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Politik

Rechnungshof: Kritik an Sozialeinrichtung

Der Prüfbericht des Landesrechnungshof zur Sozialeinrichtung „Netz“ zeigt wirtschaftliche Mängel und fehlende öffentliche Kontrolle. Im Auftrag des Landes betreute „Netz“ jahrelang suchtkranke Kinder. Obwohl Mängel seit Jahren bekannt waren, gab es keine Konsequenzen.

Die private Sozialeinrichtungen „Netz“ betreute 22 Jahre lang im Auftrag der Tiroler Kinder und Jugendhilfe ambulant und stationär suchtkranke Jugendliche im Alter von 15 bis 18 Jahren und bot ihnen Wohnplätze.

Das Land hat – bis auf zwei Ausnahmen – die Kinder- und Jugendfürsorge generell ausgelagert und arbeitet mit 70 externen Einrichtungen zusammen. Usus ist, dass diese Einrichtungen als gemeinnützige Vereine oder GmbHs fungieren. Doch „Netz“ blieb ein Einzelunternehmen trotz mehrmaliger Aufforderung des Landes, die Firma umzugründen. Auch gab es erst 2019 einen schriftlichen Leistungsvertrag.

Betriebsrat brachte Mängelliste ein

Den Stein ins Rollen brachte im Jahr 2021 ein Betriebsrat, der fachliche und wirtschaftliche Unregelmäßigkeiten vermutete und eine Mängelliste einbrachte. Offen war für den Betriebsrat auch die Frage, wie es zum Tod von sechs Jugendlichen kommen konnte, die von „Netz“ betreut wurden. Sie starben an einer Überdosis.

Der Mann wurde gekündigt. Die Opposition initiierte darauf den Sonderbericht des Landesrechnungshofes.

Scharfe Kritik des Landesrechnungshofs

Wie der Rechnungshof belegte, gab es bereits 2014 Unregelmäßigkeiten. 2017 stellte das Land fest, dass die Einrichtung statt der 14 vorgegebenen 40 Jugendliche betreute. Getan wurde allerdings nichts dagegen. Die Firma rechnete zudem mit dem Land einen Stundensatz ab, der in der Praxis nie bezahlt wurde. 544.000 Euro seien laut Bericht dadurch nicht widmungsgemäß verwendet worden. Erst 2019 wurde ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen, bis dahin gab es nur mündliche Vereinbarungen.

Der Bericht des Landesrechnungshofs kritisiert auch die Landesabteilung scharf: "Die Abteilung Kinder- und Jugendhilfe setzte trotz aller Unstimmigkeiten und Kritiken die Zusammenarbeit mit „Netz“ fort. Aufgrund des konsequenzlosen Handelns der Leitung der Abteilung KiJu behielt „Netz" seine bisherigen Arbeitsweisen bei.“

Kritik: Keine Rückforderung des Geldes durch das Land

Es sei auch bezeichnend, dass sich das Land Tirol diese Gelder nicht mehr zurückgeholt hat, betont Markus Sint (Liste Fritz). Man habe keine Rückforderung gestellt, man habe auch keine Klage eingebracht und man habe keinen Gang zur Staatsanwaltschaft unternommen.

Es brauche eine Sofortüberprüfung aller Verträge mit den externen Einrichtungen im Sozialbereich, fordert auch FPÖ-Obmann Markus Abwerzger, der als Anwalt die Eltern zweier verstorbener Kinder vertritt. Dass es eine Bank im Eigentum des Landes gebe, die gesamte Kinder- und Jugendobsorge aber privatisiert worden sei, darüber könne man nur den Kopf schütteln, meinte NEOS-Chef Dominik Oberhofer.

LR Pawlata: Künftig keine mündlichen Verträge

Soziallandesrätin Eva Pawlata (SPÖ), die den Fall von ihrer Vorgängerin Gabriele Fischer (Grüne) übernahm, betonte, dass die Verträge bereits durchforstet würden. Mit jeder Einrichtung würden Leistungsverträge abgeschlossen. Es werde künftig keine mündlichen Vereinbarungen geben, betonte Pawlata.

Im Oktober 2021 kündigte das Land den Vertrag mit „Netz“. Laut Rechnungshof erfolgte das zu spät. Die Firma ging mit Ende der Kündigungsfrist in Konkurs.