Renaturierungsprojekt Inn – TIWAG zwischen Rietz und Stams
ORF
ORF
Umwelt

Inn: Vom Gericht verordnete Renaturierung

13 Millionen Euro investiert die TIWAG in die Renaturierung des Inns zwischen Rietz und Stams. Seit Oktober wird dort gebaut: Der Fluss soll mehr Platz bekommen, Innauen sollen wiederhergestellt werden. Es ist ein Prestigeprojekt für die TIWAG, allerdings kein freiwilliges.

Technischer Hochwasserschutz und Wasserkraftnutzung haben den Inn stark verändert. Fische finden hier kaum noch ihren notwendigen Lebenswohnraum. 13 Millionen investiert der Tiroler Energieversorger TIWAG nun in Renaturierungsmaßnahmen bei Stams. Die Ufer im Bereich zwischen Rietz und Stams sind hart verbaut, der Fluss ist in seinem Lauf eingeschränkt, die anliegenden Innauen sind in einem beeinträchtigten Zustand. Um wieder einen naturnahen Zustand herzustellen, wird auf drei Kilometern des Flussverlaufs seit Monaten gebaut.

Inn wird revitalisiert

Nun wird die bestehende Ufersicherung entfernt und neu bepflanzt. Das Gewässerbett wird um bis zu 75 Meter ausgeweitet, damit der Fluss wieder einem natürlicheren Lauf folgen kann, schildert der Projektleiter der TIWAG, Klaus Feistmantl. „Es entstehen neue Ruhig- und Flachwasserzonen, Schotter- und Sandbänke, die sich immer wieder eigenständig umgestalten werden, und damit neue Lebensräume für die Tier- und Pflanzenwelt", so Feistmantl.

Innufer bei Stams
ORF
Totholz bietet vielen Insekten einen wichtigen Lebensraum

Raubäume und Fischunterstände sowie Totholz und Steine bieten Reptilien und Käfern neuen Unterschlupf. Auch der Zwergrohrkolben, eine früher für den Inn typische Pflanze, soll im Zuge des Projekts neu angesiedelt werden.

Umweltprojekt behördlich verordnet

Freiwillig revitalisiert die TIWAG den Inn zwischen Rietz und Stams aber nicht. Die Renaturierung wurde vom Landesverwaltungsgericht vorgeschrieben. „Dieses Renaturierungsprojekt ist Teil des Erweiterungsprojektes der Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz. Und im Zuge dieses Kraftwerksbaus hat uns die Behörde im Zuge des UVP-Verfahrens die Revitalisierung dieses Bereichs am Inn vorgeschrieben“, sagt Klaus Feistmantl von der TIWAG.

Diese Revitalisierungsmaßnahme sei eine von weiteren Ausgleichsmaßnahmen, die im Rahmen des Kraftwerksbaus umgesetzt werden müssen.

Renaturierungsprojekt Inn – TIWAG zwischen Rietz und Stams
ORF
Auf einer Länge von drei Kilometern zwischen der Hängebrücke in Stams und Rietz wird der Inn revitalisiert.

Eine weitere Maßnahme betraf die Mülldeponie in Stams. Die TIWAG hat im Rahmen dieses Renaturierungsprojektes 9.500 Kubikmeter Müll beseitigen müssen, der im Zuge der Vorerhebungen entdeckt worden war.

Mit dem Erweiterungsbau des Kraftwerks Sellrain-Silz, das einen zusätzlichen Speichersee mit 31 Mio. Kubikmeter Fassungsvermögen und ein unterirdisches Pumpspeicherwerk als zweite Oberstufe umfasst, wurde vergangenes Jahr begonnen.

WWF unterstützt Renaturierung am Inn

Drei Au-Schutzgebiete gibt es am Inn in dem Bereich, in dem renaturiert wird. Da diese einen wichtigen Lebensraum für Pflanzen und Insekten bieten, freut sich die Naturschutzorganisation WWF über derartige Projekte.

„In den vergangenen Jahrzehnten, ja sogar Jahrhunderten wurden die Auen und der Inn zurückgedrängt wegen Siedlungs- und Autobahnbau. Dabei sind viele Au – Flächen verloren gegangen“, so Anton Vorauer vom WWF. Die drei Au – Schutzgebiete Inn am seien Reliktstandorte, nur noch wenige Prozent Inntal seien noch erhalten, so Vorauer. Umso wichtiger, dass ab dem Bereich Hängebrücke Stams bis Rietz der Inn renaturiert werde.

dee
ORF
Anton Vorauer (WWF) und Projektleiter Klaus Feistmantl (TIWAG) begrüßen die Renaturierung am Inn.

Dass dabei auch kleinere Au- Flächen geholzt werden mussten, sieht der Naturschutzexperte durchaus nicht negativ: „Der Fluss wird wieder an die Auwälder angebunden und wird einem natürlicheren lauf folgen können“, so Anton Vorauer. Er begleitet seit 20 Jahren Revitalisierungsarbeiten.

Renaturierungsprojekt zwischen Inn – TIWAG zwischen Rietz und Stams
ORF
Auch Au Fläche musste den Bauarbeiten weichen – zugunsten der Renaturierung.

Eine Baustelle sei nie schön, aber nach ein paar Jahren werde die Natur davon profitieren, ist der Biologe und Experte für Schutzgebiete beim WWF überzeugt.

Naturschutz auf Kosten der Natur

Die Naturschutzorganisation WWF freut sich über dieses Renaturierungsprojekt am Inn. Dass es lediglich eine Ausgleichsmaßnahme für den Kraftwerksausbau Sellrain – Silz ist, sieht der WWF allerdings skeptisch.

„Es ist eigentlich traurig, dass irgendwas kaputt gemacht wird, damit irgendwo anders etwas Schönes entsteht“, sagt Vorauer gegenüber dem ORF Tirol. Lieber wäre es ihm, dass Geld in die Hand genommen werde und Revitalisierungen durchgeführt werden, ohne woanders etwas kaputt zu machen. Das wäre eine wunderbare Sache, schildert Biologe Anton Vorauer.

Abgeschlossene Revitalisierung Telf-West
ORF
Der Inn in Telfs West und Erholungssuchende haben von dem Revitalierungsprojekt profitiert.

Es gibt einige Revitalisierungen am Inn und seiner Seitenarme. Die meisten davon wurden vom Projekt „der.Inn“ von Bund, Land und der Naturschutzorganisation WWF umgesetzt, wie das Revitalisierungsprojekt Telfs West. Diese Renaturierung wurde durchgeführt, ohne dass andernorts Natur zerstört worden wäre. 2018 waren die Arbeiten fertig gestellt. Mit einem neuen Seitenarm und ausgedehnten Schotterflächen ist dort ein neuer Lebens- und Erholungsraum für Menschen, Tiere und Pflanzen entstanden.

Das Renaturierungsprojekt zwischen Rietz und Stams soll im Mai 2023 fertig gestellt sein. Gebaut und gearbeitet werden kann nur in der Niedrigwasserphase des Inn. Also von Oktober bis Ende April.