Oberperfuss Bauprojekt
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Politik

Kritik an Wohnbauprojekt in Oberperfuss

Ein geplantes Wohnbauprojekt mit rund 30 frei finanzierten Wohnungen sorgt in Oberperfuss für heftige politische Reaktionen. Kritik kommt von der Liste Fritz. Aber auch die Bürgermeisterin der Gemeinde zeigt sich nicht glücklich über das Projekt.

Im Ortsteil Huebe in Oberperfuss sind auf rund 4000 Quadratmeter Bauland zwischen 25 und 30 Wohnungen geplant. Der Baugrund war Teil einer aufrechten Landwirtschaft. Der Bauer brauchte dafür die agrarbehördliche Genehmigung, die vor einem Jahr vom Land Tirol erteilt wurde.

Er durfte somit seine Fläche aus dem Hof herauslösen und verkaufte sie schließlich für rund viereinhalb Millionen Euro an einen Bauträger aus Kematen. Zwei Millionen wurden überwiesen, für den Rest bekommt der Landwirt fünf schlüsselfertige Wohnungen.

Fehlender Bedarf

Andrea Haselwanter-Schneider kritisiert nicht, dass, sondern was gebaut wird. Mit einem Knopfdruck wirft das Internet laut ihr bereits zehn frei finanzierte Wohnungen in Oberperfuss aus. Es gebe deshalb keinen Bedarf an weiteren Wohnungen dieser Art: „Es braucht leistbaren Wohnraum für die Bevölkerung“, so die Parteichefin.

Derzeit liegt der Bebauungsplan bei der Gemeinde auf. Das ist jener Plan, der regelt, wie das Grundstück bebaut werden darf und den die Gemeinde verordnen muss. Ohne Bebauungsplan gibt es keine Baugenehmigung. Bürgerinnen und Bürger dürfen derzeit Stellungnahmen dazu abgeben.

Bürgermeisterin seien die Hände gebunden

Johanna Obojes-Rubatscher, die Bürgermeisterin von Oberperfuss, sei nicht glücklich mit dem großen Bauvorhaben. Man sei überrascht gewesen, dass jemand 4000 Quadratmeter auf einmal verkauft. Der kleine Ort befinde sich, was die Infrastruktur betrifft, am Anschlag. „Ich habe dem Bauträger auf unsere Situation hingewiesen. Nämlich dass wir, wenn jetzt Familien kommen, die Kindergarten- Betreuungs- und Schulplätze brauchen, auch bald am Limit sein werden“, so Obojes-Rubatscher.

Bürgermeisterin Oberperfuss. Frau in grüner Jacke an Schreibtisch.
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Johanna Obojes-Rubatscher, Bürgermeisterin von Oberperfuss

Laut der Bürgermeisterin sind ihr die Hände gebunden. Der Käufer habe ein Recht auf einen Bebauungsplan. Dem widerspricht Haselwanter-Schneider. Absatz 33 des Tiroler Raumordnungsgesetzes sieht nämlich vor, dass die Gemeinde vertraglich sehr wohl Bedingungen stellen kann, wenn sie einen Bebauungsplan genehmigen soll: „Es hat keine Gesetzesänderung gegeben in der Zwischenzeit. Die Gemeinde kann sehr wohl vorschreiben: Was wollen wir in der Gemeinde haben? Was stellen wir uns vor? Was holen wir für unsere Bevölkerung heraus?“, so Haselwanter-Schneider und fährt fort: „Da hätte die Gemeinde sagen müssen: Wir genehmigen diesen Bebauungsplan unter der Voraussetzung, dass wir so und so viele Wohnungen gefördert bekommen für die Bevölkerung.“

Mehrere Gemeinden mit strengen Richtlinien

Seit genau einem Jahr greifen die Gemeinden des Mittelgebirges Mutters, Natters, Götzens, Birgitz, Grinzens und Axams auf diesen Teil des Raumordnungsgesetzes zurück. Axams hatte beispielsweise in den letzten Jahren einen enormen Bevölkerungszuwachs zu verzeichnen. Die Infrastruktur kommt dem nicht mehr nach, sagt Bürgermeister Thomas Suitner: „Ab 150 Quadratmeter Nutzfläche bei Bauvorhaben oder 500 Quadratmeter Bauplatzgröße braucht es einen Bebauungsplan. Und den gibt es bei uns nur mehr, wenn ein Eigenbedarf nachgewiesen werden kann.“

Bürgermeister Axams
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Thomas Suitner, Bürgermeister von Axams

Sei das nicht der Fall, könne das Bauvorhaben abgelehnt werden beziehungsweise wird kein Bebauungsplan erlassen. In Axams klopfen seitdem keine gewerblichen Bauträger mehr an. In allen sechs Gemeinden gelten seit Juli 2022 die ähnlichen Vorgaben.

Strengere Vorgehensweise in Zukunft in Oberperfuss

Eine solche Vorgehensweise kann sich in Zukunft auch die Oberperfer Bürgermeisterin Johanna Obojes-Rubatscher vorstellen. Für das jetzige Projekt werden nun die Stellungnahmen zum Bebauungsplan geprüft.

Haselwanter-Schneider kann sich kaum vorstellen, dass dieser Bebauungsplan genehmigt werden kann. Es fehle das öffentliche Interesse und ein Nutzen für die Einwohnerinnen und Einwohner.