Mann hält Getreide in der linken Hand
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Wirtschaft

Mühle mit Sonnenstrom und Wasserkraft

Die Wieshofer Mühle in St. Johann in Tirol (Bezirk Kitzbühel) ist eine der ältesten und größten Mühlen in Österreich. Durch ein eigenes Wasserkraftwerk und eine Photovoltaikanlage kann die Mühle den nötigen Strom beinahe selbst erzeugen.

Die Mühle in St. Johann in Tirol gibt es seit dem zwölften Jahrhundert, 1857 kam sie in den Besitz der Familie Wieshofer. Bis heute befindet sie sich völlig in Privatbesitz und wird mittlerweile von der Familie in sechster Generation geführt. Seit 2010 sind Lukas Krainz und seine Schwester Caroline Krainz-Gasteiger im Betrieb tätig und leiten die Geschäfte.

Seitdem habe sich in dem Unternehmen viel getan, erklärt Geschäftsführer Lukas Krainz. Zumindest eine Verdopplung des Umsatzes sei nötig gewesen, um aus den roten Zahlen zu kommen. Geschafft habe man mittlerweile eine Vervierfachung und sei Richtung zehn Millionen Euro Umsatz unterwegs.

Lukas Krainz und seine Schwester Caroline Krainz-Gasteiger
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Die Geschwister Lukas Krainz und Caroline Krainz-Gasteiger führen die Mühle in sechster Generation

Nur noch weniger als 100 Mühlen in Österreich

Als Österreich 1995 der Europäischen Union beitrat, gab es hierzulande noch hunderte Mühlen. Jetzt, nicht ganz 30 Jahre später sind es deutlich weniger als 100. Die meisten gehören großen Konzernen.

Die Wieshofer Mühle ist neben der rund drei Mal so großen Rauch Mühle, die in Innsbruck beheimatet ist, die einzige in Tirol, die noch in Privatbesitz ist. Bei der Menge des vermahlenen Getreides liege die Wieshofer Mühle österreichweit ungefähr auf dem 13 Platz, sagt Caroline Krainz-Gasteiger.

Stromüberschuss durch Wasserkraft und Photovoltaik

Schon seit vielen Jahren versorgen sich die Unterländer mit Strom aus dem eigenen Kraftwerk. Dabei wird ein Teil der Wassermenge der „Fieberbrunner-Ache“. Der abgezweigte Wasserstrom gelangt über eine unterirdische Druckleitung zur Wasserturbine in der Mühle und erzeugt hier im Durchschnitt eine Stundenleistung von 85 KW, wie Lukas Krainz erklärt. Zudem sei seit etwa einem halben Jahr eine große Photovoltaikanlage an dem Mühlen- und Landwirtschaftsgebäude installiert.

Beide Kraftwerke zusammen würden über das Jahr gesehen mehr Strom produzieren, als das Unternehmen brauche. „Wir haben das Problem der Spitzenzeiten, wenn wir selbst mehr Strom verbrauchen, als wir produzieren. Da sind wir auf Strom aus dem Netz angewiesen. Aber insgesamt haben wir eine tolle Bilanz, weil wir im Jahresdurchschnitt mehr Strom in das Netz einspeisen als wir selbst verbrauchen“, sagt der Eigentümer der Mühle.

Die Wieshofer Mühle setzt auf erneuerbare Energie

Ausschließlich Getreide aus Österreich

Die Unterländer verarbeiten nach eigenen Angaben ausschließlich Getreide, das in Österreich angebaut wird. Der größte Teil stammt dabei aus Niederösterreich, sagt Lukas Krainz: „Und wir haben auch seit einiger Zeit ein Steckenpferd, wir verarbeiten auch seit einigen Jahren Getreide aus Tirol.“ Im kommenden Jahr möchte er in seiner eigenen Landwirtschaft Getreide anbauen und das in Kleinverpackungen verarbeiten.

Mann hält Getreide in der linken Hand
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Das Getreide wird nach der Anlieferung mehrfach gereinigt

Schwarz- und Weißreinigung des Getreidekorns

Das angelieferte Getreide wird nach der Anlieferung zunächst einer „Schwarzreinigung“ unterzogen. Dabei wird es mit Sieben und Saugluft grob vorgereinigt. Anschließend erfolgt in der „Kopperei“ die „Weißreinigung“. Dabei wird das Getreide erneut durch Sieben und Luft gereinigt, sodass nur noch Weizen oder Roggen übrig bleiben.

Anschließend wird das Getreide benetzt, d.h. es wird Wasser zugefügt. Nach dem Netzen sollte der Weizen eine Feuchtigkeit von 15,5 bis 16,5 Prozent haben, dadurch wird die Schale elastischer. So löst sie sich leichter vom Mehlkörper und kann besser abgesiebt werden.

Die Vermahlung erfolgt in den Walzenstühlen

Mehl wird bis zu 19 Mal gemahlen und gesiebt

Auf den Walzenstühlen beginnt dann der reine Mahlprozess. Das Mehl wird gemahlen und erneut gesiebt. Dieser Prozess wiederholt sich in der Mühle bis zu 19 Mal.

Der Mehlanteil eines Getreidekorns liege bei ungefähr 80 Prozent, erklärt Krainz. Die restlichen 20 Prozent seien Keime und Kleie, die dann hauptsächlich zu Kuhfutter weiterverarbeitet werden. „Wir verwenden 100 Prozent des Rohstoffs und schmeißen nichts weg.“

Rund 13.000 Tonnen Getreide und Milchviehfutter pro Jahr

Pro Jahr werden in der Unterländer Mühle ungefähr 8.000 Tonnen Weizen und 2.000 Tonnen Roggen gemahlen. Zusätzlich zur Handelsware werden rund 13.000 Tonnen Getreide oder Milchviehfutter verarbeitet.

Zu den Kunden zählen die Unterländer neben großen Handelsketten auch Bäckereien, Gastronomiebetriebe und Landwirte. „Unsere Kunden sind in ganz Tirol verteilt, auch in der Steiermark, in Salzburg und zum Teil im bayerischen Raum. Und wir liefern einmal in der Woche nach Vorarlberg“, sagt Krainz-Gasteiger.

Keine Coronahilfen und keine Kurzarbeit

Zwar habe sein Unternehmen durch die Pandemie starke Einbußen hinnehmen müssen, erklärt Krainz. Allerdings seien diese nicht so stark ausgeprägt gewesen wie in der Gastronomie. Zudem sei der Bereich Futtermittel beinahe gleich weitergelaufen.

Sein Unternehmen habe jedenfalls keine Coronahilfe in Anspruch genommen, und keiner der insgesamt 15 Mitarbeiter sei in Kurzarbeit gewesen, betont Lukas Krainz.

Weitere Zinsentwicklung sorgt für Fragezeichen

Er habe in sein Unternehmen in den letzten Jahren viel investiert, sagt Lukas Krainz. Unter anderem ging vor knapp zwei Jahren eine neue Produktionshalle mit einer vollautomatischen Verpackungsanlage für 25-kg-Säcke in Betrieb. Auch die Abfüllung in kleinere Packungen erfolgt hier.

Diese Investition damals sei zum richtigen Zeitpunkt erfolgt, sagt Krainz. Würde er sich jetzt dazu entschließen, müsste er dafür deutlich mehr bezahlen.

Mehlsäcke liegen im Lager
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Seit 2021 wird das Mehl in der neuen Produktionshalle in Säcke abgefüllt und bis zum weiteren Transport gelagert

Dank der zuletzt getätigten Investitionen stehe das Unternehmen derzeit wirtschaftlich zwar gut da, allerdings bereite die jüngste Entwicklung der Zinsen durchaus Sorgen, gesteht Lukas Krainz. „In der nächsten Zeit wollen wir eher defensiv wachsen und schauen, dass sich der Markt wieder beruhigt.“