Katja Tersch, Leiterin des Tiroler Kriminalamtes, bei einer Pressekonferenz in Wien
APA/GEORG HOCHMUTH
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Chronik

Tersch: Keine Scham, Cybercrime anzuzeigen

Jedes zehnte 2022 angezeigte Delikt war ein Betrug, knapp jeder zweite davon wurde im Cyberspace verübt. Die finanziellen Schäden seien meist enorm und die Scham groß. Dennoch ermutigt die Leiterin des Landeskriminalamtes, Katja Tersch, Opfer dazu, den Betrug zu melden.

Die Täter agieren höchstprofessionell, so Tersch weiter. Anlass der Pressekonferenz war der Auftakt zu einer „Woche gegen den Betrug“, in deren Verlauf das Bundeskriminalamt (BK) jeden Tag über eine der Hauptbetrugsformen informieren will. Tersch appellierte an Geschädigte, Fälle anzuzeigen, sobald sie sie entdeckt haben. „Nach dem Entdecken der Straftat entsteht oft ein immenses Schamgefühl. Dabei ist keine Scham notwendig“, sagte Tersch.

100 Betrugsfälle im Internet pro Tag

„Im ersten Halbjahr heuer ist die Zahl der im Internet verübten Betrugsfälle um 30 Prozent gestiegen im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum im Vorjahr“, betonte der Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) bei der Pressekonferenz. 17.500 dieser Cyber-Delikte wurden heuer in den ersten sechs Monaten bereits zur Anzeige gebracht. „Das sind rund 100 Betrugsfälle im Internet pro Tag“, so Karner. Eine der wichtigsten Gegenmaßnahmen ist für die Kriminalisten die Prävention.

Mann mit Computermaus – Hacker, Internetkriminalität, Darknet
ORF

Sohn/Tochter-Betrug führt schwarze Liste an

Mehr als 60 Betrugsformen habe man mittlerweile registriert – „Tendenz steigend“, so der Direktor des Bundeskriminalamtes (BK) Andreas Holzer. Im vergangenen Jahr hätten die bekanntgewordenen Fälle in Österreich einen Schaden von 700 Millionen Euro verursacht. Gleichzeitig registrieren die Ermittler eine „Verlagerung der Straftaten in die digitale Welt – und dafür ist nicht einmal das Darknet oder eine aufwendige Software notwendig“, erläuterte der BK-Direktor. „Eine Mail, eine Nachricht oder eine Freundschaftsanfrage genügen.“

Holzer nannte einige Eckdaten zu den bekanntesten Deliktsformen. So entstand 2022 beim sogenannten Sohn/Tochter-Betrug ein Schaden von sechs Millionen Euro, dabei registrierte die Polizei rund 3.300 Opfer. Heuer liegt der entstandene Schaden bereits bei 5,7 Millionen Euro. Bei den Betrügereien mit der Masche der falschen Polizeibeamten wurden 2023 bereits sieben Millionen Euro Schaden registriert, im Vorjahr waren es insgesamt 15 Millionen Euro. Dabei gab es eklatante Einzelfälle: Zum Beispiel knöpften die Täter einer älteren Frau allein 700.000 Euro ab.

Jüngster Fall: Pyramidensystem für Cannabisprojekt

Hohe Schäden verursachen Investmentbetrügereien. 2022 wurden 60 Millionen Euro Schaden registriert, heuer nahmen Täter ihren Opfern bereits 32 Millionen Euro ab. Ein besonders spektakulärer Fall wurde erst in der vergangenen Woche bekannt: Die Betrüger offerierten Anlegern Investments in Plantagen für medizinisches Cannabis, deren Geld wurde aber nicht in die behaupteten Projekte investiert, sondern von einem Konto aufs nächste transferiert und der Verbleib so verschleiert. Dazu kam, dass die Täter an weitere Anleger über ein Pyramidensystem zu kommen versuchten.