Gipfelkreuz
Hubert Gogl
Hubert Gogl
Gesellschaft

Kritik an Gipfelkreuzaussagen des ÖAV

Nach der in Südtirol aufgeflammten Diskussion über Gipfelkreuze wird das Thema auch in Tirol heftig debattiert. Der Österreichische Alpenverein (ÖAV) vertritt die Ansicht, dass keine neuen Kreuze aufgestellt werden sollen. In der ÖVP und FPÖ sieht man diese Sicht des Alpenvereins kritisch.

Aufgekocht ist die Debatte in Südtirol, wo der italienische Alpenverein Gipfelkreuze als nicht mehr zeitgemäße religiöse Symbole auf dem Berg bezeichnete.

Keine neuen Kreuze mehr aufstellen

ÖAV-Präsident Andreas Ermacora erklärte im ORF-Tirol-Interview, man habe eine ähnliche Meinung wie die Italiener. Man solle keine neuen Gipfelkreuze mehr aufstellen. Das habe aber weniger religiöse Gründe, so Ermacora.

„Der Alpenverein hat ja schon vor 100 Jahren beschlossen, keine neuen Wege und Hütten mehr zu bauen. Die Alpen sind erschlossen. In der Satzung wird die Erhaltung der Ursprünglichkeit und Schönheit der Bergwelt genannt. Deshalb hat der damalige Hauptausschuss schon in den 1980er und 1990er Jahren beschlossen, keine neuen Gipfelkreuze mehr aufzustellen. Es gibt genug. Die Gipfelkreuze sind ein Kulturgut. Jeder hat eine andere Beziehung dazu. Der religiöse Hintergrund steht bei uns aber an zweiter oder dritter Stelle.“

Von den Alpenvereinssektionen wurden keine Gipfelkreuze mehr aufgestellt. Er könne sich erinnern, dass es zwei Anträge für neue Kreuze auf Bergen, die dem Alpenverein gehören, gegeben habe. Man habe das aber abgelehnt.

Großer Arbeitsaufwand beim Aufstellen

Die Errichtung eines Gipfelkreuzes sei ein großer Aufwand. „Zunächst muss es im Tal hergestellt und dann hinaufgetragen werden. Teilweise muss es auch mit einem Hubschrauber geflogen werden, weil so ein Kreuz ja wahnsinnig viel wiegt. Dann muss es fachgerecht montiert werden, damit es bei Witterungseinflüssen nicht umfällt. Es hat aber auch schon Fälle gegeben, wo jemand darauf herumgeturnt ist, dann darf es auch nicht umstürzen und jemanden verletzen“, so der Jurist Ermacora. Es komme also auch die Haftungsfrage dazu.

Andreas Ermacora
Alpenverein
Alpenvereinspräsident Andreas Ermacora will keine neuen Gipfelkreuze mehr aufstellen

Viel Symbolik bei Bergkreuz

Ein Gipfelkreuz diene auf dem Berg auch der Orientierung. Man sehe es und freue sich auf den Gipfel. Dann gebe es auch noch die Gipfelbücher bei den Kreuzen, in die man sich nach dem geschafften Aufstieg eintragen kann.

Aber braucht es auf jedem Berg ein Gipfelkreuz? „In den West- und Ostalpen haben wir rund 4.000 Gipfelkreuze. Wir sind aber nicht dafür, dass auf jeder Erhebung ein Kreuz steht. Es gibt ja auch Steinmandln oder tibetische Gebetsfahnen, die auch zur Orientierung dienen können“, sagte der Alpenvereinspräsident.

Alte Kreuze bleiben auf dem Berg

Ermacora weiter: „Die bestehenden Gipfelkreuze sollen natürlich bleiben. Und wenn ein altes Kreuz morsch geworden ist, wird man es austauschen. Neue brauchen wir aber nicht mehr.“ Wer ein Gipfelkreuz errichten will, muss den Eigentümer des Berges erst fragen. Das können die Republik Österreich, die Bundesforste oder der Alpenverein sein.

Erneuert werden die Kreuze dann entweder von Sektionen des Alpenvereins, der Bergrettung oder der Jungbauern oder auch von Gemeinden. „Das ist dann oft ein großer Auflauf, wenn der Pfarrer dort hinauf marschiert und es ein Fest mit einer Bergmesse gibt. Das hat schon Tradition. Daran sieht man auch die Verbundenheit des Menschen im Tal mit dem Berg oben.“

Kritische Reaktionen aus der ÖVP

Aus der ÖVP gab es am Mittwoch kritische Reaktionen zu den Aussagen des Alpenvereins. ÖVP-Klubobmann Jakob Wolf nannte Gipfelkreuze „Teil unserer Tiroler Identität“. Sie seien nicht nur Orientierungspunkte und Symbol für den Gipfelsieg, sondern repräsentierten auch Tradition und Glaube. „Ich bin deshalb klar gegen ein Verbot für das Aufstellen von neuen Gipfelkreuzen, denn durch diese Symbolik wird unsere Identität und Verbundenheit mit den Bergen manifestiert. Ein derartiges Verbot würde für mich einem Bruch unserer alpinen Traditionen gleichkommen“, so Wolf.

Von dem aus Osttirol stammenden Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) hieß es unter anderem, Gipfelkreuze seien aus dem alpinen Landschaftsbild nicht mehr wegzudenken. Sie seien ein Zeichen der Dankbarkeit, der Spiritualität und sportlich gesehen ein Zeichen, dass man sein Ziel erreicht habe. „Die Gipfelkreuze gehören zu unseren Bergen, und dort sollen sie auch bleiben“, so Totschnig.

Für Walser Angriff auf Tiroler Kultur

Kein Verständnis zeigt Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Walser (ÖVP) für die Aussagen von ÖAV-Präsident Ermacora zum Thema Gipfelkreuze. „Dies ist ein völlig unnötiger Angriff auf die Tiroler Kultur und zugleich auch tourismusschädigend“, so Walser. Die Gipfelkreuze seien für viele Gäste untrennbar mit Bergerlebnissen verbunden und gehören daher zum Höhepunkt zahlreicher Wanderungen und damit zum Urlaub in Tirol.

Ähnliche ÖVP-Aussagen in Salzburg

Auch in Salzburg kamen aus der ÖVP ähnliche Stimmen: Er habe keinerlei Verständnis für Leute, die neuerdings den Sinn von Gipfelkreuzen in den Alpen infrage stellen, sagte der Salzburger Landtagsabgeordnete und stellvertretende ÖVP-Klubobmann Josef Schöchl. Für die Volkspartei bundesweit seien Kreuze auf den Bergen sehr wohl zeitgemäß – mehr dazu in ÖVP vehement für Erhaltung der Gipfelkreuze.

Abwerzger: Fragwürdige Zurufe von Ermacora

Auch vom Tiroler FPÖ-Obmann Markus Abwerzger gab es Kritik am Alpenverein. Ob es weitere Gipfelkreuze brauche, wollte Abwerzger zwar nicht kommentieren, aber viele Vereine wollen laut Abwerzger auf den Gipfeln ein Zeichen setzen bzw. ihrer verstorbenen Mitglieder gedenken, das müsse auch in Zukunft möglich sein, „auch ohne die fragwürdigen Zurufe des Präsidenten des Alpenvereins“. Gipfelkreuze dürften nicht politisch instrumentalisiert werden, sie seien ein Zeichen für das christliche Erbe Tirols und daher Teil der Identität des Landes.