Die Lager der Tiroler Lebensmittel-Großhändler sind voll mit Trockenprodukten die demnächst ablaufen
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Wirtschaft

Lebensmittelgroßhandel hängt in der Luft

Es gibt Branchen, die trifft ein Lockdown doppelt – wie etwa den Lebensmittelgroßhandel. Eigentlich dürfte dieser ja geöffnet haben, dennoch ist derzeit der Umsatz gleich Null. Grund ist, dass diese Branche vor allem in Westösterreich fast zu 100 Prozent von Tourismus und Gastronomie abhängig ist.

Schon der Lockdown vor einem Jahr hat dem Lebensmittelgroßhandel in Tirol arg zugesetzt. Die Umsätze sind bis zu 90 Prozent eingebrochen – Tonnen von Lebensmitteln landeten im Müll und bis heute haben viele Betrieb noch nicht den vollen Fixkostenzuschuss erhalten, so Patricia Niederwieser von der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer.

Umsatz in Milliardenhöhe

In Tirol versorgen rund 300 zumeist familiengeführte Unternehmen Gastronomie und Hotellerie mit Lebensmitteln und Getränken. Im vergangenen Jahr erzielte diese Branche in Tirol trotz Lockdowns einen Umsatz von rund zwei Milliarden Euro.

Nichts aus der Vergangenheit gelernt

Laut Niederwieser steht vielen der rund 300 Tiroler Lebensmittelgroßhändler und Gastrozulieferer das Wasser bis zum Hals. Beim Bund werde allerdings nicht zwischen Lebensmitteleinzelhandel und -großhandel unterschieden, unterstellt sie der Politik einen groben Denkfehler.

Das möge auch damit zu tun haben, dass der Lebensmittelgroßhandel im Osten Österreichs auch andere öffentliche Einrichtungen beliefert, jener im Westen aber ganz auf den Tourismus ausgelegt ist. Immer wieder habe man in Wien darauf aufmerksam gemacht, gehört sei man bisher aber nicht worden, so Niederwieser.

Dass jetzt die eigentlich fix zugesagte Öffnung am 13. Dezember wieder in Frage gestellt werde, zeige auch, dass man aus den Fehlern der Vergangenheit nichts gelernt hat, so die Spartenvertreterin. Der Großhandel brauche nämlich genauso Planungssicherheit wie die Gastronomie und Hotellerie. Man könne das gesamte Gefüge samt den komplexen Lieferketten nicht von heute auf morgen hochfahren. Mindestens eine Woche Vorlauf – besser noch zehn Tage – wären hier notwendig, kritisiert sie.

Unterstützung durch Gastronomen

Volle Unterstützung erhält der Lebensmittelgroßhandel von seinen Kunden. In Tirol seien Tourismus und Großhandel über Jahrzehnte gemeinsam gewachsen. Jetzt fallen nicht nur die Gastrobetriebe als Abnehmer aus, sondern auch sämtliche Brauchtumsveranstaltungen und Christkindlmärkte sind abgeblasen, erklärt Alois Rainer von der Sparte Tourismus in der Wirtschaftskammer.

Das gefährde nicht nur die Existenz vieler familiengeführter Zulieferbetrieb, sondern tue auch der Volksseele nicht gut, erklärt er. Rainer erneuert deshalb seine Forderung, dass kommende Woche Gastronomie und Hotellerie in Tirol wieder aufgesperrt werden dürfen. Die Vergangenheit oder das Beispiel Schweiz hätten gezeigt, dass es in diesen Branchen kaum zu Clusterbildungen gekommen sei.