Illustration zum Thema „Frauentag“. Ein Kalender aufgenommen am 7. März 2019, in Wien. Am 8. März findet der Weltfrauentag statt. (7.3.2019)
MARIE-THERES FISCHER / APA / picturedesk.com
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Politik

Viele Tirolerinnen finanziell im Hintertreffen

Auf eklatante Unterschiede bei der Alterspension zwischen Männern und Frauen weist die Tiroler ÖGB-Frauenvorsitzende Sonja Föger-Kalchschmied hin. Die Differenz betrage über 44 Prozent. Bei den Einkommen seien die Tirolerinnen innerhalb Österreichs das Schlusslicht.

„Tirolerinnen liegen mit einem mittleren Jahresbruttoeinkommen von 20.398 Euro deutlich unter dem Bundes-Schnitt von 22.993 Euro und bilden demnach das traurige Schlusslicht im Österreich-Ranking. Der Rückstand beträgt satte 5,7 Prozent“, so Föger-Kalchschmied. Die Hintergründe seien unter anderem einerseits die schlechtere Bezahlung in jenen Branchen, in denen vermehrt Frauen arbeiten, andererseits auch die hohe Teilzeit-Quote sowie der Karriereknick, den viele junge Mütter erfahren.

Teilzeitarbeit sei oft nicht freiwillig. Laut Eurostat werde jede dritte Teilzeitanstellung in Österreich durch Betreuungspflichten verursacht. Während Männer in Tirol laut dem ÖGB eine durchschnittliche Alterspension von 2.042 Euro beziehen, sind es bei Frauen laut Pensionsversicherungs-Jahresstatistik lediglich 1.138 Euro brutto.

Frauen übernehmen mehr gesellschaftliche Verantwortung

Care-Arbeit werde großteils von Frauen übernommen, dafür drohten ihnen Einkommenseinbußen, Karriereknicks und Altersarmut, kritisiert die ÖGB-Frauenvorsitzende. Frauen würden deutlich mehr gesellschaftliche Verantwortung als Männer übernehmen, diese Care-Arbeit bleibe allerdings unbezahlt.

Während der Pandemie hätten Frauen laut einer Studie der Wirtschaftsuniversität Wien 17,5 Stunden unbezahlte Arbeit pro Woche mehr als Männer geleistet. 60 Prozent der Care-Arbeit, also Kinderbetreuung, Haushalt und Pflege von Angehörigen, würden von Frauen verrichtet. Laut Berechnungen der Statistik Austria entspricht das einem Gegenwert von 108 Milliarden Euro.

Forderung nach Mindestlohn

Die ÖGB Frauenvorsitzende fordert einen kollektivvertraglichen Mindestlohn. „Auch verpflichtende Einkommensberichte für alle Unternehmen und die Offenlegung der Einkommen würden dazu beitragen, dass weibliche Arbeitnehmerinnen endlich für die gleiche Arbeit gleich viel Lohn bzw. Gehalt bekommen wie ihre männlichen Kollegen“, so Föger-Kalchschmied.

Außerdem fordert sie eine Erhöhung des Mehrarbeits-Zuschlags von 25 auf 50 Prozent und einen Wegfall des dreimonatigen Durchrechnungszeitraums. „Es ist nicht länger einzusehen, warum Teilzeitkräfte gegenüber Vollzeitbeschäftigten benachteiligt werden, wenn sie über das vereinbarte Stundenausmaß hinaus arbeiten“, betont die Gewerkschafterin.

AK: Zangerl fordert Gleichzahlungsbeauftragte

Der Tiroler AK-Präsident Erwin Zangerl fordert angesichts des Ungleichgewichts bei den Einkommen das Einrichten von Gleichbezahlungsbeauftragten mit echten Kontroll- und Rechtsdurchsetzungskompetenzen. Zudem brauche es besser Rahmenbedingungen, damit auch Frauen mit Kindern in Vollzeit arbeiten können.

Das mittlere Jahreseinkommen der Männer in Tirol lag laut Zangerl 2021 bei 37.327 Euro brutto, das der Frauen bei 21.360 Euro brutto. Während die Männer den Österreich-Schnitt sogar leicht übertrafen (+ 1,2 Prozent), lagen die Frauen klar darunter (- 10,5 Prozent). Die schlechte Einkommenssituation Tirols lag damit in erster Linie an den ungünstigen Verdienstmöglichkeiten für Frauen. Die allgemeine Einkommensdifferenz zwischen Männern und Frauen (alle Arbeitsformen) lag bei 43 Prozent, bei ganzjähriger Vollzeitarbeit bei 17 Prozent.

ÖVP-Frauensprecherin verweist auf bereits Geleistetes

Die Frauensprecherin der Tiroler ÖVP Liesi Pfurtscheller sieht die Einkommensgerechtigkeit zwischen Frauen und Männern ebenfalls als großes Thema. Als Gründe nennt sie mangelnde Kinderbetreuungsmöglichkeiten, zu lange Teilzeitbeschäftigung oder zu wenig Väterbeteiligung bei der Kinderbetreuung.

Von der Wirtschaft fordert Pfurtscheller, einen Schritt auf die Frauen zuzugehen, etwa durch bessere Bezahlung, mehr Frauen in Vorstandspositionen oder mehr Familienfreundlichkeit. Andererseits verweist sie darauf, dass bereits viele Maßnahmen und Schritte gesetzt worden seien, etwa beim Gewaltschutz, mit der ökosozialen Steuerreform oder der Kindergartenmilliarde.

SPÖ: Bundespolitischer Stillstand

Bei der SPÖ ortet man hingegen einen Stillstand auf Bundesebene bei der Frauenpolitik. „Wenn nichts passiert, ist die Pensionslücke zwischen Frauen und Männern auch im Jahr 2060 noch nicht geschlossen“, so die SPÖ Bundesfrauenvorsitzende Nationalrätin Eva-Maria Holzleitner.

Die Landesfrauenvorsitzende und Nationalrätin Selma Yildirim sagt, in vielen Bereichen habe man den konservativen Kräften im Land Dampf gemacht, „bis sie unsere Forderungen nicht mehr ignorieren konnten. Für Verbesserungen für die Frauen. Ein Beispiel ist der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, der Gewaltschutz oder der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen.“ Frauenlandesrätin Eva Pawlata (SPÖ) sieht die Lebensrealitäten vieler Frauen noch in einem männlich dominierten Umfeld mit Gewalt und Mehrfachbelastung. Zu ändern sei dies durch Sozialisierung und Bildung.

FPÖ: Massive finanzielle Nachteile für Frauen

Die FPÖ-Seniorensprecherin Evelyn Achhorner bemerkt, dass Frauen immer noch die Hauptträgerinnen bei der Kindererziehung, Krankheitsversorgung, Behinderten- und Altenpflege seien. „Leider ist es aber so, dass immer noch Frauen dadurch massive finanzielle Nachteile erleiden“, so Achhorner.

Sie fordert eine gerechte Bewertung derartiger Arbeiten, denn besonders die Auswirkungen auf die Höhe der Pension seien gewaltig. Längst fällig sei eine Gleichstellung der Kindererziehungszeiten, der Krankheitsversorgung und der Behinderten- und der Altenpflege mit „regulärer Arbeit“.

Grüne: Kinderbetreuungs-Rechtsanspruch umsetzen

Die Frauensprecherin der Tiroler Grünen Zeliha Arslan sieht „eigentlich eine gesellschaftliche Bankrotterklärung, dass Forderungen seit 100 Jahren in einem der reichsten Länder der Welt auch im Jahr 2023 immer noch unerfüllt sind“. Pandemie, Energiekrise und Ressourcenarmut hätten die Verteilung von Care- und Erwerbsarbeit zwischen den Geschlechtern verstärkt.

Der Gender Pay Gap, der die Differenz zwischen den Gehältern von Mann und Frau beschreibe, liege in Österreich gemessen am Bruttojahreseinkommen bei 36 Prozent. „Wir sollten in Tirol schon längst nicht mehr über die stufenweiße Einführung des Rechtsanspruches auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr diskutieren, sondern es endlich umsetzen“, so Arslan.

Liste Fritz: Negativer Trend in Tirol

Liste Fritz Parteichefin Andrea Haselwanter-Schneider verweist auf die österreichweit geringsten Einkommen der Tirolerinnen. Von Seiten der Politik höre man salbungsvolle Worte zum Weltfrauentag, geschehen sei bis dato überhaupt nichts. Auch 2023 sei der Tiroler Equal Pay Day einen Tag später erreicht worden als letztes Jahr. Tirol sei unrühmlicher Spitzenreiter bei der Teilzeitquote.

„Ganzjährige und ganztägige Kinderbetreuung darf kein Wunschtraum berufstätiger Mütter sein, sondern muss überall Standard werden“, so Haselwanter-Schneider. Vollmundig habe die schwarz-rote Landesregierung während des Wahlkampfes auch den Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz angekündigt, geschehen sei bis heute nichts, so die Parteichefin.