Während Po und Rhein fast ausgetrocknet sind, geht der Hitzesommer auch an den Tiroler Gewässern nicht spurlos vorüber. Obwohl der Inn bei Innsbruck mit 300 Zentimetern Wasserspiegel unter der mittleren Wasserführung liegt, sei die Lage derzeit aber nicht dramatisch, so Klaus Niedertscheider, Leiter des Sachgebietes Hydrografie und Hydrologie beim Land Tirol. Man sei immer noch im natürlichen Schwankungsbereich. Der Pegel bewegte sich allerdings im Juli zum Teil im untersten Bereich der Schwankungen der vergangenen 30 Jahre.
Zu wenig Niederschlag
Der Grund für den niedrigen Wasserpegel liege im geringen Niederschlag dieses Jahr, bestätigen Niedertscheider und auch die ZAMG. Es mache nämlich einen Unterschied, ob es sich um punktuelle Wetterextreme handelt, wie es heuer etwa im Stubai der Fall war, oder um großflächigeren Landregen, der einen größeren Niederschlag bringt. „Wir haben heuer doch seit Februar unterdurchschnittlich wenig Niederschlag. Die Niederschlagsfracht ist teilweise deutlich unter dem langjährigen Mittelwert, besonders im Nordalpenbereich. Zum Teil sogar am unteren Rand des natürlichen Schwankungsbereiches“, so Niedertscheider.
Obwohl es dieses Jahr einige Unwetter gab, haben diese kaum Einfluss auf den Wasserhaushalt. „Das vorübergehende Unwetter füllt keine Speicher auf. Das Wasser von dort fließt relativ rasch wieder ab und steht damit nicht zur Verfügung“, erklärt Stefan Wildt, Stellvertreter des Vorstands der Abteilung Wasserwirtschaft Tirol.

Verlust der Biodiversität durch Temperaturerhöhungen
Durch den niedrigeren Wasserstand und die hohen Temperaturen hat sich auch die Wassertemperatur in den Gewässern erhöht. Der Temperaturanstieg könnte sich negativ auf die Fischpopulationen und damit auf die Biodiversität ausschlagen. „Wenn sich die mittlere Wassertemperatur ändert, da genügen bereits 1,5 Grad Celsius, können sich die verschiedenen Fischregionen in Tirol verschieben“, erklärt Wildt. Allerdings müsste es sich um langfristige Temperaturverschiebungen handeln, das sei heuer noch nicht der Fall.
Sobald es zu einer langfristigen Erwärmung komme, würden sich die Fischpopulationen nicht nur örtlich verlegen, auch ihre Widerstands- und Fortpflanzungsfähigkeit könne eingeschränkt werden. Wenn sich das Gewässer kurzfristig besonders stark erwärmt, kann dagegen der fehlende Sauerstoff zum Problem werden – dann kann weniger Sauerstoff im Wasser gebunden werden, den sowohl Fische als auch andere Organismen brauchen würden.
Wasserrücklagen in den Quelleinzugsgebieten
Sorge zu haben, dass die Lage in Tirol genauso dramatisch wie in südlicheren Gebieten wird, brauche man keine zu haben. „Wir sind im Gebirgsland und haben deswegen alpine Einzugsgebiete und haben dementsprechend auch Rücklagen an Wasser von Quelleinzugsgebieten“, so Niedertscheider. Auch bei fehlendem Niederschlag gebe es in Tirol vorerst genug Wasser und Basisabfluss. Die heimischen Flüsse und besonders der Inn könnten deshalb nicht austrocknen, ist der Wasserexperte des Landes überzeugt.