Dichter Verkehr auf der Schönbergkehre der Brennerautobahn
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Abgasskandal: Tiroler Gemeinden betroffen

Die Abgasreinigung betroffener Autos schaltet sich auf mehr als 1.000 Meter Seehöhe ab – ein Problem, das vor allem für Tirol relevant ist, denn 97 Ortschaften liegen hier über dieser Meereshöhe. Betroffen sind nicht nur Autos von Einheimischen, sondern auch von Durchreisenden.

Der VW-Abgasskandal beschäftigt bereits seit Jahren die Gerichte weltweit. Er könnte aber noch viel größere Ausmaße haben als bis vor Kurzem angenommen. Denn die Abgasreinigung schaltet sich ab, wenn das betreffende Auto auf mehr als 1.000 Meter Seehöhe unterwegs ist – mehr dazu in Abgasskandal: Bis zu 1,6 Mio. Diesel-Pkws betroffen. Das ist ein Problem, das vor allem für Tirol relevant ist, denn hierzulande liegen 97 Orte über dieser Meereshöhe, österreichweit sind es 136 Ortschaften.

Betroffener: „Ich habe ein schlechtes Gewissen“

Norbert Ruetz lebt in Grins (Bezirk Landeck) auf über 1.000 Meter Seehöhe. Bei jeder Fahrt zu sich nach Hause schaltet das Familienauto die Abgasreinigung ab, und giftiges Stickoxid wird ungefiltert in die Luft geschleudert. Geregelt wird das durch ein „Thermofenster“, das vom Hersteller ohne sein Wissen eingebaut wurde.

„Ich habe so ein schlechtes Gewissen, wenn ich mit dem Auto irgendwohin fahre – durch Dörfer mit Kindern. Dann denke ich mir, ich bin so ein Dreckblaser. Das kann ja nicht sein. Und ich muss dafür Geld bezahlen“, sagt der Betroffene im Gespräch mit dem ORF Tirol.

Zulassungen in Deutschland entzogen

Laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes sind diese Thermofenster nur in Ausnahmen und unter sehr strengen Bedingungen erlaubt. Die Höhengrenze von 1.000 Metern gehört laut Fachleuten nicht dazu. Ein Gericht in Deutschland entzog daraufhin ersten Autos die Zulassung, rechtskräftig ist diese Entscheidung nicht. Gegenüber dem ORF heißt es vom Volkswagen-Konzern, das automatische Abschalten der Abgasreinigung würde den Motor schonen und sei rechtlich zulässig.

Großer Andrang bei der Mautstelle Schönberg der Brennerautobahn
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Auch die Hauptmautstelle Schönberg an der Brennerautobahn liegt schon oberhalb der 1.000-Höhenmeter-Grenze

Dieses Argument kann der Chefjurist des Vereins für Konsumenteninformation, Thomas Hirmke, nicht nachvollziehen: „Es gibt klare rechtliche Vorgaben von der EU-Seite, es gibt eine Verordnung, die das regelt, und es gibt auch klare Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes, der sagt, es kann nur unter ganz besonderen Ausnahmebedingungen zulässig sein, dass man so ein Thermofenster verbaut. Wir sehen nicht, dass diese Voraussetzungen gegeben wären. Das ist aus unserer Sicht eine Ausrede von VW“, erklärt er.

Nicht nur VW-Modelle betroffen

In Österreich könnten insgesamt 1,6 Millionen Fahrzeuge betroffen sein – auch von anderen Herstellern. Zusätzlich kommen noch Fahrzeuge aus dem Ausland hinzu, die auf der Durchreise sind. Im Transitland Tirol würden sie demnach besonders viele giftige Stickoxide in die Luft blasen.