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Politik

Land will Daten über Abtreibungen sammeln

Der Plan eines „Schwangerschaftsabbruchregisters“ sorgt in Tirol für Diskussionen. Mit knapp 100.000 Euro sollen ambulante und stationäre Schwangerschaftsabbrüche erfasst werden. Grüne und der Frauenring kritisieren das Vorhaben.

Das „Schwangerschaftsabbruchregister“ wurde laut einem Bericht der „Tiroler Tageszeitung“ (Sonntagsausgabe) von der Landesregierung bereits im Juli beschlossen, dafür bereitgestellt würden 99.466 Euro. In dem Medienbericht begründete Gesundheitslandesrätin Cornelia Hagele (ÖVP) die Notwendigkeit des Registers mit dem Fehlen von Patientinnen- und Fötusdaten. Ziel sei, die in Tirol derzeit stationär und ambulant durchgeführte Abbrüche sowie Gründe dafür zu erheben und „Betreuungswege zu erstellen“, wurde Hagele in dem Bericht zitiert. Die Datenerhebung solle auf freiwilliger und anonymer Basis erfolgen.

Spitäler und Ärzte sollen Daten liefern

Daten sollen sowohl von Kliniken, an denen Schwangerschaftsabbrüche ausschließlich bei medizinischer Indikation durchgeführt werden, als auch von niedergelassenen Ärzten kommen. Das Projekt befindet sich laut tirol-kliniken-Pressesprecher Johannes Schwamberger in der Planungsphase.

Grüne: SPÖ macht mit Konservativen gemeinsame Sache

Meri Disoski, stellvertretende Klubobfrau und Frauensprecherin der Grünen, und Zeliha Arslan, Tiroler Landtagsabgeordnete und Frauensprecherin der Tiroler Grünen, sehen die langjährige Forderung reaktionärere Abtreibungsgegner und -gegnerinnen umgesetzt.

„Dass die ihrem Selbstverständnis nach feministische SPÖ hier mit den Konservativen gemeinsame Sache macht und diesen Frontalangriff auf die Selbstbestimmungsrechte von Frauen mitträgt, ist schockierend“, so Disoski und Arslan in einer Aussendung. „Auf Bundesebene hat sich die ÖVP mit ihrem Ansinnen nach einer Statistik und Motivforschung zu Schwangerschaftsabbrüchen schon mehrfach an uns Grünen die Zähne ausgebissen“, so die grünen Politikerinnen.

Kritik auch an Frage nach Motiv für Abtreibung

Dass es in Österreich keine Statistik über Abtreibungen gebe, liege daran, dass ungewollt Schwangere diesen Eingriff privat bezahlen müssen. Werden Schwangerschaftsabbrüche von der Sozialversicherung übernommen, wird – wie bei anderen medizinischen Eingriffen auch – die Anzahl der durchgeführten Eingriffe erfasst.

„Das Motiv für den Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft ist: eine ungewollte Schwangerschaft abbrechen zu wollen. Mehr hat weder Staat noch Kirche noch politische Parteien zu interessieren“, kritisierten Disoski und Arslan. Ärgerlich sei auch die Förderung mit 99.466 Euro, weil so die Ausschreibungsgrenze von 100.000 Euro umgangen werden kann.

Frauenring: Angriff durch die Hintertür

Auch der Österreichische Frauenring kritisierte das Vorhaben. „Die Versorgungslage beim Schwangerschaftsabbruch in Österreich ist immer noch mangelhaft – so auch in Tirol. Die Landesregierung hat aber offenbar keine anderen Sorgen, als Geld für ein Register auszugeben, das niemand braucht“, so Klaudia Frieben vom Frauenring.

Was ungewollt Schwangere brauchen, sei eine hochwertige, niederschwellige und kostenlose Versorgung. In Österreich würden religiöse und konservative Kräfte immer wieder versuchen, den Schwangerschaftsabbruch durch die Hintertür anzugreifen. „Die Tiroler Landesregierung sollte lieber Geld in die Hand nehmen, um dringend notwendige frauenpolitische Projekte zu finanzieren – die Liste ist vom Gewaltschutz bis zur Armutsgefährdung von Alleinerziehenden lang“, so Frieben.

Initiative „#fairändern“ begrüßt Datenerhebung

Die abtreibungskritische Initiative „#fairändern“ verteidigte die Vorgangsweise der Tiroler Landesregierung dagegen. „Eine Abtreibung ist ein Übel, das unter Umständen abgewendet werden kann. Dazu brauchen wir zunächst valide Daten, damit Frauen, die sich einen anderen Weg für sich und ihr Kind wünschen, jene Unterstützung zukommen kann, die sie verdienen“, so Petra Plonner, die Vorsitzende der Bewegung. Es gehe um nichts weniger als die Einforderung des Rechts der Frauen auf Information, Beratung, Hilfe und Unterstützung in einer besonders herausfordernden Zeit.

Es sei offensichtlich, dass der Großteil der von Abtreibung betroffenen Frauen unter unfassbarem Druck handelt, meinte Plonner in einer Stellungnahme: „Es ist ein hartes inneres (und äußeres) Ringen, in dem die Betroffene oft völlig allein gelassen wird – das nennt man dann ‚Selbstbestimmung‘“. Frauen würden häufig vom Partner oder dem Umfeld gedrängt, meinte die Vorsitzende der Anti-Abtreitbungs-Initiative.