Abschuss von Ehrensalve
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Politik

Schützen: Inszenierungen auf dem Prüfstand

Der Bund der Tiroler Schützenkompanien hat am Sonntag seine Bundesversammlung abgehalten. Er ist einer der größten Traditionsverbände Tirols mit 18.000 Schützen. Traditionell gab es auch wieder den landesüblichen Empfang. Gerade angesichts des Ukrainekrieges sollen solche Traditionen auch hinterfragt werden dürfen.

Die Ehrenkompanie Pfunds feuerte am Sonntag die Ehrensalve als Teil des landesüblichen Empfanges ab. Vor dem Kriegshintergrund ist das in Kritik geraten. Für die Schützen ist es  ein Friedenssymbol. Der Landeskommandant vom Bund der Tiroler Schützenkompanie Thomas Saurer sagt, mit dem Abfeuern in die Luft werde der Lauf entleert. Man müsse die Ehrensalve richtig verstehen. Sie bedeute „für dich ist keine Kugel im Lauf, ich komm zu dir und will dir als Freund begegnen“, so Saurer. Die Tiroler Schützen werden an ihren Bräuchen und Traditionen festhalten, betont der Landeskommandant.

Kein Monopol, Tiroler Kultur und Identität zu definieren

Kritischer sieht das der Historiker Nikolaus Hagen von der Universität Innsbruck. Diese Formen des landesüblichen Empfanges seien vor allem in den dreißiger Jahren stark eingeübt worden. „Ich denke nicht, dass Funktionäre von einem privaten Verein das exklusive Monopol haben zu definieren, was die Landesidentität und die Landeskultur ist“, so Hagen. So etwas müsse man als Gesellschaft ausverhandeln.

Frauen dürfen kein Gewehr tragen

Tirol ist das einzige Bundesland, in dem eine derartige politische Inszenierung abgehalten wird. Sich nicht ständig anzupassen, sei ein besonderer Wert, heißt es in den Grundsätzen der Tiroler Schützen. Dieser Wert spiegelt sich auch in der Rolle der Frauen wieder. 1.100 Marketenderinnen gibt es, Schützinnen dürfen sie nicht sein. Saurer sagt, das Thema, dass die Frauen kein Gewehr tragend dürfen, werde immer von außen in den Verband getragen. Die Marketenderinnen würden das gar nicht wollen, sagt Saurer. Sie seien mit ihrer Rolle zufrieden und würden im Verband für die Funktionen, die sie wahrnehmen, entsprechend wertgeschätzt.

Schütze vor Publikum
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Die Veranstaltungen sind immer auch Publikumsmagnet

Soziales Engagement der Schützen

Die Schützen werden häufig auf die Umzüge reduziert. Dabei leisten sie aber auch Jugend- und Sozialarbeit in den Regionen. Bei der heutigen Bundesversammlung wurden beispielsweise zwei Spendenchecks überreicht. So habe man zur Unterstützung von Ukraine-Flüchtlingen eine Spende von 11.650 Euro übergeben.

Der Historiker Nikolaus Hagen sagt, er finde es prinzipiell gut, wenn man sich in der Jugendarbeit engagiere oder Spenden sammle. Das würden viele Organisationen und Vereine machen, die Schützen seien einer von vielen. Sie hätten aber einen anderen Stellenwert als Teil der politischen Inszenierung im Land Tirol – und einen der vielleicht zu überbetont sei im Verhältnis zu dem, was andere Vereine wie Pfadfinder oder Sportvereine im Bereich der Jugendarbeit machen.