Turmfalken Webcam am Handy
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Tiere

Webcam in der Turmfalken-Kinderstube

Ungestört und doch rund um die Uhr beobachtet werden derzeit fünf junge Turmfalken in der Burg Hasegg in Hall. Möglich macht das eine Webcam, die filmt, was sich im Horst gerade tut. Einen Blick in die Kinderstube kann über die Homepage der Burg jeder und jede Interessierte werfen.

Noch sehen sie nicht wie die eleganten, zierlichen Greifvögel aus, die sie einmal werden. Eher wie Wollknäuel. Der Schnabel allerdings ist schon beachtlich und zeichnet die jungen Turmfalken eindeutig als Raubvögel aus.

Fünf in einem Horst weit oben im Münzerturm

Fliegen können die fünf noch nicht. Trotzdem sitzen sie gefährlich nahe in der historischen Schießscharte, die als Einflugloch in den Horst dient. Wenn sie sich zu weit nach vorne wagen und hinausfallen, stürzen sie in den gepflasterten Hof der Burg ab. Der Beobachter über die Webcam hält den Atem an. Aber keine Angst, alle fünf sind wohlauf, auch wenn der Ausschnitt der Kamera nicht immer alle Jungvögel zeigt.

Fast jedes Jahr Turmfalken-Nachwuchs

In der Burg Hasegg gibt es fast jedes Jahr Turmfalken-Nachwuchs. Der von Menschenhand vorbereitete Horst ist ein begehrter Nist- und Brutplatz. Erstmals angesiedelt wurden die kleinen Greifvögel 2007. Betreut von den Fachleuten des Innsbrucker Alpenzoos und mit großem Engagement des Münzmeisters der Burg, kommen die Vögel fast jedes Jahr zum Brüten. Sie sind schon allen sehr ans Herz gewachsen. Vor allem dem Münzmeister Werner Anfang, der von Anfang an bei dem Projekt dabei war. In diesem Fall also nomen est omen: „Ich liebe diese kleinen Greifvögel. Ich fühle mich irgendwie verpflichtet, ihnen zu helfen und sie auf den Weg zu bringen. Man kann sagen, sie sind wie Enkel für mich.“

Webcam zu den Turmfalken in der Burg Hasegg in Hall
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In der historischen Schießscharte warten die Jungvögel ungeduldig, bis die Turmfalkeneltern mit Beute kommen.

Großes Interesse aus Nah und Fern

Das Interesse an den Turmfalken in der Burg sei erstaunlich groß, freut sich Werner Anfang. Gar nicht so sehr von Kindern, als vielmehr von Erwachsenen. „Wir bekommen Rückmeldungen aus verschiedenen Ländern. Die Menschen berichten uns begeistert, was sie gesehen haben und was in der Kinderstube gerade passiert ist.“ Kein Wunder, kann man doch den Horst einer Turmfalkenfamilie sonst nicht so leicht beobachten.

Turmfalke im Rüttelflug
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Ein Turmfalke im Rüttelflug hat Beute am Boden entdeckt

Ein Blick in die geheime Welt

Längst haben Zoos und Wildparks die Vorteile der modernen Technik für sich genutzt, um wissenschaftliche Erkenntnisse über die verborgene Tierwelt zu erhalten. Auch der breiten Öffentlichkeit Einblick in die Kinderstuben von Wildtieren zu geben, weckt das Interesse für die Natur und ihre Bewohner, sagt Christiane Böhm vom Innsbrucker Alpenzoo, auch sie ist seit der ersten Stunde dabei: „Ich finde es sehr spannend, die Vögel in jeder Phase beobachten zu können. Vom Eierlegen, über das Schlüpfen der Jungtiere und die Brutpflege.“ Ob es immer dieselben Turmfalken sind, die zum Nisten in die Burg Hasegg kommen? „Wir wissen es nicht ganz genau. Eine Zeitlang haben wir die Vögel beringt, um das festzustellen. In einigen Jahren waren auch unberingte Vögel zum Brüten da.“ Es gebe also doch einen Wechsel, obwohl ein so perfekter Brutplatz bestimmt nicht gerne aufgegeben wird, erklärt Christiane Böhm.

Christiane Böhm vom Alpenzoo Innsbruck und Werner Anfang, Münzmeister Burg Hasegg Hall
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Betreuen die Turmfalken seit 2007 in der Burg Hasegg in Hall: Christiane Böhm vom Alpenzoo Innsbruck und Werner Anfang, Münzmeister der Burg

Von der Burg in die Wildnis

Die Turmfalken sind keine Zootiere, sondern Wildtiere. Nur der Horst wird jährlich ausgeräumt und saubergemacht, damit sich keine Parasiten ansiedeln. Ansonsten bleibt es den Vögeln selbst überlassen, ob und wo sie nisten. Vom Menschen gefüttert werden sie nicht. Nur 200 bis 220 Gramm wiegt ein ausgewachsener Turmfalke, mit einer Spannweite von rund 75 Zentimetern ist er deutlich kleiner als etwa der Wanderfalke. Seine Nahrung sind kleine Säugetiere wie Mäuse oder Insekten. Für die Taubenjagd sind Turmfalken zu zierlich, dafür eignen sie sich nicht.

Je nach Nahrungsangebot gibt es einmal mehr und einmal weniger Eier, in schlechten Jahren auch gar keine. 10 bis 15 Jahre alt können die eleganten Vögel werden. Alte Gebäude, wie Kirchtürme, Burgen oder Schlösser und ein einigermaßen natürlicher, unbewirtschafteter wilder Lebensraum sind für sie notwendig, um zu überleben. In Tirol gibt es wieder mehrere Brutplätze, erklärt die Vogelexpertin Christiane Böhm. Auch im Haller Kirchturm haben sich Turmfalken angesiedelt. Ganz ohne menschliches Zutun.

Viel Zeit bleibt nicht mehr, die jungen Turmfalken in ihrem Horst im Münzerturm der Burg Hasegg zu beobachten. In ein paar Tagen werden sie flügge sein und ausfliegen. Ein spannender Augenblick für die Vögel selbst und ihre Beobachterinnen und Beobachter über die Webcam.