Zahnarzt untersucht Zähne
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Gesundheit

Zahnbehandlung in Narkose: Ausbau geplant

In Tirol soll das Angebot für die zahnärztliche Behandlung unter Vollnarkose für Menschen mit Behinderungen und Phobien ausgeweitet werden. Darauf einigten sich RollOn Austria und die Lebenshilfe mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) Tirol und der Zahnärztekammer.

Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Phobien sind bei der zahnärztlichen Versorgung auf eine Vollnarkose angewiesen. Seit mehreren Jahren gibt es dazu Sondervereinbarungen für niedergelassene Zahnärztinnen und -ärzte. Für die Behandlung können sie demnach Räumlichkeiten in Bezirkskrankenhäusern und in der Klinik Innsbruck nutzen.

Die Umsetzung sei in den vergangenen Jahren aber mangelhaft gewesen, sagte Marianne Hengl, Obfrau vom Verein RollOn Austria. Speziell während der Corona-Pandemie hätten Betroffene besonders lange Wartezeiten gehabt. So seien Behandlungen wie eine Mundhygiene oder eine Zahnsanierung nicht oder nur unter sehr schwierigen Umständen möglich gewesen. Zum Beispiel hätte ein konkreter Fall auf das Ausland ausweichen müssen.

„Situation ist inakzeptabel“

Mit Verweis auf die UN-Behindertenrechtskonvention fordert Hengl die Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen bei der zahnmedizinischen Versorgung. „In Artikel 25 steht, dass das für uns genauso wie für alle anderen Menschen gewährleistet sein muss“, meinte sie.

Arno Melitopulos, Leiter des Versorgungsmanagements in der Österreichischen Gesundheitskasse Tirol (ÖGK) räumte ein, dass sich die Situation während der Pandemie verschlechtert habe. Weil die Ressourcen in den Bezirkskrankenhäusern knapp seien, sei das durchaus nachvollziehbar. „Trotzdem ist diese Situation für unsere Versicherten aus Sicht der Sozialversicherung inakzeptabel“, so Melitopulos.

Positionspapier sieht mehrere Ziele vor

Nach einer Initiative von RollOn Austria und der Lebenshilfe konnten mit der ÖGK Tirol und der Zahnärztekammer mehrere Ziele formuliert werden. Ende Oktober einigten sich die Vertreterinnen und Vertreter in einem gemeinsamen Positionspapier darauf, die Versorgung in Tirol zu verbessern.

Unterzeichner des gemeinsamen Positionspapiers zur Verbesserung der zahnmedizinischen Behandlung unter Vollnarkose: (von links nach rechts):
Mag. Christian Putschner (ÖGK) , OMR DDr. Paul Hougnon (Präsident der Landes Zahnärztekammer Tirol), Marianne Hengl (Obfrau von RollOn Austria) sowie Georg Willeit (GF der Lebenshilfe Tirol)
RollOn Austria
von links: Christian Putschner (ÖGK), Paul Hougnon (Zahnärztekammer Tirol), Marianne Hengl (RollOn Austria), Georg Willeit (Lebenshilfe Tirol) bei der Unterzeichnung der Absichtserklärung

Allgemein soll der Zugang für Patientinnen und Patienten mit Behinderungen ausgebaut und niederschwelliger werden. Dadurch sollten sich die Wartezeiten verringern. Auch die „wohnortnahe“ Versorgung ist Teil der Forderungen. So soll das Angebot auf die Bezirkskrankenhäuser Reutte, Schwaz, St. Johann und Lienz erweitert werden. Insgesamt soll eine „umfassende zahnmedizinische Versorgung inklusive Mundhygiene als Begleitmaßnahme“ sichergestellt werden, heißt es in der Absichtserklärung.

Die Herausforderung dabei sei vor allem die Bereitschaft der Bezirkskrankenhäuser, Räumlichkeiten für Eingriffe unter Vollnarkose zur Verfügung zu stellen. „Wir brauchen das in den Bezirken, um niederschwellig, aber auch wohnortnahe zu sein, um diese Versorgung anbieten zu können“, sagte Melitopulos.

„Weckruf“ für Verbesserung

Er geht davon aus, dass die Häuser bereit seien, dabei mitzuhelfen. Immerhin müssten laut ihm die Bezirkskrankenhäuser die Kosten für die Verwendung der OP-Räume nicht selbst tragen. Dafür gebe es bereits seit 2017 Abmachungen, die eine Finanzierung durch das Land vorsehen. „Das wäre also gedeckt und kein Bezirkskrankenhaus müsste ins Negative gehen“.

Die gemeinsame Absichtserklärung sei jedenfalls ein wichtiger „Weckruf“, um die Situation hinsichtlich der Ziele zu verbessern, sagte Melitopulos. Auch Marianne Hengl sieht darin einen bedeutenden Schritt. In den nächsten Wochen gehe es darum, mit der Landespolitik und den Bezirkskrankenhäusern Gespräche zu führen und die Raumsituation zu klären. So soll nun „Klarheit und Routine“ geschaffen werden, damit die betroffenen Menschen besser versorgt werden, so Melitopulos.