BergretterInnen mit Akia im Gelände
Bergrettung Tirol
Bergrettung Tirol
Chronik

Immer mehr Bergrettungseinsätze

2022 war bislang das einsatzstärkste Jahr der Tiroler Bergrettung. 3.285 mal mussten die Bergretterinnen und Bergretter ausrücken. Die Zahl der Unfälle nimmt weiter zu. Der Hauptgrund dafür sei der anhaltende Outdoor-Boom, der mehr Menschen ins Gebirge bringe.

Die ehrenamtlichen aktiven Mitglieder der Tiroler Bergrettung leisteten im vergangenen Jahr 52.816 Einsatzstunden. Sie wurden unter anderem zu 1.900 Notfällen am Berg und 948 Skiunfällen gerufen. 87 mal suchten sie nach Lawinenabgängen nach Verschütteten, um nur einige Beispiele aus der Einsatzstatistik des Jahres 2022 zu nennen. Die Fehlalarme hielten sich in Grenzen, es waren 48.

Mehr Menschen am Berg bedeuten mehr Unfälle

Der Outdoor-Boom hält vor allem nach den Einschränkungen während der Coronavirus-Pandemie weiter an. Landesleiter Hermann Spiegl sagte im ORF Tirol Interview: „Es bewegen sich immer mehr Menschen in den Bergen, das bedeutet fast zwangläufig auch ein höheres Unfallgeschehen.“ Allerdings habe sich auch das Aufgabengebiet der Bergrettung von der Kameradenrettung hin zu einer Rettungsorganisation erweitert. Im vergangenen Jahr wurde die Bergrettung etwa auch zu 178 Verkehrsunfällen und 77 technischen Einsätzen gerufen.

Bergretter beim Abseilen (Winter)
Bergrettung Tirol
Bergretterinnen und Bergretter nehmen laufend an Schulungen und Übungen teil, um für schwierige Einsätze gerüstet zu sein

Ausrüstung top – Fitness weniger

Während die Ausrüstung der bergbegeisterten Einheimischen und Gäste im Laufe der Jahre immer besser wurde, war das bei der Fitness, dem Können und dem Wissen um die Gefahren am Berg weniger der Fall, so der langjährige Bergretter. „Was auffällt ist, dass die Leute die Touren, die Berge und die Natur eher unterschätzen, sich selbst aber überschätzen. Sie fühlen sich auch im höheren Alter noch fit, sind es aber nicht wirklich,“ sagte Landesleiter Hermann Spiegl. Viele würden nicht an die Reserven denken, die sie möglicherweise brauchen, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. Damit meinte Spiegl sowohl die eigenen Kraftreserven, als auch ein notwendiges Zeitpolster. Denn wer einen Gipfel erreicht hat, hat erst genau die Hälfte des Weges hinter sich.

BergretterInnen bereiten ihren Einsatz vor (Sommer)
Bergrettung Tirol
Egal ob im Winter oder im Sommer, in einem Notfall muss jeder Handgriff sitzen, um schnell helfen zu können

Aufbruch viel zu spät

Für eine alpine Mehrseillängentour zum Beispiel im Wilden Kaiser noch bei Dunkelheit mit der Stirnlampe aufzubrechen, um entsprechende Zeitreserven für die Tour zu haben, sei auch nicht mehr so gefragt: „Die Leute brechen oft erst am späten Vormittag zu einer Tour auf und brauchen dann viel länger als die angegebene Dauer der Klettertour. Vor allem nach der Zeitumstellung im Herbst haben die Bergretterinnen und Bergretter zum Beispiel am Wilden Kaiser dann viel zu tun. Viele vergessen, dass sie nicht so wie in der Kletterhalle gleich wieder am Boden sind, wenn sie eine Tour durchgestiegen sind. Dann merken sie oben, dass es sehr schnell kalt wird, wenn die Sonne weggeht.“ Unterkühlung sei eines der Hauptprobleme bei Notfällen.

Stürze Unfallursache Nummer eins

Bei den Unfallfaktoren stehen Stürze mit Abstand an erster Stelle. 1.336 mal waren sie nach den Aufzeichnungen der Tiroler Bergrettung die Ursache für zum Teil schwere Verletzungen. Oft gehen Müdigkeit und damit zusammenhängende Unachtsamkeit voran. Medizinische Notfälle waren im vergangenen Jahr 237 mal Ursache für Einsätze am Berg. Stein- und Eisschlag mit 18 Fällen oder der Ausbruch von Tritten oder Griffen (3) – also objektive Gefahren – kamen im Vergleich sehr selten vor.

Die meisten Unfälle passierten beim vermeintlich einfachen Wandern (955) beim Skifahren (949) und beim Mountainbiken (419 ). Beim Skitourengehen gab es 153 Unfälle, in Klettersteigen 79.

Rund 800 mal wurde die Tiroler Bergrettung von Hubschraubern unterstützt, 702 mal war bei den Unfällen auch die Polizei eingebunden. Auch Rotes Kreuz, Feuerwehr Suchhundegruppen, Wasserrettung und Bundesheer arbeiteten Hand in Hand mit der Bergrettung zusammen.

Schneller Notruf per Handy

Dass Wanderer und Bergsteiger dank Handys immer früher einen Notruf absetzen, wird von den Einsatzkräften übrigens nicht negativ gesehen. Lieber einmal zu früh Alarm schlagen als zu spät, wenn Dunkelheit, Kälte oder schlechtes Wetter den Einsatz zu einem Wettlauf um Leben und Tod machen, betonte Landesleiter Hermann Spiegl. Sein Rat: Eine gute Tourenplanung, die dem eigenen Können und der eigenen Fitness entspreche. Im Zweifel könne man Hüttenwirte und Bergführer fragen. „Die sagen einem dann schon einmal ganz unverblümt, dass eine Tour nicht geeignet ist. Und dann sollte man halt auch auf sie hören.“