Tiroler Bergstraßen gelten durch ihre kurvenreichen Strecken als Paradies für Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer. Hier kommt es aber auch zu überdurchschnittlich vielen Motorradunfällen.
Im Jahr 2018 kamen 15 Motorradlenkerinnen und -lenker auf Tirols Straßen ums Leben, im österreichweiten Vergleich ist dies mehr als der Durchschnitt, so das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) in einer Aussendung. Vor allem das Kurvenschneiden – also das enge Durchfahren einer Kurve – hätte sich als eine der häufigsten Unfallursachen bei Motorradunfällen herausgestellt.
Bodenmarkierungen als wirksame Maßnahme
Im Rahmen eines Pilotprojekts im Jahr 2019 wurden auf Basis der amtlichen Verkehrsunfallstatistik rund 60 gefährliche Stellen mit erhöhten Motorrad-Unfallzahlen identifiziert. Der größte Teil davon waren Kurven entlang der typischen Motorradrouten. Diese Unfallstellen wurden dann vor allem durch das Anbringen von Bodenmarkierungen entschärft. Diese sollten den Lenkerinnen und Lenkern die ideale Fahrlinie für eine sichere Kurvenfahrt anzeigen.
„Ergebnisse einer Reihe von Studien haben gezeigt, dass wir mit den Bodenmarkierungen die Fahrlinien der Motorradfahrerinnen und -fahrer derart beeinflussen können, dass diese in Linkskurven ausreichenden Abstand vom Gegenverkehr halten,“ erklärte Gottfried Reremoser, stellvertretender Leiter der Abteilung Verkehrsrecht beim Land Tirol in einer Aussendung.
Vier von fünf Unfällen konnten verhindert werden
Eine erste Evaluierung des Projekts im Jahr 2021 ergab, dass die Zahl der Motorradunfälle an den ausgewählten Stellen im Vergleich zum Zeitraum 2012 bis 2018 bereits um 80 Prozent abgenommen hat; sogar unter Berücksichtigung der geringeren Fahrleistung durch Corona.
„Man kann wirksam gegen das gefährliche – teils aber sicher auch unbeabsichtigte – Kurvenschneiden von Motorradfahrern vorgehen und damit Menschenleben retten. Bodenmarkierungen haben sich dabei als einfache, kostengünstige und wirksame Maßnahme etabliert“, meint Martin Pfanner vom KFV.
Maßnahme wirkt sofort
Das KFV wurde vom Land mit dem Pilotprojekt beauftragt. Finanziert wurde es aus Mitteln des Verkehrssicherheitsfonds. Verkehrslandesrat René Zumtobel (SPÖ) betonte, dass es angesichts der überdurchschnittlich hohen Anzahl an verletzten und getöteten Motorradfahrerinnen und -fahrern wichtig sei, "konkrete Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit zu treffen, die verhältnismäßig einfach umgesetzt werden können und vor allem sofortige Wirkung zeigen.“
Projekt wird ausgeweitet
Aufgrund der hohen Wirksamkeit dieser Maßnahmen wird das Projekt nun ausgeweitet. Neben der Erneuerung abgenutzter Markierungen konnten weitere 15 Unfallstellen in Tirol – darunter beispielsweise je zwei Stellen auf der Ötztalstraße, Bschlaber Straße und der Kaunertal Straße – identifiziert und zum Teil sofort mit Bodenmarkierungen entschärft werden.
Appell an die Eigenverantwortung
Trotz der Umsetzung dieser Sofortmaßnahmen, appelliert das Kuratorium für Verkehrssicherheit an die Eigenverantwortung der Motorradfahrerinnen und -fahrer. Bei durchschnittlich 40 Prozent der Motorradunfälle handle es sich um Alleinunfälle, die vor allem durch unangepasste Geschwindigkeit, Selbstüberschätzung und Fahrfehler verursacht werden, heißt es. Durch das richtige Fahrverhalten im Straßenverkehr könnten diese Unfälle verhindert und deren Folgen durch das Tragen ausreichender Schutzausrüstung minimiert werden.
Das KFV erinnert auch daran, dass es wichtig ist, in einer Kurve nicht zu früh einzulenken und den Scheitelpunkt eher zum Kurvenausgang zu verlegen. Da das spätere Einlenken allerdings nicht der instinktiven Fahrweise entspreche, müsse es bewusst trainiert und unter professioneller Anleitung geübt werden.