimmermann empfand die flächendeckende Einrichtung von Gewaltambulanzen als „gesellschaftspolitisch wichtiges Angebot.“ Es gehe um eine „unverzügliche Befundaufnahme der körperlichen Beeinträchtigung“, um diese in einem „allfälligen Strafverfahren verwerten“ zu können. Oftmals sei die Beweissicherung nämlich „mangelhaft“, durch die rasche Sicherstellung könne die Verurteilungsquote steigen, argumentierte der Gerichtschef.

Wichtig sei, dass die Ambulanzen „verfahrensunabhängig und kostenlos, rund um die Uhr“ verfügbar seien. Vorstellbar sei für ihn, dass in das Netz auch die niedergelassene Ärzteschaft mit eingebunden werde, die mit den Expertinnen und Experten der Gerichtsmedizin zusammenarbeiten würden. Dadurch könne eine flächendeckende Versorgung gewährleistet werden.

Empfehlung auch vom Rechnungshof

Bereits seit Jahren gibt es politische Forderungen nach flächendeckenden Gewaltambulanzen in allen Bundesländern. Auch der Rechnungshof hatte zuletzt die Einrichtung empfohlen. An der Gerichtsmedizin der Meduni Graz gibt es bereits eine Gewaltambulanz.