Prothese der Hauptschlagader
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Wissenschaft

Erste Aorta-Prothese in Österreich eingesetzt

Anfang Mai ist in Innsbruck erstmals in Österreich einem Patienten erfolgreich eine Hauptschlagader-Prothese eingesetzt worden. Die Prothese „Thoracoflo“ wurde bei der schonenderen Operationsmethode über den Bauchraum eingesetzt. International sei die Prothese einzigartig, teilten die tirol kliniken mit.

Durch diese schonende Operationsmethode könnten sowohl Risiken für Komplikationen als auch Nachwirkungen von Operationen für Patienten deutlich reduziert werden, hieß es am Montag bei einer Pressekonferenz der tirol kliniken.

Risiko für Patienten wird deutlich gesenkt

Bislang mussten Brust und Bauch geöffnet werden. Es kam auch eine Herz-Lungen-Maschine zum Einsatz. Nun könne nur über den Bauchraum operiert werden. Das senke die Risiken für die Patienten beträchtlich. Gerade die Lungen seien nach Eingriffen bisher stark belastet gewesen.

Patienten würden sich nun etwa intensive Atemtherapien und viele Schmerzmittel ersparen, beschrieb Anästhesist und Intensivmediziner Dieter Wally. Auch das Risiko von Embolien, Blutungen oder eine drohende Querschnittslähmung könne verringert werden.

Thoracoflo
tirol kliniken/Sabine Wipper
40 Zentimeter lange Prothese aus Kunststoff mit mehreren Ästen

Prothese als letzter Rettungsanker

Zum Einsatz komme die Prothese bei bereits mehrfach operierten Patienten, bei denen die Hauptschlagader so geschädigt sei, dass keine Verbesserungen mehr erzielt werden konnten. Sie sei ein letzter Rettungsanker, hieß es.

Die Prothesen aus Kunststoff seien rund 40 Zentimeter lang und mit mehreren Ästen ausgestattet, die an die einzelnen Bauchorgane angenäht würden. Jede einzelne Prothese werde maßgeschneidert für den jeweiligen Patienten angefertigt. Da die Herstellung in Schottland sechs Wochen benötige, sei die Methode nicht für Notfälle geeignet, berichtete Gefäßchirurgin Sabine Wipper.

Sabine Wipper
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Gefäßchirurgin Sabine Wipper

Vier Chirurgen arbeiten bei Operation zugleich

Die Operation selbst beschrieben die Mediziner als alles andere als Routine. Vor dem Eingriff würde eine umfassende Besprechung im Team stattfinden, im OP seien dann mehrere Chirurgen beteiligt. Vier würden gleichzeitig am Tisch arbeiten. „Jeder muss wissen, wo er steht, es braucht klare Kommandos und einen Plan B für etwaige Komplikationen“, sagte Herzchirurgin Julia Dumfarth. Wipper sprach vom „mit Sicherheit komplexesten gefäßchirurgischen Eingriff, den es gibt“.

Julia Dumfarth
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Herzchirurgin Julia Dumfarth

Keine internationale Konkurrenz für Prothese

Seit 2010 sei an der Prothese geforscht worden, 2021 sei dann erstmals ein Patient mit der neuen Operationsmethode behandelt worden, berichtete Gefäßchirurgin Sabine Wipper. Mittlerweile habe sie international bereits 14 Mal entsprechend operiert. Für die 34.000 Euro teure Prothese gebe es international keine Konkurrenz, so Wipper. Das liege auch an der zehn Jahre langen Entwicklungszeit. Rechne man alle Kosten zusammen, sei das Verfahren mit herkömmlichen Operationsmethoden vergleichbar.

Zum Einsatz kommen wird die Prothese in Innsbruck bei geschätzt fünf bis zehn Patienten aus ganz Österreich pro Jahr. Dem in Innsbruck operierten 46-Jährigen geht es indes bereits wieder gut, er ist in einer Reha-Anstalt.