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KULTUR

LH Anton Mattle als Kultur-Vermittler

LH Anton Mattle (ÖVP) ist seit Oktober in Tirol auch für Kunst und Kultur zuständig. Dieses Ressort wünschte sich der kunstinteressierte und leidenschaftlich lesende Regierungschef. Neben den Bereichen Finanzen, Gemeinden und Personal hat der 60-Jährige viele Pläne für die Kultur aber wenig Zeit für die Umsetzung.

Anton Mattle hat ein Faible für zeitgenössische Kunst. Das zeigt sich in den Büroräumen, die vor kurzem mit Werken von Tiroler Künstlerinnen und Künstlern neu bestückt worden sind. Nicht nur Gemälde des Tiroler Lokalmatadors Max Weiler sind nun zu sehen, sondern auch von jungen, noch weniger bekannten Künstlerinnen etwa von Heidi Holleis oder Elisabeth Daxer.

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Elisabeth Daxer
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„Tropengrün im Höttinger Wald“, eine Arbeit von Elisabeth Daxer
Patrick Baumüller
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Vielleicht ist die Arbeit von Patrick Baumüller die Illustration des Büroalltags?
Büro Mattle
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„Die Vogelmutter oder die Unschuldsschnäbel“ von Hans Krenn hängt über dem Schreibtisch von Johanna Berger im Pressebüro.
Büro Mattle
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„Heaven“ von Matt Mullican
Büro Mattle
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Die Kreuzmadonna von Thomas Bayrle im Büro von Magnus Gratl
gonn Mosny
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Die monumentale „Schneelandschaft“ von Gonn Mosny im Besprechungsraum des Landeshauptmanns
Schober
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„Zarathustra X“ von Helmut Schober im Büro des Kulturreferenten

Andreas Hofer wurde ausrangiert

Das früher im Büro der Landeshauptleute gezeigte wertvolle Gemälde des Osttiroler Malers Franz von Defregger, auf dem Andreas Hofer in voller Montur mit Hut und Bart dargestellt ist, wurde ins Depot verbannt. „Andreas Hofer aber auch Michael Gaismair sind prominente Persönlichkeiten, denen man in Tirol an vielen Plätzen begegnet“, erklärt Mattle, „doch mir ging es hier um Reduktion und auch um das Zeitgenössische. Mein Büro ist spartanisch eingerichtet mit zwei abstrakten Gemälden und einem schnörkellosen Schreibtisch.“

Die gezeigten Werke stammen aus den Ankäufen des Landes, doch über dem Schreibtisch hängt ein Werk aus dem Privatbesitz des Ressortleiters. „Mein Lieblingsbild ist von Arthur Salner, der wie ich aus Galtür stammt. Es symbolisiert ein Stück Heimat für mich. Wenn man dieses abstrakte Werk ansieht, hat man das Gefühl, dass der Kubus in den Raum hinein ragt, das ist etwas ganz Spezielles.“

bild von Arthur Salner
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Die Arbeit von Arthur Salner zählt zu Mattles Lieblingsbildern.

Aktuelle Kunst als Zeichen der Zeit

Das Kulturresort habe er sich gewünscht, weil er eine Leidenschaft für Kunst habe. „In der aktuellen Kunst nehme ich auch den Zeitgeist wahr. Das ist auch wichtig, wenn man politisch arbeitet, weil man auch im Sinne der Gegenwart und der Zukunft Entscheidungen treffen muss.“

In dem 2003 eröffneten Alpinarium in Galtür ist der ehemalige Bürgermeister und Elektro-Unternehmer auf den Geschmack gekommen. Das außergewöhnliche Museum wurde damals an einen Lawinendamm gebaut. Mit innovativen Ausstellungen und persönlichen Geschichten versuchte man, die Lawinenkatastrophe mit insgesamt 38 Todesopfern zu verarbeiten.

Anton Mattle ist ein leidenschaftlicher Leser. Auf der täglichen Autofahrt nach Galtür greift er gerne zu anspruchsvoller Literatur, etwa zu den Gedichten von Barbara Hundegger. Derzeit liest er gerade „Der Welt entlang“ von Brita Steinwendtner. Auch für den Radio-Empfang des ORF-Programms von Ö1 in den Tunnels auf der Strecke in seine Heimatgemeinde Galtür hat er sich eingesetzt.

„Sich der Unruhe der Zeit entreißen“

Nun versucht der Vielbeschäftigte, sich in das neue Terrain einzuarbeiten. Er nützt jede freie Minute, um Theateraufführungen oder Ausstellungen zu besuchen. Die Schau von Jean Michelle Basquiat in der Wiener Albertina hat ihn beeindruckt. Auch die Zeichnungen von Maria Lassnig, der Grande Dame der österreichischen Kunst, die er im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum gesehen hat, regen ihn an.

„Es sind diese Stunden des Zeichnens, die mich der Unruhe der Zeit entreißen“, zitiert er Lassnig. „Vielleicht müssen wir alle auch gelegentlich diese Momente suchen, in denen wir uns aus der Unruhe der Zeit entreißen lassen“, sinniert Mattle.

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Büro Mattle
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Ein erstes Kennenlernen mit elf Künstlerinnen aus verschiedenen Sparten am 8. März.
Mattle
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Bei der Eröffnung einer Ausstellung der Tiroler Künstler:innenschaft
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Bei der Eröffnung der Premierentage
Büro Mattle
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Das Büro des Landeshauptmanns mit einer Skulptur von Ingrid Rödlach im Vordergrund.

Tage mit nackten Zahlen

Auf die Frage, ob er überhaupt genug Zeit habe, in der Kultur etwas weiterzubringen, meint Mattle: „Es gibt Tage, da steht die Kultur im Mittelpunkt. Es gibt andere Tage, zum Beispiel bei Finanzausgleichsverhandlungen, da geht es um nackte Zahlen.“

Sein Büro soll für Kulturschaffende offen stehen. Am 8. März, dem Tag der Frau, waren elf Tiroler Künstlerinnen aus unterschiedlichen Sparten ins Landhaus geladen. Mattle hört der Kultur-Szene erst einmal zu. Die multiplen Krisen machen vor der Kultur nicht halt. Vor allem Freischaffende leiden unter Teuerung und Raumnot. Einigen steht das Wasser bis zum Hals. „Im heurigen Jahr war der erste Schritt, dass wir im Bereich der angestellten Künstlerinnen und Künstler unterstützen. Wir arbeiten daran, dass wir auch den freischaffenden Bereich fördern.“

Der Regierungschef ist für Finanzen zuständig, das fänden einige Kulturschaffende natürlich positiv, doch er wolle auf keinen Fall, Sport, Soziales oder Kultur gegeneinander auszuspielen. „Alle Bereiche gehören ordentlich abgedeckt.“

Keine Kostenexplosionen

Zum Neu- und Umbau des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum bekennt sich der Ressortleiter. Er würde darauf schauen, dass die Kosten von derzeit 48 Millionen eingehalten werden. „Das ist ein stattlicher Betrag, doch das Landesmuseum ist ein Stück weit das Gedächtnis Tirols. Nach dem Baustart muss der Kostenrahmen eingehalten werden. Es kann nicht sein, dass Beschlüsse, die einmal gefasst worden sind, dann um hohe Prozentsätze überschritten werden.“

Ferdinandeum
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Das Modell des Architektenteams marte-marte für den geplanten Neu- und Umbau des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum

Sackgasse Landhausfassade

Bei der Diskussion zur künstlerischen Intervention an der Landhausfassade sei man regelrecht in eine Sackgasse geraten, gibt Mattle offen zu. Der aufwendig durchgeführte Wettbewerb zur äußeren Sichtbarmachung der NS-Geschichte des ehemaligen Gauhauses sei gescheitert.

Das Siegerprojekt des Tiroler Künstlers Franz Wassermann wird derzeit nicht umgesetzt. Wenn schon kein sichtbares Zeichen an der Fassade realisiert wird, so plane man eine Ausstellung im ehemaligen Gauleiterzimmer. Dort befinden sich heute noch umgeschnitzte Hakenkreuze an der hölzernen Decke.

„Das Land Tirol möchte einen klaren Beitrag leisten, damit der Holocaust nicht vergessen wird.“ An der Ostfassade des Landhauses befinden sich heute noch die zwei Landeswappen des ehemaligen NS-Gaus Tirol und Vorarlberg. In der Mitte war früher ein Hakenkreuz angebracht. Eventuell könnte man dort mittels QR-Code Informationen zur Geschichte erhalten, so Mattle.

„Derzeit wird an der Fassade des ehemaligen Gauhauses nichts unternommen. Ich habe für viele Positionen Verständnis, aber nichts zu tun, nur weil man da derzeit nicht weiterkommt, das wäre mir zu wenig. Daher soll eine Ausstellung kommen, um dem Vergessen entgegen zu wirken.“

Franz Wassermann
Franz Wassermann
Den Text „Wir haften für unsere Geschichte“ will der Wettbewerbssieger Franz Wassermann an der Landhausfassade platzieren.

Aktuelle Kunst in den hintersten Winkeln des Landes

Pläne hat er viele, der neue Kulturchef. Das kreative Potential soll sich bis in die hintersten Winkel Tirols entfalten. Die Ötztaler Museen seien ein gelungenes Beispiel. „Dass das im Regierungsprogramm steht, hat mit meiner Persönlichkeit zu tun. Wir nehmen gerne für uns in Anspruch, dass Galtür der Nabel der Welt ist.“

Mattle
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Landeshauptmann und Kulturreferent Anton Mattle

Im Regierungsprogramm sind viele Projekte aufgelistet. Man will einen neuen Anlauf nehmen, die seit Jahren in Innsbruck leer stehende Bergisel-Rotunde am Inn zu nutzen. Der Zugang zu Landeskultureinrichtungen soll kostenlos möglich sein. Es geht um Fair Pay und neue Produktionsräume für Kulturschaffende.

Seit fünf Monaten im Amt, muss Mattle bei der Frage nach konkreten Umsetzungen passen. „Ich bin durchaus bereit, neue Wege zu gehen und Experimentelles zuzulassen. Aber da kann ich jetzt noch nichts Konkretes dazu sagen. Da reden wir vielleicht in einigen Monaten noch einmal darüber.“