Ultraschall einer Schwangeren
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Medizin

Abtreibungen: Ambulatorium gefordert

170.000 Tiroler Frauen im gebärfähigen Alter steht bei einer ungewollten Schwangerschaft nur ein einziger Gynäkologe zur Verfügung. Das sei eine Misere, kritisieren SPÖ und Grüne und fordern, ein eigenes Ambulatorium einzurichten.

Bei keinem Thema scheiden sich ideologisch die Geister derart, wie beim Thema Abtreibung, obwohl seit 1975 in Österreich mit der Fristenlösung eine Schwangerschaft abgebrochen werden kann, solange dies innerhalb der ersten drei Schwangerschaftsmonate erfolgt – ansonsten droht der Frau bis zu ein Jahr Haft.

Frauen müssen selbst bezahlen

Vor der Fristenlösung wurden Frauen, die abgetrieben haben, sogar noch mit schwerem Kerker bedroht. Das Recht auf Abtreibung ist somit kein Recht, sondern nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt straffrei. Per se ist der Schwangerschaftsabbruch noch eine Straftat.

In der Schweiz übernimmt den Eingriff beispielsweise die Krankenkasse. In Österreich müssen Frauen für die Kosten selbst aufkommen. Ein Tiroler Härtefallfonds hilft jenen, die sich eine Abtreibung oder Verhütungsmittel nicht leisten können.

Nur ein Abtreibungsarzt in ganz Tirol

Dennoch fehlt es in Tirol an der Versorgung: Den rund 170.000 Frauen im gebärfähigen Alter steht lediglich ein einziger Gynäkologe zur Verfügung, der Abtreibungen vornimmt – etwa 500 Eingriffe pro Jahr.

Im Mai-Landtag stellte die Abgeordnete Elisabeth Fleischanderl (SPÖ) den Antrag, in Tirol ein Ambulatorium für Schwangerschaftsabbruch umzusetzen. Ein einziger Arzt könne den Bedarf auf Dauer nicht abdecken, so Fleischanderl: „Dadurch wird das Recht der Frau, selbst über ihren Körper zu bestimmen, immens eingeschränkt. Wir möchten Ambulatorien wie in Salzburg und Wien, die Abbrüche unkompliziert anbieten, auch in Tirol einführen.“

Passanten vor einem Baum, Sujet für Depression oder Trauer
APA/dpa/Julian Stratenschulte
Das Thema „Abtreibung“ scheint besonders in Tirol noch immer ein großes Tabu zu sein

Keine genauen Zahlen für Tirol

Genaue Zahlen darüber, wie viele Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, gibt es weder für Österreich noch für Tirol. Schätzungen zufolge sollen es 3.300 sein, so Sozial- und Frauenlandesrätin Gabriele Fischer (Grüne). Sie unterstützt die SPÖ bei ihrer Forderung.

„Wenn Frauen sich in dieser belastenden Situation wiederfinden, brauchen sie ein gutes Unterstützungsangebot, dass ein Abbruch in den Arztpraxen durchgeführt werden kann. Vielleicht braucht es auch eine zentrale Struktur wie ein Ambulatorium – aber außerhalb bestehender Krankenhausstrukturen“, so Fischer.

Leja will Lösung erarbeiten

Gefordert sei jetzt Gesundheitslandesrätin Annette Leja (ÖVP), da es sich um medizinische Eingriffe handelt, hieß es. Die Landesrätin zweifelt die Zahl von 3.300 Abbrüchen in Tirol allerdings massiv an und präsentierte selbst eine Hochrechnung: „Wenn wir die Maßzahl von 56 Abbrüchen auf 10.000 Frauen im gebärfähigen Alter hernehmen, sprechen wir in etwa von 1.000 Abbrüchen, die es vermutlich in Tirol gibt. Es stellt sich die Frage, ob das genug für ein Ambulatorium sind.“

Die Landesrätin verwies zudem auf das Koalitionsabkommen mit dem gemeinsamen, sehr allgemein formulierten Ziel, Schwangerschaftsabbrüche so niedrig wie möglich zu halten und auf Prävention zu setzen. Dennoch, so Leja, wolle sie alle Expertinnen und Experten an einen Tisch holen, um eine Lösung zu erarbeiten. Das soll noch vor der Wahl sein, hieß es.