Josef Geisler LH Stv LR (ÖVP)
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Wolf: Tierschützer wollen LR Geisler anzeigen

Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) wirft Landesräten in Tirol, Salzburg und Kärnten Amtsmissbrauch vor. In Tirol betrifft das Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler (ÖVP). Hintergrund sind die Abschussverordnungen von Wölfen. Europarechtsexperte Walter Obwexer sieht zum aktuellen Zeitpunkt keinen Amtsmissbrauch.

Der VGT kündigte am Donnerstag strafrechtliche Anzeigen gegen jene Landesräte aus Tirol, Salzburg und Kärnten an, die Wolfsverordnungen zum Abschuss der Tiere erlassen hatten – darunter auch Geisler. Die Tierschützer werfen den Zuständigen Amtsmissbrauch und Umweltschädigung vor. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hatte im Juni festgestellt, dass anerkannte Umweltorganisationen die Überprüfung und Aufhebung solcher Verordnungen bei Behörden beantragen können.

Geisler ist rechtlicher Grenzgang bewusst

Der Rechtsweg stehe jeder Bürgerin und jedem Bürger stets frei. „Die unabhängige Justiz prüft eingebrachte Sachverhalte, und ich habe vollstes Vertrauen in sie“, teilte Geisler dem ORF Tirol mit. Die Sicherheit der Menschen in Tirol und der Schutz der Tiroler Alm- und Kulturlandschaft habe oberste Priorität. „Uns ist bewusst, dass wir mit der Novelle des Tiroler Jagdgesetzes einen rechtlichen Grenzgang manövrieren und das rechtlich Mögliche ausschöpfen – daraus wurde nie ein Geheimnis gemacht.“

Es gebe klare Definitionen, was ein Risiko- und ein Schadwolf ist, so Geisler. Alle Tiroler Almen seien nach einem Kriterienkatalog als Alpschutzgebiete ausgewiesen. Hier sei Herdenschutz nicht zumutbar, verhältnismäßig oder machbar. Dort bleibe nichts übrig außer der Abschuss von Wölfen, die erheblichen Schaden anrichten würden. „Nach unseren rechtlichen Einschätzungen wird damit auch EU-Vorgaben wie Einzelfallbeurteilung und Alternativenprüfung Rechnung getragen“, so der Landeshauptmann-Stellvertreter. Geisler fordert weiterhin die Senkung des Schutzstatus des Wolfes.

Europarechtsexperte sieht vorerst keinen Amtsmissbrauch

„Ich glaube nicht, dass es mit Amtsmissbrauch brenzlig wird“, sagt Walter Obwexer von der Universität Innsbruck im ORF-Tirol-Interview. Inhaltlich sieht er keine EU-rechtswidrige Vorgehensweise. „Wenn eine Rechtswidrigkeit besteht, dann nur in der Frage des Rechtsschutzes“, erklärt Obwexer.

Das bedeute, dass Umweltorganisationen nach Unionsrecht zwar einen Rechtsschutz vor Gericht gegen derartige Maßnahmen haben müssten. Aber es sei nicht gesagt, ob in Österreich nicht der Verfassungsgerichtshof (VfGH) seine Judikatur, die bislang gelte, ändert und in diesen Fallkonstellationen auch Rechtsschutz gegen Verordnungen gewähren würde.

Daraus würde folgen, dass die Umweltorganisation zunächst einmal diesen Rechtsweg beschreiten müsste, damit in Österreich eindeutig geklärt werde, ob es einen Rechtsschutz gegen Verordnungen in Umweltangelegenheiten gibt oder nicht. „Erst wenn der VfGH entscheiden sollte, dass es gegen derartige Verordnungen tatsächlich in Österreich keinen Rechtsschutz gibt, erst dann könnte man daran denken, mit dem Amtsmissbrauch zu operieren, aber vorher aus meiner Sicht nicht“, so Obwexer.

NGOs: Verordnungen nicht rechtskonform

Hintergrund der Anzeige ist eine Entscheidung des VwGH in einer anderen Sache in Niederösterreich. Konkret ging es um die niederösterreichische Fischotterverordnung. Demnach müssten anerkannte Umweltschutz-NGOs grundsätzlich bereits an Behördenverfahren, in denen Normen des EU-Umweltrechts betroffen sind, beteiligt werden. Geregelt ist das in der Aarhus-Konvention – mehr dazu in Fischotter rückt Wolf ins Zentrum.

Zudem müssten österreichische Behörden und Gerichte für einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz sorgen. Umweltschutzorganisationen fordern eine vollständige, rechtskonforme Umsetzung der Aarhus-Konvention in den Bundesländern, Verordnungen zur Tötung von Wolf und Co. seien nicht rechtskonform, heißt es.

ÖVP: Menschenleben an oberster Stelle

ÖVP-Klubobmann Jakob Wolf sprach von „absurden Vorstellungen“ der heimischen Tierschützerinnen und Tierschützer. „Präventivhaft dafür zu fordern, dass jemand seinen Job als Politiker gut macht und sowohl Menschen als auch Alm- und Landwirtschaft schützt, ist absurd, lebensfremd und für mich absolut nicht nachvollziehbar“, so Wolf. In Tirol seien derzeit sechs Abschussverordnungen aufrecht.