Isoplus Rohr Industrie Metallbau schweißen
Isoplus
Isoplus
Wirtschaft

Abwerben von Fachkräften mit allen Mitteln

Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels werben derzeit viele Unternehmen um die besten Köpfe, allerdings auch mit teils fragwürdigen Methoden. Dass auch einige landes- und staatsnahe Unternehmen beispielsweise Prämien und Sonderurlaub für das Abwerben von Fachkräften anbieten, kritisiert die Wirtschaftskammer scharf.

In Zeiten, in denen in allen Sparten um Fachkräfte gerungen wird, zählen motivierte und gut ausgebildete Arbeiterinnen und Arbeiter zu den wichtigsten Ressourcen eines Unternehmens. Weil die Lehrlingsausbildung in den eigenen Reihen oft nicht mehr reicht, versuchen laut Wirtschaftskammer zunehmend Unternehmen Fachkräfte von anderen Betrieben abzuwerben.

Prämien und Urlaubstage für abgeworbene Arbeitskraft

Wegen hinterfragenswerter Praktiken würde es laut David Narr, dem Lehrlingskoordinator in der Wirtschaftskammer, sogar zu einer Wettbewerbsverzerrung am Arbeitsmarkt kommen. Vereinzelt würden Unternehmen nämlich mit Prämien oder zusätzlichen Urlaubstagen um neue Fachkräfte werben. In der jüngeren Vergangenheit gab es Fälle, in denen Fachkräfte direkt nach dem Lehrabschluss abgeworben wurden. Mit dieser Vorgangsweise zeigt sich die Wirtschaftskammer nicht einverstanden.

Lehre, Industrie, Fachkräfte
ORF
Klein- und Mittelbetriebe können mit den Methoden landes- und staatsnaher Unternehmen oft nicht mithalten

Rechtliche Lage:
Abwerben ist nach ständiger Rechtsprechung unzulässig, wenn verwerfliche Mittel angewendet oder verwerfliche Ziele verfolgt werden. Zu den verwerflichen Mitteln zählen vorrangig die Verleitung zum Vertragsbruch bzw. die Unterstützung beim Vertragsbruch des/der Abgeworbenen.

„In der Ausbildung eines jungen Menschen steckt sehr viel Zeit und Engagement aber auch Geld. Kaum hat der junge Herr oder die junge Dame die Lehrabschlussprüfung erledigt, wird er oder sie abgeworben – oft vom öffentlichen Raum“, so David Narr. Mit dieser Vorgangsweise könnten vor allem Klein- und Mittelbetriebe, die sich stark auf die Ausbildung fokussieren, nicht mithalten.

Unterschiedliche Zugänge im öffentlichen Raum

Mit dem Land Tirol, der TIWAG oder den Innsbrucker Kommunalbetrieben (IKB) gebe es in Tirol öffentliche Betriebe, die „sehr viel Engagement zeigen und sehr gute Ausbildungsbetriebe sind“, so Narr. Es gebe aber auch landes- und staatsnahe Betriebe, in denen die Ausbildung eine untergeordnete Rolle spiele. „Wo man hört, dass dann solche Abwerbemethoden angewandt werden“, so der Lehrlingskoordinator.

Relativ offen bestätigt das auf Nachfrage des ORF Tirol die Bundesimmobiliengesellschaft BIG. Auch hier sei man auf der Suche nach Fachkräften. Neuerwerbungen würden zwar keine Prämien bekommen – „allerdings bekommen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem aktiven Dienstverhältnis in der BIG eine (überschaubare) Prämie oder drei Urlaubstage, wenn sie externe Personen für eine freie Stelle empfehlen, die dann auch tatsächlich in der BIG zu arbeiten beginnen. Dies gilt nicht nur für die Empfehlung von jungen Fachkräften, sondern für alle“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme.

Bewerberinnen Tag beim Land Tirol
ORF
Ohne Prämien und Sonderurlaub für Abgeworbene: Auch das Land Tirol sucht nach Fachkräften

Land Tirol setzt auf Lehre und Werbung

Vor allem Unternehmen aus dem öffentlichen Raum hätten laut Wirtschaftskammer aber die Möglichkeiten und Ressourcen, verstärkt auf die Ausbildung junger Fachkräfte zu setzen. „Hier könnte man auch etwas mehr in die integrative Berufsausbildung gehen“, sagt Narr. Also die Ausbildungszeit verlängern, sollten junge Menschen etwas mehr Zeit brauchen.

Mit 4.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zählt das Land Tirol zu den größten Arbeitgebern im Land. Hier setzt man viel in die Ausbildung in den eigenen Häusern und Abteilungen. Weil dies teilweise nicht reiche, fand am Mittwoch im Landhaus ein Bewerberinnentag statt. Interessierte wurden dort über Möglichkeiten und offene Stellen informiert. „Es ist eine Gesamtentwicklung, die natürlich auch am Land Tirol nicht ganz spurlos vorbeigeht“, so der Landesamtsdirektor Herbert Forster.