Maisernte
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Landwirtschaft

Bauern rüsten sich gegen Klimaerwärmung

Die Ernte-Bilanz der Tiroler Bauern fällt heuer grundsätzlich positiv aus. Bei einem Pressegespräch am Freitag wurde allerdings auch betont, dass das wärmere Klima und häufigere Extremwetterereignisse zu großen Problemen führen, auf die reagiert werden müsse.

„Der Klimawandel ist nicht nur ein Thema, über das gesprochen wird. Er ist auch spürbar“, erklärte Landwirtschaftskammerpräsident und Nationalratsabgeordneter Josef Hechenberger (ÖVP) bei der Pressekonferenz in Innsbruck. Sich an die ändernden Gegebenheiten anzupassen, sei derzeit eine der größten Herausforderungen für die Landwirtschaft.

Resistentes Saatgut

Die Landwirtschaftskammer wolle gemeinsam mit Landwirten in drei zentralen Bereichen Vorsorge treffen. So forsche man mit der Wissenschaft an besonders resistentem Saatgut. Dieses müsse auch wärmeren Bedingungen und einer „Schönwetterperiode“ standhalten, erklärte Hechenberger.

Sortenversuche seien auch bei Erdäpfeln, Gemüse oder im Obstanbau ein Thema, ergänzte Fachbereichsleiter Wendelin Juen: „Wir schauen, welche Sorte in unsere Klimaregion passt.“ Hier könne man im Vergleich zur Situation noch vor zehn Jahren bereits einen „starken Wandel im Spektrum“ beobachten. Bestimmte Obstsorten habe man etwa früher nicht anbauen können, weil diese im Herbst nicht reif geworden seien. „Durch die Verlängerung der Herbstperiode passen solche Sorten nun und werden angebaut“, berichtete Juen, Experte für Spezialkulturen und Markt.

Erdäpfel/Kartoffel in einer Box
ORF/Georg Hummer
Die Kartoffelbestände hatten Probleme mit der Entwicklung im eher feuchten April und Mai. Später kam ein hoher Infektionsdruck durch Pilzkrankheiten im Juli/August dazu

Vorsorge für die nächsten Jahrzehnte

Thema seien weiters auch Investitionsförderungen, so werde beispielsweise in bestimmten Regionen Beregnung im Grünland Thema werden, führte Hechenberger aus. Südtirol habe dies etwa schon seit Jahrzehnten vorgemacht, erinnerte der LK-Präsident. Schließlich arbeite man an Forststrategien, was Mischwälder mit Mischbaumarten betreffe. Heute getroffene Maßnahmen würden erst in Jahrzehnten Wirkung zeigen, erklärte der Kammerchef mit Blick auf die lange Wachstumszeit vom Keimling zum Baum.

„Die Landwirtschaft wartet nicht wie die Kaninchen vor der Schlange“, meinte der Hechenberger. Stattdessen würde man sich laufend anpassen. „Wir werden auch diese Herausforderung schaffen, aber es braucht aktive Pläne und wir müssen es aktiv angehen“, appellierte er und verwies gleichzeitig auf die Klimaauswirkungen durch längere Transportwege: „Jeder, der regional konsumiert, leistet einen Beitrag dazu, den Klimawandel zu bremsen.“

Frostschutzberegnung in Apfelkultur
Hermann Hammer
Den Tiroler Äpfeln, Birnen und Steinobst machte vor allem der Frost zu schaffen. Mit Frostschutzmaßnahmen sei es aber gelungen, die Ernteeinbußen möglichst gering zu halten

Frost führte zu großen Einbrüchen

Das Erntejahr 2023 sei im Allgemeinen zufriedenstellend gewesen, freuten sich die Kammervertreter am Freitag. Über die ganze Saison weg hätten sich zu kalte und zu warme bzw. überdurchschnittlich nasse und zu trockene Monate abgewechselt. „Das Jahr war punktuell herausfordernd, aber wir sind mit dem Sommer zufrieden“, sagte Hechenberger. Die Ernte sei so ertragreich gewesen, dass beispielsweise nun über den Winter zehn Kilo Gemüse pro Kopf eingelagert werden könne. Das sei „sensationell“, freute sich Juen. Indes sei man beim Obst „mit einem blauen Auge davongekommen“. Hier hätten bestimmten Sorten die Frostnächte im Frühjahr zu schaffen gemacht, man sei punktuell mit Einbrüchen von 20 bis 30 Prozent und mehr konfrontiert gewesen.

Extremwetterereignisse sind herausfordernd

Auch die häufigen Extremwetterereignisse in diesem Jahr hätten einige Betriebe stark getroffen. Hier gebe es starke regionale Unterschiede. In Osttirol beispielsweise sei die Ernte beim Getreide, bei den Erdäpfeln und beim Mais sehr gut ausgefallen, wohingegen sich in manchen Regionen des Nordtiroler Oberlands viele Engerlinge, Mäuse und Drahtwürmer verbreitet hätten, die zu massiven Ernteeinbußen bei den Kartoffeln geführt hätten, erklärte Juen. Anders als noch vor einigen Jahren sei es jetzt gar nicht mehr möglich, ohne Schutzmaßnahmen anzubauen – seien es Hagelnetze, andere Schutzvorrichtungen oder künstliche Bewässerung.

Durch den Klimawandel habe man allerdings praktisch einen Monat Produktion gewonnen, rechnete Wendelin Juen vor. Dass man Ende September noch eine letzte Radieschensaat aussetze und sicher ernten könne, sei früher „undenkbar“ gewesen, nannte der Fachbereichsleiter ein Beispiel. Die Verschiebung der Erntesaison sei dabei signifikant und eine klare Veränderung, bestätigte Juen.

Aktuell spreche man nun zwar von einem „goldenen Herbst“ – der für die Ernte erfreulich sei – allerdings gebe es auch negative Aspekte: „Hätten wir diese lange Schönwetterperiode im Sommer, würde man von einer massiven Dürre sprechen“, warnte Hechenberger abschließend.