Beschäftigte im Bereich der Behindertenarbeit pflegt einen Menschen mit Behinderung
Lebenshilfe Tirol
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Viele in Behindertenarbeit ohne Pflegebonus

Viele Beschäftigte im Bereich der Behindertenarbeit würden keinen Pflegebonus bekommen, obwohl sie die gleiche Arbeit ausüben wie ihre Kolleginnen und Kollegen. Der Zuschuss werde nämlich an bestimmte Ausbildungen geknüpft, kritisiert die Gewerkschaft.

Rund die Hälfte der Beschäftigten bei der Lebenshilfe Tirol etwa bekomme den Pflegebonus, die andere Hälfte nicht, obwohl sie die gleiche Arbeit ausüben, erklärte Betriebsratsvorsitzende Sonja Föger-Kalchschmied bei einem Pressegespräch am Donnerstag. „Der Frust ist riesig und es kommt zu Spaltungen in den Teams. Das ist eine Situation, die ich als Betriebsratsvorsitzende so noch nie erlebt habe.“

Konkret gehe es um rund 150 Euro im Monat, die die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr am Gehaltskonto haben. Man würde eine Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Pflege verursachen, meinte auch Margit Luxner, Betriebsratsvorsitzende des Altenwohnheims Kitzbühel.

Bonus richtet sich nach Ausbildung

Der Bund hat den Anspruch auf den Bonus an bestimmte (Pflege-)Ausbildungen gebunden, und nicht an die ausgeübte Tätigkeit. Im Behindertenbereich arbeiten auch Menschen, die Pädagogik, Psychologie oder Sozialpädagogik studiert haben – sie bekommen den Bonus nicht. „Das Land Tirol sieht für die Behindertenbegleitung Ausbildungen vor, die nicht nur auf die Pflege konzentriert sind, weil die Anforderungen vielfältiger sind. Dass sie jetzt für die gleiche Arbeit weniger bekommen, ist unverständlich“, äußerte Föger-Kalchschmied die Unzufriedenheit ihrer Kolleginnen und Kollegen.

Zivildienst / Soziales / Zivildiener. Zivildiener geht mit einer Frau mit Behinderung, die im Rollstuhl sitzt, spazieren
APA/BARBARA GINDL
Für die Arbeit mit Menschen mit Behinderung braucht man nicht unbedingt eine Pflege-Ausbildung. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen deshalb keinen Bonus

Zwar ist die Lebenshilfe der größte Betrieb in Tirol, der Menschen mit Behinderungen betreut, die Situation sei aber in anderen Einrichtungen ähnlich. Wie viele Beschäftigte in Tirol von der Benachteilung betroffen sind, sei schwer zu sagen, meinte Ralf Wiestner von der Gewerkschaft GPA Tirol. Die Beschwerden würden sich jedenfalls häufen. Er schätzt, dass es rund 600 bis 800 Personen sind.

Proteste seien geplant

Vertreterinnen und Vertreter des Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich fordern, dass der Bund das Gesetz anpasst. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den Richtlinien des Landes für Behindertenarbeit entsprechen, sollte der gleiche Zuschuss gewährt werden. Man fürchte, dass sich sonst die Personalnot weiter verschärfe. „Der Personalmangel ist so eklatant, dass viele sprichwörtlich auf dem Zahnfleisch daherkommen. Umso wichtiger wäre es, dass wirklich alle den Bonus bekommen“, sagte Markus Pichler, Betriebsratsvorsitzender beim Diakoniewerk.

Der Bund sei derzeit nicht bereit nachzubessern. Auf Anfragen sei nicht wirklich reagiert worden, heißt es von der Gewerkschaft. Es werden deshalb Krisengespräche folgen und Proteste sind angedacht. „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach den zuletzt so schwierigen Jahren beim Bonus durch die Finger schauen“, so Gewerkschafter Ralf Wiestner.