Anton Mattle
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Politik

Sechs Monate Regierung – Bilanz von Mattle

Seit 25. Oktober 2022 ist die schwarz-rote Tiroler Landesregierung im Amt. Sechs Monate hatten die acht Regierungsmitglieder Zeit, um Wahlkampfthemen umzusetzen. LH Anton Mattle (ÖVP) kritisiert die Erwartungshaltung an die Landesregierung, schnell Lösungen vorzuweisen.

Anton Mattle ist Landeshauptmann und Landesrat für Finanzen, Gemeinden, Personal, Kultur, Europa und Ehrenamt. Mit ihm beginnt der ORF Tirol die Bilanz der bisherigen Regierungsarbeit der Tiroler Landesrätinnen und Landesräte.

ORF Tirol: Sie haben bei Ihrem Antritt einen neuen politischen Stil proklamiert. Es gibt Nachwehen rund um die Besetzung des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes. Richter haben Beschwerde angekündigt, die Bestellung sei parteipolitisch motiviert. Weiters steht die Nachbesetzung an der Spitze des gemeinnützigen Wohnbauträgers Neue Heimat an, für den sich der ehemalige Landesrat Johannes Tratter (ÖVP) beworben hat. Gehört das auch zum neuen Stil?

Anton Mattle: Prinzipiell tun mir Mitarbeiter leid, wenn sie vor Abschluss eines Verfahrens öffentlich an den Pranger gestellt werden. Bei Klaus Wallnöfer, der auch aus dem Hearing als der Beste herausgegangen ist, verstehe ich diese Aufregung jetzt nicht. Wenn ein qualifizierter Jurist auch Präsident des Landesverwaltungsgerichtes wird, ist das eine sehr gute Entscheidung. Wenn das jetzt einige Mitbewerber etwas kritisch sehen, dann mag das so sein. Das ändert aber nichts an der Qualifikation. Zu Johannes Tratter möchte ich sagen, er muss sich im Hearing erst bewähren. Ich gehe davon aus, dass er das aufgrund seiner Vorgeschichte auch sehr gut machen wird.

ORF Tirol: Im Wahlkampf haben Sie angekündigt, den Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung in Tirol durchzusetzen. Bis auf zaghafte Schritte, wie die Ankündigung einer Bedarfserhebung, ist nichts passiert. Was wird daraus?

Anton Mattle: Der Wunsch nach Geschwindigkeit in der Gesellschaft ist durchaus da. Solche Schritte müssen aber auch immer gut vorbereitet, Strukturen geschaffen und die notwendigen MitarbeiterInnen ausgebildet werden. Das sind keine Dinge, die man innerhalb eines halben Jahres erledigen kann. Ich gehe davon aus, dass im Herbst erste Gruppen beginnen können, aber ein flächendeckender Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ist auch in zwei Jahren nicht umzusetzen. Strukturen müssen auch ausgemistet werden, damit das Modell finanzierbar ist. Unter anderem sollen Betreuungspersonen in einer Gruppe auch zwei bis drei Kinder mehr als bisher betreuen.

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Anton Mattle ist seit 25. Oktober Landeshauptmann und folgte in dieser Funktion Günther Platter (ÖVP) nach

ORF Tirol: Was auf der politischen Agenda soll in den nächsten 100 Tagen umgesetzt werden?

Anton Mattle: Wir haben aktuell mit dem erweiterten Heizkosten- und Wohnkostenzuschuss das Paket gegen die Teuerungen, das 2023/24 zum Tragen kommen wird. Wenn sich demnächst die Preise auf dem Energiemarkt nicht entspannen, möchten wir kurzfristig Menschen entlasten, die sich schwer tun, die Miete oder die Energiekosten zu bezahlen. Es wird auch die Ausweitung eines allfälligen Härtefonds notwendig sein.

ORF Tirol: Was mögen Sie an Ihrem Beruf nicht?

Anton Mattle: Das Schwierige an dem Beruf ist, dass eine ganz, ganz große Erwartungshaltung geschürt wird, in kurzer Zeit Entscheidungen zu treffen. Gute Entscheidungen brauchen eine intensive Auseinandersetzung und die ist nicht in 24 Stunden zu erledigen.

ORF Tirol: Nach der Landtagswahl in Salzburg gehört die FPÖ zu den Wahlgewinnern, und schwarz-blau könnte eine Koalitionsvariante sein. In Niederösterreich wurde die Regierung jüngst aus ÖVP und FPÖ gebildet. Sie hatten für Tirol diese Koalition immer ausgeschlossen. Sprechen Sie auch anderen gegenüber Warnungen aus, sich auf schwarz-blau einzulassen?

Anton Mattle: Generell haben auch in Tirol die Freiheitlichen das Thema Regierungsbeteiligung aufs Tapet gebracht. Mir sind einfach die Ideologie und das Parteiprogramm der FPÖ recht fern. Das habe ich vor der Wahl so angekündigt und deshalb auch nach der Wahl gut halten können. In diesem halben Jahr habe ich gelernt, dass Bundesländer unterschiedlich aufgestellt sind. Deswegen gibt es von mir in Richtung Kolleginnen und Kollegen keine Hinweise. Da halte ich mich zurück, meine Position ist hinlänglich bekannt.

Das Gespräch führte Christiane Knapp, tirol.ORF.at