Menschen an Schreibtischen, Coworking-Space von innen
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Wirtschaft

Coworking: Chance für Tourismus und Dörfer

Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt auf den Kopf gestellt. Viele arbeiten mittlerweile im Homeoffice oder in sogenannten Coworking-Spaces. In Letzterem sehen viele Experten nicht nur einen Trend, sondern vielmehr eine Chance für den ländlichen Raum.

In Coworking-Spaces mieten sich meist Freiberufler, Start-Ups oder „digitale Nomaden“ ein. Anders als in einer Bürogemeinschaft arbeitet in einem Coworking-Space jeder an seinen eigenen Projekten. Synergien werden jedoch genutzt, die Gemeinschaft ist also ein wichtiger Baustein für ein funktionierendes Coworking-Space. Durch die Pandemie hat dieser Trend in Tirol einen Aufschwung erlebt. Immer mehr dieser Gemeinschaften entstehen – auch außerhalb von Städten.

Stellenwert in Tirol wächst

Die ersten Coworking-Spaces entstanden in Tirol bereits vor rund zehn Jahren. Beispielsweise der Raum13 in Innsbruck oder die Werkstätte in Wattens zählen mittlerweile zu bekannten Institutionen in der Coworking-Szene. Durch die voranschreitende Digitalisierung, angefeuert von der Pandemie, können immer mehr Menschen unabhängig von einem fixen Arbeitsplatz ihrem Beruf nachgehen. Ein Grund, warum auch in Tirol das Thema Coworking einen immer größeren Stellenwert bekommt.

Coworking-Space in Kitzbühel von außen
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In Kitzbühel ist ein Coworking-Space für junge Unternehmerinnen und Unternehmer aus der Region eröffnet worden

Coworking soll Abwanderung unterbinden

„Wir haben dringenden Aufholbedarf gehabt und reden schon seit vielen Jahren über dieses Thema“, so Klaus Winkler, der Bürgermeister von Kitzbühel. Dort wurde erst vergangene Woche ein Coworking-Space aus Containern für Jungunternehmerinnen und -unternehmer eröffnet. In diesem speziellen Fall unterstützt auch die Wirtschaftskammer (WK) das Projekt. Mit solchen Arbeitsplätzen möchte man nämlich unter anderem verhindern, dass viele junge Menschen mit innovativen Ideen abwandern.

„Wir haben einen Innovationsmanager hier vor Ort. Der berät die jungen Unternehmer zum Beispiel in Förderfragen, Rechtsfragen oder auch Marketingfragen“, sagt Peter Seiwald, WK-Bezirksstellenobmann von Kitzbühel. In der Gamsstadt will man das Thema Coworking in den kommenden Jahren noch weiter forcieren, so der Bürgermeister. Der neue Coworking-Space am Areal des Tennisstadions sei eigentlich nur als vorübergehende Lösung geplant gewesen. Weil aber schon jetzt ein Großteil der Fläche vermietet wurde, wolle man das Projekt garantiert einige Jahre fortführen, so Klaus Winkler.

Coworkation: Urlaub in Kombination mit Arbeit

Die Erweiterung von Coworking wird Coworkation genannt. Dabei wird die Arbeit mit Urlaub verbunden. Tirol sei für dieses Angebot prädestiniert, heißt es beispielsweise von der Standortagentur Tirol. Als Tourismusland gebe es in vielen Tiroler Gemeinden die dafür notwendige Infrastruktur. „Wir haben in vielen Gemeinden Glasfaserverbindungen, wir haben Coworking-Spaces bzw. planen aktuell einige Gemeinden Coworking-Spaces. Außerdem gibt es viele Unterkünfte, die bei diesem Angebot mitmachen wollen“, so Julia Scharting von der Standortagentur Tirol.

Julia Scharting von Coworkation Alps

Die Standortagentur ist Teil des Vereins „Coworkation Alps“, der sich intensiv mit Coworkation im Alpenraum befasst. Laut einer aktuellen Studie würde sich der Alpenraum durch seine Natur und Sportmöglichkeiten auch im Vergleich zu Meergebieten besonders gut für Coworkation eignen. Einzelne Einrichtungen gibt es in Tirol bereits, die sich auf dieses Angebot spezialisiert haben. Ein Beispiel ist der Mesnerhof C in Steinberg am Rofan. Firmen wie Adidas, BMW oder Google haben dort bereits ihre Mitarbeiter auf Coworkation geschickt. Arbeit, Workshops und Urlaub sollen dort im 400 Jahre alten Bauernhof kombiniert werden.

Der Mesnerhof-C in Steinberg am Rofan
Mesnerhof-C/Georg Gasteiger
Der Mesnerhof-C in Steinberg am Rofan ist ein alpiner Rückzugsort und gilt als Aushängeschild für Coworkation im Alpenraum

Mögliches Mittel gegen Leerstand

Durch Coworking-Spaces sollen nicht nur alte Gebäude, sondern ganze Ortschaften wieder belebt werden, hebt der Verein Coworkation Alps die Möglichkeiten von Coworkation hervor. Vor allem für Unternehmen mit flexiblen Arbeitszeitmodellen oder für Selbstständige würde sich diese Form des Arbeitens anbieten. Tirols Bezirke und auch abgelegene Ortschaften könnten durch Coworkation und Coworking wieder mehr belebt werden, sagt Herwig Zöttl, Gründungsmitglied von Coworkation Alps.

Menschen müssten nicht mehr pendeln, der ökologische Fußabdruck könnte verringert werden aber auch Leerstand könnte für Coworking-Spaces genützt werden, so Zöttl. „Wir haben Gebiete, in denen sich das sehr gut anbietet. Sei es in Polizeistationen, Postgebäuden oder leerstehenden Banken – das hat vor allem für ländliche Regionen Vorteile, wenn diese Gebäude genutzt werden“, so Julia Scharting. Laut dem Verein Coworkation Alps könnten regionale Wirtschaftskreisläufe durch Coworkation deutlich gestärkt werden. Derzeit würde der Verein einige Gemeinden in Tirol beraten, die an dieser Urlaubs- und Arbeitsform interessiert sind.