Mann steht vor Ausstellungspostern
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Politik

Landhaus: Ausstellung zeigt NS-Geschichte

Eine Ausstellung im Tiroler Landhaus, das 1938 als Gauhaus errichtet worden war, zeigt in drei historisch aufgeladenen Räumen die Vergangenheit des NS-Baus und den damaligen Alltag im und rund um das Gebäude.

Die Ausstellung, die sich bewusst an eine breite Masse richtet und zur Aufarbeitung der NS-Geschichte beitragen möchte, öffnet am 5. Oktober unter dem Titel „Vom Gauhaus zum Landhaus – Ein Tiroler NS-Bau und seine Geschichte“ ihre Pforten.

Kanzlei von Gauleiter Hofer eingebunden

Wer dann bis zum 4. Mai 2024 bei freiem Eintritt die Räumlichkeiten der Ausstellung betritt, betritt zugleich auch das einstige Gau-Sitzungszimmer oder etwa die Kanzlei des damaligen Gauleiters Franz Hofer. Diese genaue Verortung war erst durch die Recherche der Ausstellungs-Kuratoren Hilde Strobl und Christian Mathies möglich geworden, deren gleichnamiges Buch „Vom Gauhaus zum Landhaus“ bereits Ende 2021 erschienen war.

Landhaus Gauhaus Nationalsozialismus NS-Bau
Stadtarchiv Innsbruck
Die Ausstellung legt den Blick auf die NS-Vergangenheit des Landhauses und die Hintergründe des Gebäudes

Die geschichtlich vorbelasteten Räume erleichtern zweifellos das, was sich Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) am Dienstag bei einem Medientermin in Innsbruck künftig von den Besucherinnen und Besuchern der Ausstellung wünschte. „Die Menschen sollen sich erinnern und sich mit der grausamen Geschichte auseinandersetzen,“ betonte er. Das sei deshalb notwendig, „damit die Dinge, die damals passiert sind, nicht mehr passieren können.“

„Gegen das Unter-den-Teppich-Kehren“

Die Ausstellung, die eine Kooperation des Landes und der Tiroler Landesmuseen darstellt, trete damit auch gegen „die Verdrängung und gegen das Unter-den-Teppich-Kehren“ an, sagte Günter Lieder, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde für Tirol und Vorarlberg: „Wir sind nämlich alle direkt betroffen, wir sind Nachfolger von Tätern, Mitläufern und Opfern.“ Die Schau mache nicht zuletzt bewusst, dass „Wachsamkeit“ ein zentrales Moment sei, damit aus dem Landhaus nicht wieder ein Gauhaus werden könne.

Historiker betont Gegenwartsbezug

Direkte Betroffenheit mahnte Landesamtsdirektor Herbert Forster ein. „Es geht um erinnern, um Teilhabe und folglich auch um Auseinandersetzung“, sagte er. Der Historiker und Tiroler Leiter von erinnern.at, Horst Schreiber, sprach von der Wichtigkeit eines „Gegenwartsbezuges“: „Das Gebäude als Zentrum der damaligen NS-Verbrechen muss auch in die Gegenwart geholt und in einen Kontext gestellt werden.“

Landhaus
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Das Gebäude in einen Kontext zu stellen, fordert der Historiker Horst Schreiber

Strobl und Mathies erklärten schließlich ihren Zugang zum Thema und das Konzept der Ausstellung. „Wir verfolgen einen vermittelnden Ansatz, der sich auch mit vielen Begleitveranstaltungen an eine breite Öffentlichkeit wendet“, sagte Strobl. Mathies betonte, dass es auch darum gehe, die Geschichte des Hauses von momentanen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erzählen zu lassen und damit Identifikation zu erzeugen.

Personen „im Krisenmodus“

In den Räumen lässt sich schließlich jedenfalls viel über die Vergangenheit des jetzigen Landhauses lernen, das einst während des Zweiten Weltkrieges das Machtzentrum des Nationalsozialismus in Tirol und Vorarlberg darstellte. Im ersten und mit Abstand größten Raum beschäftigen sich sieben „Themeninseln“ beispielsweise mit der Frage der Entnazifizierung nach der Befreiung oder auch den Alltag der damals im Gauhaus arbeitenden Personen „im Krisenmodus“.

Im zweiten Raum kann man in einer Art Bibliothek in historischen Büchern schmökern oder in der Publikation von Strobl und Mathies blättern. Im dritten Raum präsentieren aktuelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landhauses wiederum Menschen im Gauhaus und deren Funktionen in kurzen Videos, etwa den damaligen Hausmeister.

Ausstellung ging Konflikt voraus

Die jetzige Ausstellung ist die indirekte Folge der Absage einer künstlerischen Intervention am Landhausplatz zur Aufarbeitung der Zeit das Nationalsozialismus Anfang 2023. Der von Ex-Kulturlandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) in Auftrag gegebene Wettbewerb hatte zuvor für gehörigen Wirbel gesorgt, nachdem sie sich für das von der Jury zweitgereihte Projekt entschieden hatte. Die Auserkorenen zogen schlussendlich ihr Projekt aber zurück. Landeshauptmann Mattle zog daraufhin einen „Schlussstrich“ und kündigte eine Ausstellung im Inneren des Landhauses an.

Ausstellung mit Bildern von Gauleiter Hofer
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Ein künstlerische Intervention wurde abgesagt, geworden ist es eine Ausstellung

Für die Aufarbeitung von NS-Geschichte hatte in den vergangenen Jahren auch eine installierte Expertenkommission gesorgt, die im Mai 2019 der Öffentlichkeit präsentiert worden war. Mithilfe dieser widmete sich das Land Tirol bereits damals der NS-Geschichte des Landhauses. Die Präsentation des Arbeitsprogrammes der Kommission erfolgte dann an einem geschichtsträchtigen Datum, nämlich am 6. Mai 2019. 80 Jahre zuvor, am 6. Mai 1939, hatte nämlich die „Firstfeier“ des Gauhauses – des heutigen „Neuen Landhauses“ – in Innsbruck stattgefunden.