Der Angeklagte beteuerte vor den Geschworenen, noch nie mit dem Gedanken gespielt zu haben, seinen Vater umzubringen, obwohl er ihn „verabscheut“ habe. Der 30-Jährige hatte bis zuletzt keinen Kontakt mit seinem Vater und war in einer Pflegefamilie aufgewachsen. Er habe erst kürzlich davon erfahren, dass der Vater eine Person aus dem näheren familiären Umfeld vergewaltigt hatte, so der Angeklagte. Das habe der Vater ihm gegenüber auch zugegeben. Dies habe ihn sehr belastet und sei „immer wieder aufgekocht“, gab der Mann zu Protokoll.
Nachbarn im Zeugenstand
Zum Prozess waren mehrere Zeugen geladen, unter anderen drei Nachbarn des Verstorbenen. Sie berichteten von den Aggressionen des Sohnes zum vermeintlichen Tatzeitpunkt am 28. August 2021 und gaben allesamt zu Protokoll, dass dieser seinem Vater lautstark mit dem Umbringen gedroht habe.
Zudem hatten alle gehört, wie der 30-Jährige dem Vater wiederholt die besagte Vergewaltigung vorgeworfen hatte. Ein Nachbar verständigte die Polizei, weitere versuchten den 52-Jährigen zu reanimieren, nachdem dieser nach dem Streit auf der Bank im Eingangsbereich des Hauses zusammengesunken war.

Viele gesundheitliche Risikofaktoren
Laut Gerichtsmediziner Walter Rabl war der Mann an einem akuten Herzinfarkt verstorben – ein solcher hätte allerdings jederzeit eintreten können. Der Verstorbene wies mehrere Risikofaktoren auf – er litt an Diabetes, hatte einen ungesunden Lebenswandel, ein überdurchschnittlich schweres Herz und war übergewichtig. „Ausgedehnte Narben und Schwielen“ auf seinem Herzen würden darauf hindeuten, dass der Mann schon einmal einen Herzinfarkt erlitten hatte. Seine Herzkranzgefäße seien „höchstgradig verengt gewesen“, so der Sachverständige.
Der 30-jährige Sohn hatte sich offenbar in den frühen Morgenstunden gewaltsam Zutritt zur Wohnung seines Vaters verschafft und dort randaliert. Zudem habe er sich auch den eintreffenden Beamten gegenüber äußert aggressiv verhalten. Ein Polizist wurde verletzt und schloss sich dem Verfahren als Privatbeteiligter an. Vor den Geschworenen berichtete er von „heftigster Gegenwehr“ des Angeklagten. Er selbst habe dadurch Abschürfungen und einen Leistenbruch erlitten, führte der Beamte aus – mehr dazu in Mordverdacht: Opfer starb an Herzinfarkt.
Angeklagter konnte Gericht nach Verhandlung verlassen
Dem Gutachten zufolge war der Angeklagte bei dem Vorfall stark alkoholisiert, aber noch zurechnungsfähig gewesen. Er beteuerte, sich an das Geschehene nicht erinnern zu können und nicht gewusst zu haben, dass sein Vater schwer herzkrank war. Im Falle einer Verurteilung drohte dem Angeklagten lebenslange Haft.
Dem Vorwurf des Mordes folgten die Geschworenen allerdings nicht – auch nicht jenem der fahrlässigen Tötung. Sie sprachen den Mann wegen Hausfriedensbruch, Körperverletzung und wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt schuldig. Insgesamt wurde der Angeklagte zu sechs Monaten Haft verurteilt. Weil die Untersuchungshaft angerechnet wurde, konnte der Mann den Gerichtssaal als freier Mann verlassen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.