Wölfe
APA/dpa/Armin Weigel
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Umwelt

Tierschützer empört über Wolfsverordnung

Tier- und Umweltschutzorganisationen sehen in der am Mittwoch im Tiroler Landtag beschlossenen Wolfsverordnung einen bewussten Bruch des EU-Rechts. Tirol sei das einzige Land, in dem Schafherden nicht behirtet und geschützt würden.

Sämtliche bisherigen Bescheide zum Abschuss von Wölfen seien durch das Landesverwaltungsgericht aufgehoben worden, weil sie der Fauna-Flora-Habitatsrichtlinie widersprochen haben. Die Bescheide seien also illegal gewesen. Das stellte am Donnerstag die Tierschutzorganisation Verein gegen Tierfabriken (VGT) fest. Die Anrufung des Gerichts sei Umweltschutzverbänden möglich gewesen, weil das nach der Aarhus-Konvention der EU für Bescheide vorgesehen ist.

Tierschützer sehen klaren Rechtsbruch

Es gebe aber keine Möglichkeit, Verordnungen von unabhängigen Gerichten überprüfen zu lassen. Jedoch dürften Verordnungen keine Spezialfälle betreffen wie zum Beispiel die Erlaubnis zum Töten spezifischer Wölfe. Dafür gebe es die Bescheide. Dennoch haben im Tiroler Landtag am Mittwoch alle Parteien außer den Grünen eine Verordnung zum leichteren Abschuss von Wölfen beschlossen – mehr dazu in Landtag ermöglicht Abschüsse von Wölfen.

Nach Ansicht des VGT ausschließlich deswegen, damit dieses rechtswidrige Vorgehen niemand gerichtlich überprüfen lassen könne. Dabei sei dem Landtag sehr genau bewusst, dass diese Verordnung auch der Flora-Fauna-Habitatsrichtlinie der EU widerspreche, die Österreich unterschrieben hat, kritisierte der VGT in einer Aussendung am Donnerstag.

Im obersten Teil der Nordwand des Sonntagshorns (1.961 Meter) hat Dienstag eine kleine Schafherde aus dem Heutal ihren Schutz vor der Mittagshitze gesucht. Hier verläuft genau die Staatsgrenze Österreichs zu Deutschland. Und auf der ganzen Südseite des Berges – der österreichischen – gibt es keinen Schatten für Mensch und Tier.
Flugbild: Gerald Lehner
Schafe im Hochgebirge sich selbst zu überlassen, sei Tierquälerei, kritisierte der VGT

Nur in Tirol werden Schafherden nicht geschützt

Die Begründung für die nach Auffassung des VGT rechtswidrige Maßnahme sei, dass sich Almhaltung und Wölfe widersprechen würden. Dabei seien Almhaltung und Wölfe in zahlreichen anderen Ländern immer schon nebeneinander möglich gewesen, wie in Slowenien, Kroatien, der Slowakei, Rumänien und Italien. In die Schweiz und nach Frankreich seien Wölfe über zehn Jahre vor Österreich eingewandert und heute in viel größerer Zahl vorhanden als hierzulande.

Schafe im Hochgebirge ohne Behirtung und Nachtpferch auszusetzen, wie das seit Ende des Zweiten Weltkriegs – weltweit einzigartig – in Tirol üblich wurde, sei Tierquälerei und widerspreche dem Tierschutzgesetz, mit oder ohne Wolf, sagte VGT-Obmann Martin Balluch. Dabei seien Behirtung und Nachtpferche überall in Tirol möglich. Aber weil diese Schutzmaßnahmen Geld kosten und dadurch die Profite aus der Schafhaltung reduzieren würden, wolle man die Wölfe schießen. Diese „anachronistische Entscheidung“ werde von Tier- und Umweltschutzseite mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werden, kündigte der VGT an.

WWF: Beispiel Kärnten gescheitert

Auch die Umweltschutzorganisation WWF sah bereits im Vorfeld der Verordnung einen EU-Rechtsbruch. Streng geschützte Wölfe mit einer solchen Verordnung quasi pauschal zum Abschuss freizugeben sei klar europarechtswidrig. Das sage nicht nur die Europäische Kommission, sondern auch das vom Land Tirol selbst beauftragte Rechtsgutachten.

Außerdem sei dieser Weg auch fachlich gescheitert, kritisierte der WWF. Die Naturschutzorganisation verwies auf das Beispiel Kärnten, wo im Herbst auf Basis einer solchen Verordnung ein Wolf getötet wurde – der falsche, wie sich im Nachhinein herausstellte.

Umweltdachverband sieht Widerspruch zu Unionsrecht

Eine Verletzung des Unionsrechtes sah auch der Umweltdachverband. Trotz der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und der Ansicht zahlreicher Rechtsexperten werde ein im Widerspruch zur FFH-Richtlinie stehender Weg verfolgt, „der eine notwendige Einzelfallprüfung nicht zulässt“, kritisierte Präsident Franz Mair. Er verwies auf ein Gutachten des Innsbrucker Europarechtlers Walter Obwexer, in dem auf die Unionsrechtswidrigkeit eines solchen Vorgehens hingewiesen worden sei.