Thomas Larcher
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Komponist: „Social Media bedroht Kultur“

Der in Tirol geborene, international tätige und gespielte Komponist, Pianist und Veranstalter Thomas Larcher betrachtet die sozialen Netzwerke als unmittelbare Bedrohung für Kulturräume und den Bildungsstand der Bevölkerung, wie er im APA-Interview sagte.

Es sei augenscheinlich, dass aufgrund von Apps wie etwa Instagram oder TikTok „die Musik zunehmend in den virtuellen Raum wandert“ und diese Netzwerke außerdem „Werkzeuge der Bildungserosion sind“, sagte Larcher im APA-Interview.

Publikum fehle Wissen und Aufmerksamkeit

Dadurch ergebe sich für Profimusikerinnen und -musiker im klassischen Bereich ein ganz grundlegendes Problem: „Die Streichquartette, die im Moment so gut sind wie noch nie zuvor, kämpfen dennoch ums Überleben“. Die Gagen in diesem Segment seien nämlich deutlich zu niedrig, und das Publikum wolle sich immer weniger mit komplexen Werken auseinandersetzen, zeichnete Larcher ein düsteres Bild der Musikgegenwart.

Denn „das Wissen des Musikpublikums fehlt oft zunehmend“ und aufgrund der übermäßigen Beschäftigung mit sozialen Netzwerken habe sich auch „die Wahrnehmung verändert und die Aufmerksamkeitsspanne verringert“, diagnostizierte der Komponist, dessen neues Festival „listening closely“ vom 17. bis 21. Mai in Wattens und Innsbruck stattfindet. Dazu komme noch „das Diktat des Kapitalismus“, bei dem es ausschließlich um die „Verwertung und Verwertbarkeit von Musik geht“, strich er heraus.

Cello
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Um diesen Tendenzen entgegen zu wirken, müsse man an mehrere Hebeln ansetzen, erklärte der Musiker mit Tiroler Wurzeln. „Es braucht Kulturräume und Orte, an denen das genaue Zuhören und das Sich-Versenken wieder möglichst ist“. Der Immaterialität der Musik im Internet müsse man „etwas Haptisches und etwas akustisch Spürbares“ entgegensetzen, so Larcher, der im September seinen 60. Geburtstag feiert. Auch sei die reale Begegnung mit den Musikerinnen und Musiker enorm wichtig.

Musikschulen sollen Menschen inspirieren

Auch die Musikschulen des Landes gelte es, in diese Überlegungen einzubinden: „Meiner Ansicht nach muss es darum gehen, den jungen Leuten nicht nur niederschwellig Musik zu vermitteln, sondern ihnen auch den Weg zum Weitermusizieren im Erwachsenenalter zu ebnen.“ Diesen jungen Menschen bräuchten dafür beispielsweise „Impulse von berühmten Musikern.“

Letzteres versuche er auch mit seinem neuen Festival, das der jahrelangen Swarovski-Kooperation „Musik im Riesen“ nachfolgt. „Wir haben etwa den führenden Jazzgitarristen der Gegenwart, Wolfgang Muthspiel, zu einer ‚Masterclass‘ in die Musikschule Wattens eingeladen“, führte Larcher aus. Außerdem wolle man beim Festival der Begegnung viel Raum lassen: „Wir sehen uns in kammermusikalischer Tradition und wollen auch Begegnungen und Austausch forcieren“.

Musikalisch sei man breit aufgestellt und wolle kein „Nischenfestival“ sein: „Es geht von Barock über klassische Musik bis hin zu Zeitgenössischem und Jazz.“ Darüber hinaus wolle man auch junge Ausnahmetalente vorstellen, wie beispielsweise die Tiroler Cellistin Valerie Fritz, gab Larcher Einblick in das Programm. Auch ein Streichquartett steht auf dem Spielplan. „Das Simply Quartet aus Wien beehrt uns“, hielt er fest.