Tamara Stocker
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Tamara Stocker: Poetin mit Liebe zur Sprache

Ein Publikum, einen Text und einen Künstler oder eine Künstlerin – viel mehr braucht es nicht für einen Poetry Slam. Bei den literarisch-dichterischen Wettbewerben darf aber eines nicht fehlen: sprachliches Talent und die Liebe zur Poesie. Beides vereint die erfolgreiche Tiroler Poetry Slammerin Tamara Stocker.

„Es ist einfach ein Glücksgefühl, das ich in mir habe, gepaart mit dieser Aufregung ist es jedes Mal wieder einmalig“, beschreibt Tamara Stocker das, was in ihr vorgeht, wenn sie für einen Auftritt auf die Bühne geht. „Aber vor allem hoffe ich, dass ich auf dem Weg zum Mikrofon nicht stolpere“, lacht sie.

Beim „Gestaltwandlerslam“ im BRUX, dem Freien Theater Innsbruck, ist sie zum Auftakt der Poetry Slam Saison mittendrin. Beim beliebten „Wettlesen um die Gunst des Publikums“ geht es für sie aber nicht nur darum, wer am Ende die meisten Punkte hat. Schließlich treten bei einem „Slam“ in erster Linie mehrere Poetinnen und Poeten gegeneinander an. Das Publikum vergibt als Jury die Punkte und kürt so einen Sieger bzw. eine Siegerin des Abends.

Tamara Stocker: „Sport ist Wort“

Tamara Stocker mit ihrem Text „Sport ist Wort“ beim Gestaltwandler Slam im BRUX in Innsbruck

Stocker versteht so einen Auftritt mit einem ihrer Text nicht als Monolog oder als reine One-Woman-Show. „Es ist immer ein Dialog mit dem Publikum und das ist das, was mir so gefällt am Poetry Slam, dass es immer ein Miteinander ist und das Publikum so ein essentieller Teil von dem Ganzen ist, dass es ohne gar nicht gehen würde. Das ist das Herz, das es am Leben hält“, sagt sie.

Oma entfachte Leidenschaft zur Literatur

Aufgewachsen ist Stocker in Inzing (Bezirk Innsbruck-Land). Hier entwickelt sie schon in frühen Jahren die Liebe zum Schreiben – mit einem ganz besonderen Menschen an ihrer Seite: Ihre Oma liest ihr Bücher und Geschichten vor und entfacht so eine große Leidenschaft zur Literatur. „Ich habe gefühlt früher lesen und schreiben als sprechen können“, erinnert sich Stocker.

„Irgendwann haben wir alle Bücher 20 Mal durchgehabt und gesagt, jetzt schreiben wir unsere eigenen Geschichten“, meint sie. So sei ihre Großmutter zu einer Förderin geworden, wofür sie ihr sehr dankbar ist. Stockers erste eigenen Texte waren Märchen, kurze Geschichten und Tagebucheinträge. Heute noch liest sie bei „Tagebuch-Slams“ daraus vor und sorgt für viele Lacher.

Mehrere Erfolge bei Bewerben

Vorbilder beim Schreiben habe sie eigentlich nicht gehabt. „Ich habe früher einfach die klassischen Kinderbücher und Hörspiele gehört und bin immer begeistert gewesen von diesem Geschichtenerzählen.“ 2018 ist sie als Besucherin bei einem Tagebuch-Slam im Innsbrucker Treibhaus dabei. „Da war ich sowas von begeistert, dass ich sofort nach Inzing heimgefahren bin und auf dem Dachboden nach meinen alten Tagebüchern gesucht habe.“

Tamara Stocker
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Tamara Stocker zählt zu den erfolgreichsten Poetry Slammerinnen Tirols

Bei der nächsten Veranstaltung ist sie selbst als Teilnehmerin dabei und schnuppert zum ersten Mal Bühnenluft. Die Moderatorin und Veranstalterin des Formats, Diana Köhle, motiviert sie anschließend dazu, einmal mit neuen, selbst verfassten Texten mitzumachen, wie Stocker erzählt. Das sei dann in Wien gewesen. „In Wien deshalb, weil ich nicht wollte, dass mich bei meinem ersten Auftritt irgendjemand kennt“, lacht sie.

Es sei aber eine wunderschöne erste Erfahrung gewesen, von der sie „sofort infiziert“ war. Wenige Monate später hat sie in Landeck ihren ersten Auftritt in Tirol. Der Autor und Slammer Markus Köhle wird ebenfalls zu einem ihrer Förderer, sodass sie bei bundesweiten Wettbewerben mitmachen kann. Dort feiert sie mit dem Sieg beim „Ö Slam“, der österreichischen Poetry Slam Meisterschaft 2021 einen besonderen Erfolg. Zu ihren Highlights in der Szene gehören auch die Teilnahmen bei Europa- und Weltmeisterschaften Brüssel.

Einzigartige „Slamily“ in Tirol

Mittlerweile ist Stocker neben bekannten Slam Poetinnen und Poeten wie Markus Köhle, Stefan Abermann oder Martin Fritz als feste Größe der heimischen Szene angekommen. Der Einstieg damals sei „wie eine große Umarmung, die nie aufhört“ gewesen. Das sei es auch, was die „Slamily“, also die Tiroler Poetry Familie, ausmache: gegenseitige Unterstützung. „Wir sind vielleicht innerhalb des Formates Konkurrenz, aber am Ende des Tages freut sich jeder für jeden“, so Stocker.

Tamara Stocker Poetry Slam
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Nicht der Konkurrenzkampf sondern der Spaß an der Sache stehe bei der Tiroler Poetry Slams Szene im Vordergrund, so Tamara Stocker

Hauptberuflich schreibt die 30-Jährige für eine Werbeagentur. Das Texten machte sie also schon zu ihrem Beruf. Egal ob in der Kulturbackstube Bäckerei oder im BRUX – ihr Können kreativen Schreiben und ihre Liebe zur Sprache stellt sie immer wieder unter Beweis. In ihren Geschichten und Gedichten setzt sie sich mit einer Vielzahl von Themen auseinander. Diese reichen von Alltagsproblemen und Liebe bis hin zum Medienkonsum in der digitalen Welt. Aus den Tagebuch-Einträgen sind somit längere, kreative Texte geworden, die manchmal unterhalten, manchmal zum Nachdenken anregen, sehr oft aber auch beides gleichzeitig schaffen.

Veranstaltungshinweise

Der nächste Gestaltwandler Slam findet am 14. November im BRUX in Innsbruck statt. Jeden letzten Freitag im Monat lesen beim Bäckerei Poetry Slam in Innsbruck die Poetinnen und Poeten um die Gunst des Publikums (siehe Links unten).

Von Medienkonsum bis Pommes

„Ich finde, es passiert so schon so viel Schlimmes auf der Welt und wir werden ständig irgendwie damit konfrontiert, dass ich einfach, wenn ich meine fünf Minuten auf der Bühne habe, den Menschen einen Grund zum Lachen geben will“, beschreibt sie ihre Motivation. Das schließe aber keine ernsteren Themen aus, wie Feministische oder Kritisches hinsichtlich der politischen Ereignisse. Dabei setze sie sich wenig Grenzen. So könne es auch einfach einmal etwas Banales sein: „Einfach etwas, wo ich mir denke, jetzt muss ich mich einmal sprachlich austoben und dann kann ich auch einen Text über Pommes schreiben. Es muss nicht immer die große Message sein.“

Tamara Stocker: „Ideen einen Klang geben“

Künstlerisch und kreativ hat Tamara Stocker noch vieles vor. „Als nächstes Ziel wäre es, eine Textsammlung von mir herauszubringen und da bin ich gerade dabei.“ Irgendwann will sie auch den ersten eigenen Roman veröffentlichen. „Diesen Traum habe ich immer noch und den werde ich mir definitiv erfüllen“, ist sie überzeugt.

Mit ihrer Liebe zum kreativen Spiel mit den Wörtern, ihren Erfolgen in Österreich und Europa, aber vor allem ihren lustigen und tiefgründigen Botschaften legt sie dafür in ihren Auftritten laufend eine wichtige Grundlage.