Die Innsbrucker Verkehrsbetriebe (IVB) suchen derzeit 27, der Postbus der ÖBB 30 Fahrerinnen und Fahrer. Speziell die Urlaubszeit verschärfe den Mangel zusätzlich. Beim Postbus, mit 400 Fahrern das größte Busunternehmen Tirols, sind deshalb in den letzten Wochen einige Linien im Großraum Innsbruck ausgefallen.
Der Branchenvertreter Franz Sailer rechnet aber spätestens ab Herbst bzw. Winter, wenn es mit Schulbeginn und später mit dem Start der Skisaison mehr Busse braucht, damit, dass knapp 170 Mitarbeiter auf den Straßen Tirols fehlen. „Derzeit sind wir schon mit dem eingeschränkten Ferien-Fahrplan am Anschlag“, so Sailer.
Gratis Führerschein als Lockmittel
Speziell für das Personal ist die Situation sehr schwierig, sagt Sailer: „Wir hören aus den Betrieben und ich erlebe es auch in meinem eigenen, dass das Personal sehr viele Überstunden machen muss und auch kaum zu ihren Urlaubsabwicklungen kommt." Ein Teufelskreis, denn je mehr Busfahrer aufgrund dieser Faktoren abspringen, desto größer wird der Druck wiederum für die bestehende Belegschaft.
Weitere Stressfaktoren seien Staus, Baustellen, fehlende Infrastruktur wie Toiletten, fordernde Arbeitszeiten oder ein immer komplexer werdendes Ticket-System. Sailer fordert, die Rahmenbedingungen zu verbessern und für Lenker machbare Fahrpläne zu gestalten. Auch den Stellenwert des Berufes gelte es wieder zu heben.
Einen höheren Lohn fordert Sailer im Gegensatz zum Vorsitzenden des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) Tirol, Philip Wohlgemuth (SPÖ) nicht. Der Kollektivvertrag sei grundsätzlich auf einem sehr hohen Niveau.
Busfahrer auf Mangelberufsliste
Sowohl bei den IVB als auch beim Postbus müssten Mitarbeiter anderer Abteilungen als Busfahrer einspringen. Der Direktor der IVB, Martin Baltes sagt zu der Situation: „Wir müssen mittlerweile Leistungen, die wir bis vor kurzem noch selber gefahren sind, an private Busunternehmer abtreten.“
In beiden Unternehmen ist man sich einig: Es ist eine Situation, die akut nicht zu ändern, dauerhaft aber nicht tragbar ist. Um für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieder attraktiver zu werden, übernehmen beide Unternehmen unter anderem die Kosten für den Führerschein und zahlen den vollen Lohn während der Ausbildung. Christoph Gasser-Mair, Pressesprecher der ÖBB, fordert, wie auch Sailer, die Politik auf, zu handeln: „Das betrifft vor allem den Berufsfahrer als Mangelberuf, damit wir einfacher Menschen aus dem Ausland rekrutieren können.“ Man suche bereits jetzt nach geeignetem Personal in den Nachbarstaaten von Österreich.
Verkehrswende so nicht möglich
Der Verkehrsverbund Tirol (VVT) beschäftigt zwar selbst keine Busfahrer und Busfahrerinnen, koordiniert und bestellt aber den öffentlichen Nahverkehr in ganz Tirol. Und ist folglich auch auf Busunternehmen und deren Mitarbeitenden angewiesen. VVT-Geschäftsführer Alexander Jug zeigt sich für Gespräche offen, was eine bessere Infrastruktur für die Busfahrer betrifft.
Der oft geförderte Öffi-Ausbau und die Verkehrswende werden durch den Fahrermangel aber mehr als schwierig, so Jug: „Die Auswirkungen bei uns sind drastisch: Wir können das Angebot nicht ausbauen und damit das Angebot für die Kunden nicht verbessern. Dadurch erreichen wir nicht, dass die Menschen auf die Öffis umsteigen.“
Branchenvertreter zeichnen düsteres Bild für den Herbst
Bei den IVB und dem Postbus gehe man davon aus, dass es im Herbst, nachdem viele Mitarbeiter aus dem Urlaub zurückkommen, zu einer Entspannung der Lage kommt. Ein düsteres Bild zeichnet hingegen der Branchensprecher Franz Sailer. Er geht davon aus, dass ab dem Schulbeginn mit Ausfällen gerechnet werden müsse. Die Lösung, also genügend Busfahrer einzustellen, sei in weiter Ferne: „Ich sag’ es direkt, wie ich es mir denke: Wir sind verzweifelt. Es wäre nicht fair zu sagen, dass wir es auf alle Fälle schaffen werden.“