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Gesundheit

Neue Therapie bei verkalkten Herzklappen

Bisher hat eine Verkalkung der Aortenklappe im Herzen nur operativ behandelt werden können. Ein Forscherteam der Meduni Innsbruck lieferte nun Grundlagen für eine neue Behandlungsmethode. Künftig könnte eine medikamentöse Therapie Abhilfe schaffen.

Die Aortenklappe verhindert bei jedem Herzschlag den Rückstrom von Blut in die linke Herzkammer. Mit fortschreitendem Alter kann es hier zu einer Verkalkung und damit Verengung kommen. Die Diagnose lautet Aortenstenose.

Manchmal sind auch jüngere Patienten und Patientinnen mit einem angeborenen Fehler der Klappe betroffen. Diese wird durch eine Operation oder einen Klappenersatz behoben, bisher gibt es allerdings keine medikamentöse Therapie. Die Aortenstenose gehört zu den häufigsten Todesursachen bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Österreich.

Daten von 300.000 Patienten in Forschung berücksichtigt

Ein Team der Medizinischen Universität Innsbruck lieferte in einer Forschungsarbeit, bei der Daten von 300.000 Patienten berücksichtigt wurden, neue Erkenntnisse über die Entstehung der Verkalkung, über mögliche Risikomarker und für die Entwicklung medikamentöser Therapien. Eines der weltweit renommiertesten Fachjournale in der Herzmedizin, „Circulation“, veröffentlichte nun die Ergebnisse.

Ärzte operieren
MUI/D. Bullock
Neue Erkenntnisse könnten künftig eine Operation am Herzen unnötig machen

Mechanismus zur Virenbekämpfung

"Die neuen Einblicke in den Entstehungsmechanismus der Klappenverkalkung sind bedeutend, um diese Erkrankung frühzeitig erkennen und in Zukunft auch medikamentös behandeln zu können. Das ist aktuell noch nicht möglich“, erklärt Can Gollmann-Tepeköylü von der Univ.-Klinik für Herzchirurgie und Erstautor der Circulation-Publikation.

Can Gollmann-Tepeköylü
MUI/D. Bullock
Can Gollmann-Tepeköylü

Eine große Rolle bei der Entstehung der Aortenstenose spielt ein Rezeptor, der bisher vor allem für seine Aufgabe bei der Virenbekämpfung bekannt war. Der „Toll-Like Rezeptor 3“ (TLR 3) kommt unter anderem auf der Oberfläche von Zellen des Herzens und von Immunzellen vor und hat zur Aufgabe, Viren zu entdecken.

Mechanische Belastung aktiviert Immunsystem

„Allerdings erkennt das menschliche Immunsystem auch körpereigene Schäden und nicht nur Viren, die eindringen“, erklärte Can Gollmann-Tepeköylü. „Durch die hohe mechanische Belastung der Aortenklappe wird das Immunsystem aktiviert und sorgt über eine Entzündungsreaktion für eine Verknöcherung und damit Verstärkung der Aortenklappe. Dieser angeborene Mechanismus wird insbesondere im Alter in Gang gesetzt.“

Ziel der weiteren Forschungsarbeit ist es daher, mit einem Medikament in den Mechanismus rund um den Virenerkenner TLR3 einzugreifen und eine Verkalkung der Aortenklappe zu verhindern. Verschiedenste Wirkstoffkandidaten werden in aktuell laufenden Studien getestet.

Möglicher Risikomarker entdeckt

Voraussetzung für diese Therapieoption ist die frühzeitige Diagnose – auch hier ist das Forscherteam einen entscheidenden Schritt weitergekommen. Durch die Analyse der Daten von rund 300.000 Patienten in Kooperation mit der renommierten kanadischen McGill University entdeckten die Forscher Genvarianten, die ein wichtiger Risikomarker für die Entstehung einer Aortenstenose sein könnten.

Johannes Holfeld
privat
Johannes Holfeld

„Mit Hilfe dieser Varianten, die wir gefunden haben, könnte es möglich werden, frühzeitig zu erkennen, wer ein hohes Risiko für die Entstehung einer Aortenstenose hat“, erklärte der Herzchirurg und Seniorautor Johannes Holfeld. Jeder Zehnte über 80 ist von der Diagnose betroffen, hieß es in der Aussendung der Medizinischen Universität.

Frühzeitige Erkennung entscheidend

„Mit Hilfe dieser Varianten, die wir gefunden haben, könnte es möglich werden, frühzeitig zu erkennen, wer ein hohes Risiko für die Entstehung einer Aortenstenose hat“, berichtete der Herzchirurg und Seniorautor Johannes Holfeld.

Die wissenschaftliche Forschungsarbeit wurde bereits mehrfach von nationalen und internationalen Fachgesellschaften ausgezeichnet. Die Arbeit ist in Kooperation mit dem Tiroler Forschungszentrum VASCAGE entstanden und wurde vom FWF gefördert.