Eineinhalb Milliarden Hektar an nutzbarer Ackerfläche gibt es auf unserer Erde und fast acht Milliarden Menschen. Würde man die Fläche unter allen Menschen gerecht aufteilen, hätte jeder ungefähr 2.000 Quadratmeter zur Verfügung, um Lebensmittel und noch viel mehr anzubauen, was er konsumiert. Zum Vergleich: Auf 2.000 Quadratmeter könnte man auch etwa 200 Autos eng parken oder 33 Wohnungen mit jeweils 60 Quadratmeter einrichten.
Auf dem „Weltacker“ im Stadtteil Reichenau mitten in Innsbruck werden im Rahmen eines Projekts die wichtigsten Ackerkulturen dieser Welt im gleichen Verhältnis angebaut, wie sie auf den Feldern weltweit wachsen: Lebensmittel, Tierfutter und zahlreiche natürliche Rohstoffe.
Fast jedes Konsumgut kommt vom Acker
„Fast jedes Konsumgut, das wir essen oder nutzen, kommt in irgendeiner Form vom Acker und braucht dort seinen Platz“, sagte Claudia Sacher, eine der Initiatorinnen des Projekts. Biokraftstoff kann zum Beispiel aus Ölpflanzen, Getreide oder Zuckerrüben gewonnen werden, Bioplastik aus Mais, Zuckerrohr oder Zellulose.
Nachdem Pflanzen für die Weiterverarbeitung oder den Konsum geerntet wurden, ist die Fläche, auf der sie gewachsen sind, für das Jahr verbraucht, erklärte Sacher. „Die meisten Kulturen können auf der gleichen Fläche erst im nächsten Jahr wieder angebaut werden.“
Wir brauchen zu viel Ackerfläche
Die Weltbevölkerung nimmt stetig zu. Es stünde aber genügend Ackerfläche zur Verfügung, um alle Menschen gut und gesund zu ernähren und zu versorgen, wenn man sie sich gut aufteilen würde, meinten die Initiatoren des Projekts. Das Problem ist allerdings, dass wir über unsere Verhältnisse leben. In Mitteleuropa brauchen wir wegen unseres Konsumverhaltens durchschnittlich die eineinhalbfache bis doppelte Ackerfläche, die uns zustehen würde. Wir nutzen also die Fläche von anderen Menschen mit.
Das liegt unter anderem daran, dass bei uns viel Fleisch gegessen wird. Beispielsweise verbraucht eine Portion Spaghetti Bolognese doppelt so viel Ackerfläche wie die gleich große Portion Spaghetti mit Gemüse-Tomatensauce. Denn für die Produktion von Fleisch braucht es viel Platz. Weltweit werden etwa ein Drittel der Anbauflächen für Futtermittel verwendet.
Die globale Getreideernte von 2,5 Milliarden Tonnen wurde 2016 nur zu 43 Prozent als Lebensmittel verwendet. Über 30 Prozent wird zu Tierfutter, fast 20 Prozent gehen in die Treibstoff- und Energieproduktion. Nur Reis dient noch immer zu 90 Prozent der menschlichen Ernährung.
Tierfutter verbraucht viel Platz
Getreide (vor allem Weizen, Reis, Mais und Gerste) nimmt mit Abstand die größte Anbaufläche in Anspruch (fast 50 Prozent). Wir essen aber nur die Hälfte davon, den Rest verfüttern wir den Tieren oder produzieren Energie damit.
Soja wird auch mehrheitlich für Tierfutter verwendet und auf acht Prozent der weltweiten Ackerfläche angebaut – Tendenz steigend; die Soja-Produktion hat in den vergangenen Jahrzehnten massiv zugenommen, allein in der EU hat sich die Sojaanbaufläche in den vergangenen zehn Jahren auf fast eine Mio. Hektar verdreifacht.
Das Konsumverhalten eines jeden Einzelnen spielt also eine große Rolle. Durch bewussten Konsum und kleine Umstellungen könne jede und jeder seinen persönlichen Ackerverbrauch verringern, sagten die Initiatoren des „Weltackers“. Das könne sowohl beim Essen, bei der Kleidung, als auch bei der Mobilität sein.
Lebensmittelverschwendung
Vieles von dem, was am Acker angebaut wird, steht uns nicht zum Essen zur Verfügung, weil es verschwendet wird. In Österreich landen jährlich rund eine Million Tonnen genießbarer Lebensmittel im Müll, die Hälfte davon im Haushalt. „Das Projekt möchte auch dafür sensibilisieren, dass wir sparsam mit unseren Ressourcen umgehen sollten. Jede und jeder kann etwas dazu beitragen“, erklärte Peter Resch, Mitinitiator des Weltackers in Innsbruck.
Internationales Bildungsprojekt
Das Projekt „Weltacker“ wurde in Deutschland entwickelt und bereits in Ländern wie der Schweiz, Frankreich oder Kenia umgesetzt. In Innsbruck entstand es 2022 im Rahmen eines Bildungsprojekts und wird von der Genossenschaft feld:schafft betrieben. Seitdem wird eng mit Schulen zusammengearbeitet. Der Acker ist öffentlich zugänglich und wird größtenteils von Freiwilligen betrieben.