Innsbrucker Grünen-Bürgermeister Georg Willi
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Politik

Personalpolitik: Bürgermeister Willi in Kritik

Ein noch vertraulicher Bericht des städtischen Kontrollamts lässt die Wogen der Innsbrucker Gemeindepolitik hochgehen. Es geht um angebliche Begünstigung von Rathauspersonal im Umfeld des Bürgermeisters. Nahezu alle Parteien fordern Aufklärung.

Die interne Kontrolle nahm speziell das Amt für Personalwesen, das seit zwei Jahren unter neuer Leitung einer Amtsvorständin steht, in den Blick. Sie ging im Sommer in Zeiten hoher Personalnot neuneinhalb Wochen auf Urlaub, was stark kritisiert wird. Rückwirkend soll ihre Wochenarbeitszeit reduziert worden sein, damit sie das Zeitguthaben ansparen konnte.

Bürgermeister Georg Willi (Grüne) nimmt die Vorwürfe gelassen. Er habe nichts Unrechtes getan, sagte er im Interview mit dem ORF Tirol. Den Fall der Amtsvorständin und der rückwirkenden Verringerung ihrer Wochenarbeitszeit erklärt er mit einem unbezahlten Urlaub. Dafür sei eine Stundenreduktion notwendig gewesen.

Willi: „Habe keine neuen Zulagen erfunden“

Der Kontrollamtsbericht behandelte auch Sonderverträge für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Umfeld des Bürgermeisters. Hier sollen großzügige Verwendungszulagen zugesprochen worden sein. Manche davon seien mit rund 1.400 Euro monatlich gleich hoch wie jene der Magistratsdirektorin gewesen. Allgemein bekommen Mitarbeitende mit viel Verantwortung eine Verwendungszulage.

Die hohen Zulagen sieht Willi als gerechtfertigt. Das Zulagensystem habe es schon immer gegeben und sei auch von seinen Vorgängern so genutzt worden, meint er. „Mitarbeiter in meiner unmittelbaren Umgebung haben höchste Verantwortung in ihrem Tätigkeitsbereich“, so Willi. Als Stadtoberhaupt brauche er sehr gutes Personal, das praktisch rund um die Uhr zur Verfügung stehe. Aus diesem Grund seien die Zulagen vertretbar.

Auch Vordienstzeiten stehen in Kritik

Im Bericht soll auch die Rede davon sein, dass bestimmten Mitarbeitenden großzügig Vordienstzeiten angerechnet wurden. Beispielsweise soll ein abgebrochenes Studium, eine Wahlkampfleitung oder eine künstlerische Tätigkeit berücksichtigt worden sein. In einem Fall wurden angeblich einem neuen Mitarbeiter inklusive seiner Schulzeit 21 Jahre Vordienstzeit angerechnet.

Innsbrucker Rathaus
IKM / W. Giuliani
Im Innsbrucker Rathaus sorgte ein Bericht des Kontrollamtes über die Personalpolitik des Bürgermeisters für großen Unmut

Hier verwies Willi ebenfalls auf die schon lange übliche Vorgehensweise. „Es gab immer schon die Anrechnung von Vordienstzeiten. Sie sollen im Einzelfall beurteilt werden, aber es handelt sich wieder um nichts Außergewöhnliches“, sagt das Stadtoberhaupt.

Das Gehaltsschema im Rathaus hat 20 Stufen. Die Vorrückung in eine höhere Stufe erfolgt nach zwei Jahren. Mit der Anrechnung der Vordienstzeiten erfolgt die Vorrückung deutlich schneller. Georg Willi rechtfertigt das mit dem Verweis auf die befristeten Verträge seiner engen Mitarbeitenden: „Wenn meine Amtszeit endet, ist der Großteil meines Personals im Büro nicht mehr bei der Stadt. Diese Unsicherheit muss auch abgegolten werden.“

FPÖ und Gerechtes Innsbruck fordern Rücktritt

Die anderen politischen Parteien des Innsbrucker Gemeinderates kritisieren den Bürgermeister heftig. Sie fordern eine umgehende Aufklärung. So spricht etwa der Innsbrucker SPÖ-Vorsitzende Benjamin Plach von „gröberen Missständen“. Diese müssten dringend aufgearbeitet werden.

Das Rathaus dürfe nicht zu einem Selbstbedienungsladen des Bürgermeisters und seiner Grünen verkommen, sagt Markus Stoll (Liste Für Innsbruck) in einer Aussendung. Gemeinderat Tom Mayer von der Liste Fritz sprach von einer „grünen Freunderlwirtschaft“.

FPÖ Vizebürgermeister Markus Lassenberger
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Vizebürgermeister Markus Lassenberger forderte Bürgermeister Georg Willi zum Rücktritt auf

Der Chef der Partei Gerechtes Innsbruck, Gerald Depaoli, sieht ebenfalls einen „Grünen Selbstbedienungsladen“. Er fordert Georg Willi wegen des Kontrollamtsberichts zum Rücktritt auf, so auch Vize-Bürgermeister Markus Lassenberger (FPÖ). „Die Mitarbeiter des Magistrats werden nicht alle gleich behandelt, sondern es gibt Günstlinge im Nahbereich des Bürgermeisters, die besonders gut gestellt sind“, sagte Lassenberger. Andere würden hingegen auf der Strecke bleiben.

Personalvertretung verlangt Klarstellung

Auch die Personalvertretung der städtischen Bediensteten meldete sich am Donnerstag zu Wort. Sie forderte den Bürgermeister in einem Brief auf, die Vorgänge klarzustellen. Wegen der Sondervereinbarungen und Zulagen sieht sie all jene städtischen Bediensteten diskreditiert, die diese nicht bekommen. Eine solche individuelle Abmachung dürfe kein Kriterium für sehr gute Arbeit und Qualifikation sein.

Für die Zentralpersonalvertretung sei es nicht hinzunehmen, dass es für bestimmte Personen Sonderverträge und Zulagen gibt. Bei anderen Bediensteten müsse schließlich auch stundenlang um Kleinstbeträge verhandelt werden, heißt es in dem Brief.

Am 19. Oktober behandelt der Kontrollausschuss den Bericht und befragt Bürgermeister Willi sowie die Vorständin des Amtes für Personalwesen. Die politischen Parteien schlossen zudem einen Sondergemeinderat nicht aus.