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Wirtschaft

Waschbare Taschen und Rucksäcke aus Papier

Aus waschbarem Kraftpapier und aus Blättern der Ananaspflanze fertigt ein Tiroler Unternehmen Taschen, Rucksäcke und Accessoires. Mit diesen natürlichen Stoffen, die frei von Plastik sind, bietet „For people who care“ eine Alternative zu Lederprodukten an.

Aus Sicht von Johanna Bittner und ihrer Partnerin Anna Podgorni entwickelte sich die Modeindustrie in den vergangenen Jahren weltweit in die falsche Richtung. „Es wird alles in Plastik eingepackt und in Billiglohnländern produziert“, sagt Bittner.

Da ihnen diese Entwicklung nicht gefiel, sei ihnen im Jahr 2019 die Idee zur Gründung von „For people who care“ gekommen. Erfahrung als Mode-Unternehmerinnen hatten beide zu dieser Zeit nicht. Anna war zwölf Jahre als Profi-Pokerspielerin tätig und verdiente damit ihren Lebensunterhalt – mit wechselndem Erfolg, wie sie offen zugibt: „Manchmal ging es besser, manchmal schlechter.“ Johanna ist Ärztin und arbeitet als Anästhesistin an der Innsbrucker Universitätsklinik.

Nähen von Masken als Einstieg in Mode-Business

Durch den Ausbruch der Pandemie im Frühjahr 2020 begannen die beiden mit der Produktion von Schutzmasken im eigenen Wohnzimmer. Dabei fehlte ihnen bis dahin jegliche Erfahrung als Näherin, wie sie erklären. Mit Hilfe von Videos im Internet eigneten sie sich das nötige Wissen jedoch in kurzer Zeit an.

Anna Podgorni
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Anna Podgorni war zwölf Jahre Profi-Pokerspielerin

Mit Hilfe von Freunden und mit vier Nähmaschinen stellten sie damals in ihrer 17 Quadratmeter großen Wohnung die Masken aus hochwertigen Stoffen her. Die Nachfrage sei damals sehr groß gewesen, sagt Bittner. Bald wurde die Wohnung zu klein, daher zog das Unternehmen in eine 100 Quadratmeter große Produktionsstätte in Innsbruck. Vor wenigen Monaten erfolgte die Übersiedlung in die Werkstätte Wattens.

Waschbares Kraftpapier und Pinatex

Für die Taschen, Rucksäcke und Accessoires werden hauptsächlich zwei Materialien verwendet. Das waschbare Kraftpapier wird aus Zellulosefasern hergestellt und mit Kautschuk gemischt. Es wird in Deutschland hergestellt.

Es handle sich dabei um eine Alternative zu Stoffen oder Lederprodukten und habe viele Vorteile, erklärt Johanna Bittner. Das Material sei federleicht, könne in der Waschmaschine gewachsen werden und sei sehr robust. „Wir haben eine unserer Taschen mit 80 Kilo Gewicht belastet, und das hat sie locker ausgehalten.“

Taschen in verschiedenen Farben
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Die Rucksäcke werden aus waschbarem Kraftpapier hergestellt

Pinatex wird aus getrockneten Blättern der Ananaspflanze hergestellt. Da es sich um ein Material aus einer bereits bestehenden Industrie handle, handle es sich um ein Nebenprodukt, für das keine zusätzlichen Ressourcen benötigt werden, betont Johanna Bittner.

„For people who care“ beziehe das Material von einem Unternehmen mit Sitz in Barcelona mit einer Partner Collective auf den Philippinen. Im Gegensatz zu Leder werde Pinatex nicht mit giftigen Chemikalien gefärbt, sondern sei nach dem Global Organic Textile Standard (GOTS) zertifiziert.

Johanna Bittner gibt Interview
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Johanna Bittner ist hauptberuflich Anästhesistin

In der Firmenphilosophie würden sich die privaten Werte der Gründerinnen spiegeln, betonen beide. „Wir essen beide seit mehreren Jahren kein Fleisch mehr. Und wir versuchen beide so wenig Plastik wie möglich im Alltag zu verwenden, daher verpacken wir unsere Produkte beim Versand nicht in Plastik.“

Endkunden und B2B-Kunden

Von den Anfängen mit dem Masken habe sich das Geschäft in den letzten Jahren gut entwickelt, sagt Podgorni. Im Vorjahr hätte sie rund 500 Bauchtaschen verkauft, im Vorjahr sei die Serie mit den Rucksäcken dazugekommen. Diese sei noch erfolgreicher gewesen. Innerhalb weniger Monate seien 200 Stück verkauft worden.

Der Großteil der Kunden stamme aus Tirol und dem restlichen Österreich. Dabei seien vor allem Frauen ihre Kunden. Doch das Unternehmen sei auch im B2B-Geschäft erfolgreich, beton Bittner. Dabei produziere man für andere Marken und Unternehmen regionale Produkte. Zudem biete man Hotels und Restaurants Brotkörbe, Speisekarte oder Saunataschen an.

Frau arbeitet an Nähmaschine
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Die Rucksäcke werden in Wattens händisch zusammengenäht

Lebenslange Garantie auf alle Produkte

Dass ihre Taschen und Rucksäcke nicht billig sind, steht für die Unternehmerinnen außer Frage: „Wir verwenden die besten Materialien. Der Stoff kommt aus Deutschland, die Gurte aus Italien. Wir stellen alles in Handarbeit her, und wir geben lebenslange Garantie auf all unsere Produkte, weil unsere Produkte kein Ablaufdatum haben sollen!“

Taschen hängen hintereinander
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Die Bauchtaschen werden aus Pinatex hergestellt

Mittlereile sind acht Personen bei „For people who care“ beschäftigt. die Produktion soll demnächst ausgeweitet werden und neue Produktlinien – etwa Kleidung – eingeführt werden. Zudem wolle man künftig die Produkte auch im nahen Ausland – Deutschland und Schweiz – vertreiben.