Leeres Spitalsbett am Gang
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SOZIALES

Pflegefälle belegen benötigte Spitalsbetten

In den Krankenhäusern der tirol kliniken liegen derzeit rund 120 Patientinnen und Patienten, die eigentlich aus dem Spital entlassen werden sollten. Weil es aber keine Pflegeheimplätze gibt oder die Versorgung zuhause nicht gewährleistet sei, müssen sie vorerst im Spital bleiben und belegen damit benötigte Spitalsbetten.

Viele Patientinnen und Patienten, die nach der Behandlung im Krankenhaus entlassen werden können, brauchen weiterhin Pflege und Betreuung. Diese zu organisieren, wird aber zur immer größeren Herausforderung, schildert Stephan Lotz, leitender Stationspfleger an der Neurochirurgie West der Klinik Innsbruck: „Wir haben zum Beispiel schon seit fünf Wochen zwei Patienten bei uns liegen, für die wir keine Perspektive von den Pflegeheimen bekommen, ob es noch ein, zwei oder drei Monate dauert, bis man sie dort ordentlich unterbringen kann. Sie wären aus medizinischer Sicht aber schon seit 30 Tagen zu entlassen.“

Fälle wie diese würden sich häufen, heißt es. Auch gebe es immer mehr Patientinnen und Patienten mit einem hohen Pflege- und Unterstützungsbedarf. Pflege zuhause wird dadurch immer schwieriger. Es dauere oft mehrere Monate, bis eine Person endgültig aus dem Krankenhaus entlassen wird.

Chirurgie außen, Klinik Innsbruck
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In den tirol kliniken liegen rund 120 Patientinnen und Patienten, die entlassen werden sollten, aber nicht entlassen werden können

Betten sind belegt

Diese Patientinnen und Patienten würden Betten belegen, die für die Akutversorgung vorgesehen sind, erklärt Christian Haring, medizinischer Geschäftsführer der tirol kliniken. „Die Langlieger bräuchten eigentlich eine Pflege und keine medizinische Versorgung. Wir bräuchten die Betten, um Patientinnen und Patienten medizinisch versorgen zu können, diese sind aber blockiert. Um eine Zahl zu nennen: Es sind ungefähr 11.000 Belagstage, die wir im letzten Jahr nicht für die Behandlung von Patientinnen und Patienten zur Verfügung gehabt haben.“

Es könne vorkommen, dass Operationen verschoben werden müssen, weil Betten besetzt sind, ergänzt Christine Giesinger, leitende diplomierte Sozialarbeiterin am Landeskrankenhaus Innsbruck. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien überfordert, weil es immer schwieriger werde, Plätze zu finden.

Pflege daheim sei oft unmöglich

Giesinger leitet ein Entlassungsmanagement-Team an den tirol kliniken, das Patienten und Angehörige dabei unterstützt, Versorgungsplätze nach der Entlassung zu finden. „Es ist schon auch frustrierend für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wenn Patienten in ein Heim kommen müssten, aber nichts weiter geht. Wir sind ein Akut-Krankenhaus und keine Pflegeeinrichtung. Wir sollten schauen, dass die Leute weitervermittelt werden, das ist aber oft sehr schwierig“, sagt Christine Giesinger.

Illustration zum Thema „Pflege“. Im Bild: Eine Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin der Caritas versorgt einen im Rollstuhl
APA/HELMUT FOHRINGER
Immer mehr Angehörige können die Versorgung von Pflegebedürftigen nicht mehr alleine übernehmen

Auch Margarethe Rüf ist im Entlassungsmanagement tätig. Sie kümmert sich um die Fälle, die zuhause weiter versorgt werden sollen. „Oft ist eine sehr hohe Pflegebedürftigkeit gegeben. So eine Person zu Hause zu pflegen, erfordert dann unglaublich viel. Im Normalfall kann ein pflegender Angehöriger das alleine gar nicht mehr stemmen.“ Hinzu komme, dass sich viele Angehörige die Pflege zuhause nicht mehr leisten könnten. Teilweise stehe auch keine mobile Hauskrankenpflege zur Verfügung.

Kein finanzielles Problem

Nicht nur Tirol hat dieses Problem. Beispielsweise liegen auch in Salzburg über 50 Patientinnen und Patienten in den Spitälern, die eigentlich entlassen werden sollten. Dort besteht aber rechtlich die Möglichkeit, diese Spitalsbetten kurzzeitig in Pflegebetten umzuwandeln. Das heißt, dass die Kosten dann nicht mehr die Krankenversicherung übernimmt, sondern das Bett wird genauso finanziert wie ein Platz im Pflegeheim.

Eine Lösung wie diese sei in Tirol grundsätzlich denkbar, meint Christian Haring. Das sei allerdings eine landespolitische Entscheidung. „Das würde bedeuten, dass die Angehörigen oder die Betroffenen selbst einen Teil dieser Kosten übernehmen müssten. Das ist eine Entscheidung, die nicht leicht zu treffen ist.“ Das Problem sei aber kein finanzielles, vielmehr ein strukturelles und ein altbekanntes: Das Pflegepersonal fehlt.