Bub auf Schulbank
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Soziales

Schulassistenz: Kampf gegen die Behörden

Nach einem Gutachten gibt es für einen Zwölfjährigen keine Schulassistenz an einer Innsbrucker Mittelschule mehr. Christoph ist seit Geburt schwerster Allergiker. Die Schulassistenz wurde ihm aber aberkannt, seine Familie hat nun den Kampf gegen die Behörden aufgenommen.

Kekse, Nüsse, Joghurt, Eier, Schokolade, oder winzigste Partikel gewisser Brotsorten in der Luft oder auf einer Türklinke können für Christoph Wild lebensgefährlich werden. Ein Notfallpaket hat er immer dabei und in den Pausen bleibt er in der Klasse, damit ist die Gefahr geringer, mit irgendwelchen Allergenen in Kontakt zu kommen. Seine Co-Klassenvorständin Julia Längle von der MS Kettenbrücke sagt, es wäre gut, wenn man mit ihm hinausgehen könnte, aber das gehe nicht, weil man die Klasse nicht allein lassen könne.

Schulkinder in Klasse
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Christophs Mitschülerinnen und Mitschüler müssen sehr viel Rücksicht nehmen

Assistenz garantiert rasche und richtige Hilfe

Seit der Volksschule war aus diesem Grund eine Schulassistenz an Christophs Seite. Sie gleicht aus, was das Lehrpersonal nicht bewältigen kann – obwohl die Schule tut, was sie kann. Eine Liste appelliert an die Eltern, ihren Kindern keine bedenklichen Schuljausen mitzugeben. Es gibt eigene Hygienevorschriften und Notfallkurse.

Liste mit Lebensmitteln
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Die Schuljause ist in dieser Klasse stark eingeschränkt

Wenn eine Schulassistenz dabei sei, bekomme Christoph schnell adäquate Hilfe und sie erkenne bei kleinsten Anzeichen, wann ein allergischer Schock einsetze, so die Schuldirektorin Annemarie Eiter. Manchmal könnten so die Folgewirkungen abgefangen werden. Eine Lehrperson habe 25 weitere Kinder zu unterrichten und sei dieser Situation sicher nicht gleichzeitig gewachsen.

Gutachten hat Behinderungsgrad heruntergesetzt

Seit kurzem ist die Schulassistenz Geschichte. Ein Gutachten, beauftragt vom Bundessozialministeriumsservice auf Anweisung des Finanzamts bescheinigt Christoph, nur mehr 40 Prozent Behinderung und nicht mehr jene 50, ab der es erhöhte Familienbeihilfe gibt. Daran ist aber auch die Förderung der Schulassistenz gekoppelt.

Gutachterin überprüfte eigenes Gutachten

Christophs Mutter Birgit Wild hat Beschwerde dagegen erhoben, von der selben Gutachterin wurde eine Überprüfung des Gutachtens erstellt. Ihr sei schon vorher klar gewesen, dass die gleiche Gutachterin nicht ihr eigenes Gutachten von drei Monaten davor als unrichtig hinstellen wird, kritisiert Birgit Wild. Telefonisch habe die Gutachterin ihr gegenüber geäußert, dass sie von dem System der Schulassistenz nichts halte. Das weist die Gutachterin zurück.

Frau bei Interview
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Christophs Mutter kämpft nun gegen die Behörden-Entscheidungen

Behörde verweist auf Richtlinien

Christophs Klinikärztin bestätigt, dass sich an seinem Zustand nichts geändert hat, die Gutachterin zeigte sich aber offenbar unbeeindruckt. Auch der Behörde ist das Schreiben auf Nachfrage des ORF nicht bekannt. Die Leiterin des Sozialministeriumsservice Tirol Angelika Alp-Hoskowetz sagt, Gutachten würden nicht im luftleeren Raum erstellt, sondern nach Standards und vorgegebenen Richtlinien. Diese Gutachten würden auch noch einmal überprüft werden.

Forderung nach Änderung der Richtlinien

Jedenfalls bleibt es dabei, dass es keine erhöhte Familienbeihilfe und damit keine Schulassistenz gibt. Die Familie wandte sich auch an die Politik. Die Liste-Fritz-Landtagsabgeordnete Andrea Haselwanter-Schneider fordert eine Änderung der Richtlinien, es müsse leichter möglich sein, Schulassistenz zu bekommen. Man müsse auf den Zustand des jeweiligen Kindes abstellen und nicht nur auf die Zuerkennung einer erhöhten Familienbeihilfe.

Mutter brachte Beschwerde ein

Christophs Mutter Birgit fordert ein neues Gutachten. Es sei nicht nachvollziehbar, warum bei unveränderter Gesamtsituation sich der Grad der Behinderung so eklatant verändert haben soll. Die Arztbriefe und das tägliche Erleben würden eine eindeutige Sprache sprechen. Birgit Wild hat jetzt Beschwerde beim Bundesfinanzgericht eingebracht. Die Hoffnung auf Schulassistenz lebt, auch bei der Schule. Direktorin Annemarie Eiter sagt, es würde alles einfacher machen und ein geregelter und ordnungsgemäßer Unterricht könnte garantiert werden.